Einbruch in Schule um Passwörter und Abiturklausuren zu stehlen

Nicht so sehr juristisch, sondern vielmehr spannend wie Krimi, ist die Entscheidung des AG Bamberg (12 Ls 2103 Js 7157/20 jug): Hier haben sich mehrere 17-18jährige gemeinsam an ihrer Schule abgearbeitet, wie man es eigentlich nur aus US-Krimis kennt. Es wurden Passwörter entwendet um extern auf das Schulnetzwerk Zugriff zu nehmen und über Threema entwendete Arbeiten zu teilen; zudem verschaffte man sich den Generalschlüssel, um mit einem Knetset einen Negativ-Abdruck zu erstellen. Im Übrigen bekam einer Zugriff auf den Admin-PC der Schule, kopierte sich Zugangsdaten und richtete einen Fernzugriff ein, über den er sich dann frei bediente. Hinzu kam der geöffnete Tresor, um auf Abi-Klausuren zuzugreifen (wobei die Dummköpfe offenkundig nicht bedacht haben, dass die Umschläge natürlich versiegelt sind).

Der Sachverhalt ist einfach nur spannend, deswegen ist er unten abgedruckt. Juristisch ist das alles kein großes Problem, man hat einmal das recht sicher, ebenso den und die Sachbeschädigung. Für Jugendliche ist wichtig, dass man das alles Ernst nimmt, was im Fernsehen „cool“ aussieht (und zugegeben wirklich richtig spannend zu lesen ist), ist im nüchternen Strafprozess eine wert, selbst für Jugendliche. Da gibt es, außer guter personaler Verteidigung, in der Sache auch wenig zu diskutieren.

Der vollständige Sachverhalt aus der Entscheidung des Gerichts:

Die Angeklagten fassten zu einem nicht mehr genau bestimmbaren Zeitpunkt zwischen dem 01.02.2020 und dem 03.05.2020 auf einem ihrer nächtlichen Streifzüge durch die Schule den gemeinsamen Tatplan, die Abituraufgaben für das Jahr 2020 auffinden, um dadurch Kenntnis von den abgefragten Themen zu erlangen. Dabei wollten sie an die Aufgabentexte und Lösungen gelangen, diese kopieren und fotografieren, sowie diese sodann wieder an den Verwahrort zurückzulegen, ohne dass jemand dies bemerken würde. Die Angeklagten drangen deshalb am 03.05.2020 gegen 23.52 Uhr in die Schule ein und suchten im Büro der Oberstufensekretärin … nach einem Tresor, in dem sie die Abituraufgaben vermuteten. Dabei fanden sie in einem Rollcontainer einen kleinen Metall-Tresor. Allerdings benötigten sie zu dessen Öffnung spezielles Werkzeug, weshalb der Angeklagte … in der Folgezeit einen Winkelschleifer mit passenden Trennscheiben erwarb.

Die Angeklagten drangen im Zeitraum vom 08.05.2020 gegen 19.47 Uhr bis zum 09.05.2020 gegen 0.12 Uhr mit dem nachgemachten Generalschlüssel erneut in das Büro der Oberstufensekretärin … ein, öffneten den Rollcontainer, entnahmen den Metalltresor und brachten diesen in den Werkstattraum des Hausmeisters …. Dort sägte der Angeklagte … den Metalltresor mit dem mitgebrachten Winkelschleifer auf. Entgegen den Erwartungen der Angeklagten befanden sich in diesem Tresor jedoch nicht die Abituraufgaben, sondern lediglich mehrere Beutel mit Hart- und Scheingeld, an welchem die Angeklagten jedoch kein Interesse hatten. Deshalb klebten die Angeklagten mit einem mitgebrachten schwarzen Klebeband die ausgesägten Metallstücke des Tresors wieder zusammen und brachten diesen an seinen Ursprungsort zurück. An dem Tresor entstand wie von den Angeklagten zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen ein Sachschaden in Höhe von mindestens 100,- €. Die Staatsanwaltschaft hat das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung von Amts wegen bejaht.

Die Angeklagten drangen im Anschluss mit dem nachgemachten Generalschlüssel in das Büro des Direktors … ein, um das dort befindliche Sideboard gewaltsam zu öffnen und an die dort vermuteten Abituraufgaben zu gelangen. Dazu verbrachten sie das linke Sideboard aus dem Büro des Direktors in einen nahe gelegenen Computerraum und öffneten dessen Seitenwand mit dem Winkelschleifer. Weil sich eine zweite Holzwand in dem Sideboard befand und deshalb die Sicht in das Innere des Sideboards verborgen blieb, brachen die Angeklagten das weitere Vorgehen ab und stellten das Sideboard wieder zurück in das Büro des Direktors. Am linken Sideboard entstand wie von den Angeklagten zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen ein Sachschaden in Höhe von mindestens 100,- €. Die Staatsanwaltschaft hat das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung von Amts wegen bejaht.104. Die Angeklagten drangen im Zeitraum vom 14.05.2020 gegen 22.08 Uhr bis zum 15 05.2020 gegen 0.07 Uhr mit dem nachgemachten Generalschlüssel erneut in das Büro des Direktors … ein, um diesmal die Rückseite des linken Sideboards gewaltsam zu öffnen und an die dort vermuteten Abituraufgaben zu gelangen. Dazu verbrachten sie das Sideboard aus dem Büro des Direktors in einen nahe gelegenen Computerraum und öffneten dessen Rückwand mit dem Winkelschleifer. Als die Angeklagten entgegen ihren Erwartungen feststellten, dass sich in dem Sideboard kein Tresor mit den Abituraufgaben befand, setzten sie die Rückwand wieder ein, verklebten diese mit schwarzem Klebeband und brachten das Sideboard wieder an seinen Ursprungsort zurück. An der Rückwand des linken Sideboards entstand wie von den Angeklagten zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen ein Sachschaden in Höhe von mindestens 100,- €. Die Staatsanwaltschaft hat das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung von Amts wegen bejaht.115. Die Angeklagten drangen im Zeitraum vom 16.05.2020 gegen 23.43 Uhr bis zum 17.05.2020 gegen 03.23 Uhr mit dem nachgemachten Generalschlüssel erneut in das Büro des Direktors … ein, um diesmal die Rückseite des rechten Sideboards gewaltsam zu öffnen und an die dort vermuteten Abituraufgaben zu gelangen. Dazu verbrachten sie das Sideboard aus dem Büro des Direktors in einen nahe gelegenen Computerraum und öffneten dessen Rückwand mit dem Winkelschleifer. Als die Angeklagten entgegen ihren Erwartungen feststellten, dass sich auch in diesem Sideboard kein Tresor mit den Abituraufgaben befand, setzten sie die Rückwand wieder ein, verklebten diese mit schwarzem Klebeband und brachten das Sideboard wieder an seinen Ursprungsort zurück. An der Rückseite des rechten Sideboards entstand wie von den Angeklagten zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen ein Sachschaden in Höhe von mindestens 100,- €. Die Staatsanwaltschaft hat das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung von Amts wegen bejaht.

Nach diesem Misserfolg verließ der Angeklagte … die Schule, während die Angeklagten … und … noch weiter im Büro des Direktors … nach den Abituraufgaben suchten. Nachdem sie den Tresor mit den Abituraufgaben im Wandschrank des Büros vermuteten, rüttelten sie so lang an diesem bis dessen Tür ohne Beschädigung aufsprang, und lösten mit Hilfe eines Schraubendrehers des Hausmeisters … die Verblendungen an dem dort eingebauten Stahl-Tresor. Den mindestens 50 Kilogramm schweren Stahl-Tresor verbrachten sie mit einem Rollcontainer in den Werkstattraum des Hausmeisters und sägten diesen in mehreren Schritten auf. Aus dem Stahl-Tresor entnahmen die Angeklagten … und … insgesamt 11 mit Siegeln versehene und verschlossene Kuverts mit den Abituraufgaben aus den Fächern Englisch, Deutsch und Latein, um diese ohne Berechtigung für sich zu behalten und für sich zu verwenden. Im Anschluss verklebten die Angeklagten … und … den Stahl-Tresor wieder mit schwarzem Klebeband, verbrachten diesen zurück in den Wandschrank und fügten auch die Verblendungen wieder ein. An dem Stahl-Tresor entstand wie von den Angeklagten … und … zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen ein Sachschaden in Höhe von 300,- €. Die Staatsanwaltschaft hat das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung von Amts wegen bejaht.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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