Es ist nicht Aufgabe des vor Gericht stehenden Autofahrers, seine Unschuld zu beweisen. Vielmehr muss das Gericht mit den zur Verfügung stehenden Beweismitteln seine Täterschaft nachweisen.
Mit dieser Begründung gab das Oberlandesgericht (OLG) Hamm der Beschwerde eines Autofahrers statt. Dieser war wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung zu einer Geldbuße und einem Fahrverbot verurteilt worden. Im Rahmen der Beweiswürdigung hatte das Amtsgericht (AG) zunächst festgestellt, dass es keinerlei Zweifel habe, dass es sich bei dem Fahrer auf dem Radarfoto um den Autofahrer handele. Es hatte dann weiter ausgeführt: „Dies hat das Gericht im Termin auch deutlich gemacht. Es hat dem Betroffenen anheim gestellt, Tatsachen vorzutragen, die geeignet seien, Zweifel an der Fahrereigenschaft, die das Gericht in keiner Weise hatte, zu wecken. Hierauf wurde von ihm jedoch nichts weiter vorgetragen.“
Diese Ausführungen des AG im Rahmen der Beweiswürdigung hat das OLG beanstandet. Es sei nicht auszuschließen, dass das AG von einer „Beweislast“ des Autofahrers ausgegangen sei. Eine solche sei im Ordnungswidrigkeitenverfahren aber unbekannt. Es sei nicht Aufgabe des Autofahrers, seine Unschuld zu beweisen. Vielmehr müsse das Gericht seine Täterschaft nachweisen. Aus dem Schweigen des Autofahrers oder aus dem bloßen Bestreiten der Täterschaft könnten in der Regel keine für ihn nachteiligen Schlüsse gezogen werden. Habe sich der Autofahrer nicht zur Sache eingelassen, könne ihm im Rahmen der Beweiswürdigung nicht vorgehalten werden, dass er nichts vorgetragen habe, um beim Gericht Zweifel an seiner Fahrereigenschaft zu wecken (OLG Hamm, 2 Ss OWi 595/03).
- Unfall mit privatem KFZ bei Dienstfahrt – kein Ersatz des Höherstufungsschadens der KFZ-Haftpflichtversicherung - 10. Oktober 2023
- Strafbarkeit nach §315b StGB: gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr - 26. September 2022
- Fahrtenbuch: Wann sind Ermittlungen notwendig - 29. Oktober 2021