Wird eine Steuerhinterziehung aufgedeckt, müssen nicht nur die Steuern nachgezahlt werden. Es werden auch so genannte „Hinterziehungszinsen“ in Höhe von sechs Prozent der Steuerschuld fällig. Von diesem Grundsatz gibt es jedoch eine Ausnahme, die der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigt hat: Ist ein Testament amtlich eröffnet worden und war das Finanzamt vom Nachlassgericht darüber informiert, wer von wem und warum geerbt hatte, dann muss sich der Erbe wegen der Steuer nicht beim Finanzamt melden, wenn er später weitere Nachlässe findet. Das gilt jedenfalls in dem Fall, in dem er vom Finanzamt nie zur Abgabe einer Erbschaftsteuer-Erklärung aufgefordert wurde und auch von sich aus keine Erklärung abgegeben hatte, die er berichtigen müsste.
Dem Urteil lag folgender Fall zu Grunde: Nach dem Tod der Mutter erbte die Tochter. Das Nachlassgericht teilte dem Finanzamt ein Erbe von 50.000 DM mit. Der Beamte forderte keine Erbschaftsteuer-Erklärung an, weil sich wegen der Freibeträge keine Steuer ergeben hätte. Einige Jahre später erstattete die Tochter Selbstanzeige. Sie hatte nach dem Tod der Mutter fest verzinsliche Wertpapiere im Wert von über drei Mio. DM gefunden, diese im Ausland weiter angelegt und zunächst nicht versteuert. Das Finanzamt forderte die Einkommensteuer auf die Kapitalerträge und die auf die Wertpapiere entfallende Erbschaftsteuer. Zudem forderte das Finanzamt Hinterziehungszinsen auf die verspätete Erbschaftsteuer. Dem widersprach der BFH (BFH, Urteil vom 30.1.2002, II R 52/99).
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