Die aktuellen Entscheidungen des 6. Strafsenats des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Bestimmung der „nicht geringen Menge“ im Sinne des Konsumcannabisgesetzes (KCanG) haben wichtige Fragen zum Umgang mit Cannabis im Strafrecht aufgeworfen.
Der 6. Senat verweist in seinen Beschlüssen allerdings lediglich auf die Rechtsprechung des 1. Senats, ohne selbst umfassend zu argumentieren. Dieser Beitrag analysiert die Entscheidungen kurz.
Sachverhalt und Entscheidungen
Entscheidung 6 StR 164/24
Der Angeklagte wurde wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in Tateinheit mit vorsätzlicher Zuwiderhandlung gegen ein Waffenbesitzverbot sowie Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt. Die Revision des Angeklagten führte zur Aufhebung des Urteils im Strafausspruch und zur Zurückverweisung an eine andere Strafkammer des Landgerichts.
Entscheidung 6 StR 132/24
Der Angeklagte wurde wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, Diebstahls in Tateinheit mit Urkundenfälschung und vorsätzlichem Fahren ohne Fahrerlaubnis sowie Diebstahls in Tateinheit mit Sachbeschädigung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Auch hier führte die Revision zur Änderung des Schuldspruchs und zur Aufhebung der Strafaussprüche.
Rechtliche Analyse
Definition der „nicht geringen Menge“ im KCanG
Die Entscheidungen des 6. Senats befassen sich mit der Frage, wann die „nicht geringe Menge“ im Sinne des KCanG erreicht ist. Beide Beschlüsse verweisen auf die Entscheidung des 1. Senats, der den Grenzwert für eine „nicht geringe Menge“ bei 7,5 Gramm THC festgelegt hat. Diese Referenzierung ist korrekt, allerdings enttäuscht die mangelnde eigenständige Auseinandersetzung des 6. Senats mit der Thematik.
Verweisung auf den 1. Senat
In den Entscheidungen wird der Grenzwert von 7,5 Gramm THC ohne eigene Argumentation übernommen. Dies mag zwar der Einheitlichkeit der Rechtsprechung dienen, lässt jedoch eine tiefere Auseinandersetzung mit den spezifischen Umständen der Fälle und den dahinterliegenden rechtlichen Erwägungen vermissen.
Kritik und Enttäuschung
Fehlende eigene Argumentation
Die fehlende eigene Argumentation des 6. Senats ist enttäuschend, da sie den Eindruck erweckt, dass der Senat sich nicht intensiv mit der rechtlichen Materie auseinandergesetzt hat. Gerade in einem sich wandelnden Rechtsbereich wie dem Umgang mit Cannabis wäre eine detaillierte Begründung wünschenswert gewesen.
Bedeutung für die Rechtsprechung
Die Verweisung auf den 1. Senat könnte als Signal gewertet werden, dass der 6. Senat sich den Überlegungen des 1. Senats anschließt, ohne jedoch selbst einen Beitrag zur Fortentwicklung der Rechtsprechung zu leisten. Dies könnte in zukünftigen Fällen zu Unsicherheiten und Uneinheitlichkeiten führen, wenn sich andere Senate oder Gerichte nicht an dieser Praxis orientieren.
Ausblick
Die Entscheidungen des 6. Strafsenats des BGH zur „nicht geringen Menge“ im Sinne des KCanG sind wichtige Beiträge zur Rechtsprechung im Bereich des Cannabisstrafrechts. Allerdings bleibt die fehlende eigenständige Argumentation des Senats hinter den Erwartungen zurück. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Thematik hätte zur Klarheit und Einheitlichkeit der Rechtsprechung beigetragen und wäre im Interesse der Rechtsfindung wünschenswert gewesen. Es bleibt zu hoffen, dass zukünftige Entscheidungen diese Lücke füllen und eine umfassendere Begründung liefern werden.
- Zulässigkeit des Vermögensarrestes - 7. September 2024
- Entwicklung der Rohstoffpreise 2024 - 7. September 2024
- LG Nürnberg zur Verhältnismäßigkeit der Beschlagnahme von Originalunterlagen und Herausgabe von Kopien im Steuerstrafrecht - 5. September 2024