Hanfsamen im Internet zu kaufen, erfreut sich seit Jahren erheblicher Beliebtheit, zumal man regelmäßig liest, dass dies straflos sein soll. Hintergrund ist die Formulierung in der Anlage I zum Betäubungsmittelgesetz, die auf den ersten Blick Hanfsamen aus dem Bereich der Betäubungsmittel ausnimmt. Allerdings gibt es eine Gegen-Ausnahme:
Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis gehörenden Pflanzen (…) ausgenommen (…) deren Samen, sofern er nicht zum unerlaubten Anbau bestimmt ist (…)
Der letzte Teil wird von Laien grundsätzlich falsch eingeschätzt.
Ausnahme für Hanfsamen
Hanfsamen enthalten kein THC, ein Wirkstoffgehalt ist schlichtweg ausgeschlossen, da der Wirkstoff erst in der Pflanze entwickelt wird. Eigentlich wäre damit ganz einfach festzuhalten, dass ein Umgang mit Samen von Cannabis in allen Verkehrsformen straffrei sein muss. Da nun aber in der Anlage I ausdrücklich davon die Rede ist, dass „Pflanzenteile der zur Gattung Cannabis
gehörenden Pflanzen“ erfasst sind, fallen unstreitig erst einmal auch Samen unter die Anlage I (sehr umfangreich zusammenfassend: Oğlakcıoğluin in Münchener Kommentar zum StGB, BtMG §1, Rn. 52/53).
Nun sieht die Anlage I dann wiederum unter dem Eintrag „Cannabis“ eine zuerst unbeschränkte Ausnahme des strafbaren Umgangs für „Samen“ in generalis vor; dann kommt aber die Gegen-Ausnahme „sofern er nicht zum unerlaubten Anbau bestimmt ist“.
Bestimmung von Hanfsamen zu Anbau
Ein grundsätzlicher Fehler ist es, es sich zu leicht zu machen bei der Frage, wozu die Samen bestimmt waren: Laien neigen dazu, sich auf ihr Fernsehwissen zu beschränken, mit dem Satz „das müssen die mir erst mal nachweisen“. Das deutsche strafprozessuale System funktioniert aber nicht so, wie man es aus (schlechten) US-Filmen kennt: Richter dürfen aufgrund äußerer Umstände auf das schließen, was im Kopf aus ihrer Überzeugung heraus vorgegangen ist.
Der Gesetzgeber hat sich schon damals Gedanken gemacht (siehe die Ausführungen in BR-Drs. 881/97) und folgende Kriterien ausgemacht, die als Indizien darauf schließen lassen, dass Hanfsamen für den Anbau bestimmt sind:
- wenn man eine „zählbare Körnermenge“ kauft, z.B. „10 Samen“;
- regelmäßiger Verkauf angebotener Samen in Kombination mit Anbau-Zubehör wie Beleuchtung (es soll dabei ausreichen, dass dies regelmäßig angeboten wird, ob im konkreten Fall tritt bei der Betrachtung zurück!);
- wenn die Samen mit THC-Wirkstoffgehalten einer hierzu gehörenden Pflanze beworben wird;
Bei der Frage, wer diese bestimmung vornimmt, also ob es alleine auf das ankommt was im Kopf des Verkäufers vorgeht, ist man sich inzwischen wohl einig, dass es sowohl Verkäufer als auch Erweber sein können, die durch ihren Vorsatz die Bestimmung treffen (dazu Weber/Kornprobst/Maier, Betäubungsmittelgesetz, §1, Rn. 266). Hierbei wird eine Entscheidung des BayOLG aus dem Jahr 2002 angeführt, die man inhaltlich aus meiner Sicht aber durchaus in Frage stellen kann, insbesondere beim Bezug zu Samen.
Verteidigungspotential beim Kauf von Hanfsamen
Verkäufer können sich mangels THC-gehalt regelmäßig gegen den Vorwurf der „nicht geringen Menge“ wehren, was leider immer noch oft genug von den Ermittlern ins Visier genommen wird; Käufer dagegen, insbesondere wenn sie nicht vorbelastet sind, sollten zielstrebig die Geringfügigkeitsgrenze der §§29 Abs.5, 31a BtMG mit dem Ergebnis der Einstellung des Verfahrens anstreben und nicht dort, wo die Akte kein Verteidigungspotential bietet, durch dümmliche Ausflüchte eine stilvolle Einstellung zerstören.
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