Verbreitung pornographischer Schriften

Zur Verbreitung pornographischer Schriften konnte sich das Landgericht Köln, 114 Qs 100/20, hinsichtlich eines Anwaltsschriftsatzes äussern, in dem – für das Gericht überraschend – pornographische Bilder übermittelt wurden:

Dem – als Rechtsanwalt tätigen … – Angeschuldigten wird (…) vorgeworfen, im Rahmen eines wegen Verstoßes gegen das Sachlichkeitsgebot nach § 43b BRAO gegen ihn geführten Verfahrens (…) einen Schriftsatz an das Gericht versandt zu haben, der ohne diesbezügliche Anforderung mit pornographischen Fotographien versehen war. Namentlich sollen darin zwei Abbildungen von Frauen mit Spermaflüssigkeit im Gesicht und Mund sowie acht weitere Abbildungen heterosexuellen Geschlechtsverkehrs enthalten gewesen sein.

Mit dem Schriftsatz (…) hat der Angeschuldigte pornographische Schriften im Sinne der genannten Vorschriften in den Machtbereich eines anderen, nämlich der Mitglieder der zur Verhandlung (…) berufenen zweiten Kammer des Anwaltsgerichts Köln und der sonst damit befassten Justizangehörigen gelangen lassen, ohne von ihnen (ausdrücklich oder konkludent) hierzu aufgefordert worden zu sein; ein mutmaßliches Einverständnis genügt – unabhängig vom Vorliegen seiner Voraussetzungen – nicht (vgl. Lackner/Kühl, StGB, 29. Auflage 2018, § 184 Rn. 6c m. w. N.).

Die in dem Schriftsatz enthaltenen Abbildungen zeigen ausschließlich oder jedenfalls überwiegend auf die Erregung eines sexuellen Reizes abzielende pornographische Darstellungen, d. h. solche, die entpersönlichte sexuelle Verhaltensweisen zum Gegenstand haben, bei denen kein personales Anerkennungsverhältnis, sondern eine Subjekt-Objekt-Beziehung im Vordergrund steht (…). Unerheblich ist dabei, dass diese Bilder nach dem Vorbringen des Angeschuldigten im Internet frei abrufbar sind, denn Normzweck des § 184 Abs. 1 Nr. 6 StGB ist nicht in erster Linie der Schutz von Darstellern, sondern der Schutz vor direkter ungewollter Konfrontation mit sexuellen Inhalten, d. h. der Schutz der Privatsphäre und des Rechts auf sexuelle Selbstbestimmung des betroffenen Empfängers (…)

Der Angeschuldigte hat dabei auch keine der Gefahr ungewollter Konfrontation vorbeugende und eine restriktive Tatbestandsauslegung ermöglichende Kennzeichnung des Inhalts seines Schriftsatzes vorgenommen (MüKo zum StGB, 3. Auflage 2017, § 184 Rn. 60).

Landgericht Köln, 114 Qs 100/20
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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