In Deutschland gilt inzwischen das „Neue-Psychoaktive-Stoffe-Gesetz“, mit dem der Markt für sogenannte „Legal-High“ „ausgetrocknet“ werden soll. Das Problem dabei ist, dass das bisherige gesetzliche System darauf basiert, dass konkrete chemische Zusammensetzungen verboten werden und jede noch so kleine Abweichung bei neu hergestellten Substanzen von dem Verbot dann nicht mehr erfasst ist.
Neue-Psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NPSG)
Das Bundesgesundheitsministerium geht daher nun den Weg, den man schon vom Neue-Psychoaktive-Substanzen-Gesetz aus Österreich kennt: Man verbietet nicht konkrete chemische Verbindungen, sondern es werden ganze Verbindungsklassen chemisch definiert. will heissen, es gibt quasi chemische Formeln mit Variablen, die sich an psychotropher Wirkweise orientieren und dann insgesamt einem Verbot unterliegen.
Das durch Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetz (NpSG) werden im Ergebnis ein verwaltungsrechtliches Verbot des Umgangs mit NPS und eine Strafbewehrung des Handeltreibens mit NPS, des Inverkehrbringens, Verabreichens sowie des Herstellens und des Verbringens von NPS in den Geltungsbereich dieses Gesetzes zum Zweck des Inverkehrbringens geschaffen.
Das Neue-Psychoaktive-Stoffe-Gesetz ist tückisch, die Strafen sind für Käufer überschaubar, doch wer (Weiter-)Verkäufer von NPS ist, muss sich klug verteidigen.
Die hierdurch geschaffene Strafbarkeit ist allerdings erheblich schwächer als sonst im BTM-Strafrecht: Der Besitz soll nicht unter Strafe gestellt sein, sondern lediglich das Handeltreiben und In-Verkehrbringen.
Was sind NPS?
Mit dem NPSG sind NPS alle chemischen Verbindungen, die unter eine der in der Anlage aufgeführten Stoffgruppen fallen, sowie auch alle Zubereitungen solcher Verbindungen.
Der Begriff der „Zubereitung“ in Nummer 2 entspricht der Definition in § 2 Absatz 1 Nummer 2 BtMG. Mit dieser Begriffsbestimmung von NPS ist der Grundsatz der Bestimmtheit gewahrt, da aufgrund der eindeutigen chemischen Definition der in der Anlage gelisteten Stoffgruppen klar erkennbar ist, welche Stoffe unter das Verbot fallen und welche nicht. Ausgehend von einem Einzelstoff ist es möglich zu bestimmen, ob er zu einer der normierten Stoffgruppen gehört. Die Rechtsanwender können deshalb aus Sicht des Gesetzgebers erkennen, ob ein von ihnen beabsichtigtes Verhalten (bestimmter Umgang mit einem bestimmten Stoff) verboten ist.
Neue psychoaktive Substanzen: Neue Gesetzgebung für schnellere Reaktion auf neue Drogen ab heute gültig
Ab dem heutigen Tag sind neue Rechtsvorschriften anwendbar, auf deren Grundlage Europa künftig weitaus schneller auf Gefährdungen der öffentlichen Gesundheit sowie soziale Bedrohungen durch neue psychoaktive Substanzen (NPS/„neue Drogen“) reagieren kann. Die Gesetzgebung, die ab 23. November 2018 anwendbar ist, stärkt das EU-Frühwarnsystem und das Risikobewertungsverfahren für neue psychoaktive Substanzen und beschleunigt das Kontrollverfahren. Die Gesetzgebung, die auf Vorschläge der Europäischen Kommission zurückgeht, ist eine Reaktion auf den jüngsten Anstieg in der Verfügbarkeit von NPS.
Bestandteile der neuen Gesetzgebung sind:
- eine Verordnung in Bezug auf den Informationsaustausch, das Frühwarnsystem und das Risikobewertungsverfahren für neue psychoaktive Substanzen, mit der die Gründungsverordnung der EMCDDA (Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht) geändert wird (Verordnung (EU) 2017/2101);
- eine Richtlinie, die es ermöglicht, NPS auf EU-Ebene als „Drogen“ zu kontrollieren (Richtlinie (EU) 2017/2103).
Die Gesetzgebung behält den jetzigen dreistufigen Ansatz Europas bei, um gegen neue psychoaktive Substanzen vorzugehen – Frühwarnung, Risikobewertung und Kontrollmaßnahmen – und führt zugleich zu einer deutlichen Verbesserung der bestehenden Prozesse, indem Datenerhebungs- und Bewertungsverfahren gestrafft und beschleunigt werden. Eine Neuerung der Verordnung ermöglicht es, verschiedene NPS mit ähnlicher chemischer Struktur und ihre potentiellen Risiken zusammen in einer gemeinsamen Risikobewertung zu beurteilen. Für das gesamte Verfahren gelten künftig kürzere Fristen.Die EMCDDA übernimmt weiterhin die führende Rolle in Frühwarnung und Beobachtung der von den EU-Mitgliedstaaten gemeldeten neuen psychoaktiven Substanzen und wird für jede neue besorgniserregende Substanz auf EU-Ebene eine wissenschaftliche Untersuchung einleiten.
Nach Eingang eines ersten Berichts der Beobachtungsstelle muss die Europäische Kommissionkünftig innerhalb von zwei Wochen bei der EMCDDA eine Bewertung der potenziellen Risiken der neuen Substanz anfordern, die dann innerhalb von sechs Wochen vorliegen muss.Auf der Grundlage des Risikobewertungsberichts kann die Kommission die Kontrolle der Substanz vorschlagen. Anschließend haben der Rat der Europäischen Union und das Europäische Parlamentzwei Monate Zeit zu entscheiden, ob sie dem Vorschlag zustimmen. Die Behörden in den Mitgliedsstaaten haben künftig nach Inkrafttreten des Beschlusses sechs Monate Zeit (statt bisher zwölf Monate unter dem vorherigen System), die Kontrolle der Substanz auf nationaler Ebene umzusetzen.Im Jahr 2017 wurden dem EU-Frühwarnsystem 51 neue psychoaktive Substanzen zum ersten Mal gemeldet – dies entspricht einer Quote von etwa einer Substanz pro Woche. Ende 2017 überwachte die EMCDDA mehr als 670 neue psychoaktive Substanzen (gegenüber etwa 350 im Jahr 2013). Gesundheitliche und soziale Schäden im Zusammenhang mit neuen synthetischen Cannabinoiden und neuen synthetischen Opioiden, darunter akute Vergiftungen und Todesfälle, veranlassten die EMCDDAdazu, 2017 insgesamt neun Risikobewertungen durchzuführen, so viele wie nie zuvor.
Die EMCDDA und Europol arbeiten mit Unterstützung der EU-Mitgliedstaaten, der Europäischen Arzneimittel-Agentur (EMA) und der Europäischen Kommission seit 1997 Hand in Hand, um das Auftreten neuer Drogen und das Ausmaß ihrer Verbreitung in Europa zu beobachten. Gestützt aufdie ersten Gesetzgebungsrahmen (1997 und 2005) ( ) konnten die Partner ein erstes modernes Frühwarnsystem zur Beobachtung neuer Drogen und eine Struktur für wissenschaftliche Risikobewertungen aufbauen. Im Rahmen der neuen Gesetzgebung werden weitere EU-Agenturen einbezogen, darunter das Europäische Zentrum für die Prävention und Kontrolle von Krankheiten (ECDC), die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) und die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA).
Dimitris Avramopoulos, Europäischer Kommissar für Migration, Inneres und Bürgerschaft, erklärte hierzu: „In den letzten zehn Jahren hat das Aufkommen neuer psychoaktiver Substanzen die öffentliche Gesundheit und Sicherheit vor große Herausforderungen gestellt. Diese synthetischen Substanzen sind oft hochgiftig und sind umso gefährlicher, wenn sie in anpassungsfähigen und sich ändernden Märkten auftauchen. Deshalb brauchen wir wirksame rechtliche und operative Instrumente, um diese Substanzen schneller in der EU zu verbieten und schwere Gesundheitsschäden und in manchen Fällen sogar Todesfälle zu verhindern. Die neuen EU-Vorschriften werden unsere Bürger vor diesen gefährlichen Drogen schützen – insbesondere junge Menschen.“
Dazu Alexis Goosdeel, Direktor der EMCDDA: „Die EMCDDA begrüßt die ab heute anwendbare neue Gesetzgebung, mit der Europa effektiver auf neue psychoaktive Substanzen reagieren kann, die zu schweren gesundheitlichen und sozialen Risiken führen können. Die gestiegene Verfügbarkeit neuer Drogen während der vergangenen zehn Jahre und die mit diesen Substanzen verbundenen Schäden zwingen uns, unsere Frühwarn- und Reaktionskapazitäten zu stärken. Dieser neue beschleunigte rechtliche Mechanismus wird uns helfen, mit diesem Phänomen Schritt zu halten und zu gewährleisten, dass die öffentliche Gesundheit durch rasches Handeln geschützt wird.“
Quelle dieses Abschnitts: Pressemitteilung der EMCDDA
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