Ganz langsam und zaghaft bewegt sich etwas beim Thema Cannabis: Das Bundesgesundheitsministerium hat einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem unter anderem das Betäubungsmittelgesetz angepasst werden soll. Was nach einer nur minimalen Änderung aussieht ist im Ergebnis für den deutschen Rechtsraum eine gravierende Änderung, auch aus rechtspolitischer Sicht: Cannabis soll als Therapeutisches Mittel anerkannt und möglich werden. Das war bisher zwar auch in Form einer speziellen Ausnahmeerlaubnis möglich, davon profitierten bundesweit aber nicht einmal 600 Menschen und war gerade kein allgemeines Anerkenntnis des Cannabis als Therapeutisches Mittel. Daher ist dieser aktuelle schritt zwar auf den ersten Blick klein, wegen dem allgemeinen Anerkenntnis aber nicht nur ein längst überfälliger, sondern ein bedeutsamer der einen grossen Schritt hin zum lebensnäheren Umgang mit Cannabis bedeutet.
Das Gesetz geht als erstes den Weg, das BTM-Gesetz in wenigen Punkten zu ändern. Zum einen wird Cannabis aus dem Anhang 1 (absolut Untersagt) gestrichen und in den Anhang 3 (Verkehrsfähig und Verschreibungsfähig) übernommen. Dann soll das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als so genannte Cannabisagentur installiert werden. Eine Cannabisagentur hat klare Aufgaben:
Die Cannabisagentur schreibt den voraussichtlichen Bedarf an Medizinalhanf nach den Vorgaben des Vergaberechts aus, vergibt in wettbewerblichen Verfahren Aufträge über die Belieferung mit Medizinalhanf an Anbauer und schließt mit diesen zivilrechtliche Liefer- bzw. Dienstleistungsverträge. Die Cannabisagentur verkauft den Medizinalhanf anschlie-ßend insbesondere an Hersteller von Cannabisarzneimitteln, Großhändler oder Apotheken weiter. Anbauer, Hersteller, Großhändler, Apotheken etc. müssen über die erforderlichen betäubungsmittel- und arzneimittelrechtlichen Erlaubnisse und Genehmigungen verfügen und die Vorschriften des Betäubungs- und Arzneimittelrechts einhalten.
Die endgültige Verteilung soll dann über Apotheken laufen.
Der wichtige Teil für Betroffene kommt dann im §31 SGB V, wo ein Anspruch auf Cannabis vorgesehen wird – unter engen Voraussetzungen
Versicherte mit einer schwerwiegenden chronischen Erkrankung (§ 62 Absatz 1 Satz 8) haben Anspruch auf Versorgung mit Cannabis in Form von getrockneten Blüten oder Extrakten und auf Versorgung mit Arzneimitteln mit den Wirkstoffen Dronabinol oder Nabilon, wenn
- eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung im Einzelfall nicht zur Verfügung steht,
- eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf oder auf schwerwiegende Symptome besteht und
- die oder der Versicherte sich verpflichtet, an einer bis zum 31. Dezember 2018 laufenden Begleitforschung zum Einsatz dieser Arzneimittel teilzunehmen.
Man merkt also: Nachgeworfen wird einem Cannabis nicht gerade. Während Nummer 2 überraschend weit formuliert ist, wird vor allem Nr.1 ein Problem sein – in erster Linie dürfte es um Schmerzpatienten gehen, die seit Jahren (dokumentiert) erfolglos gegen Schmerzen kämpfen und natürlich Patienten mit lethalen Krankheiten wie etwa Krebs. Fälle wie in den USA, wo Cannabis in manchen Bundesstaaten bei Migräne allgemein zur Verfügung steht werden wir sicherlich so schnell noch nicht erleben.
Darüber hinaus dürfte das Gesetz auch mittelbare strafrechtliche Auswirkungen haben: Bei der Strafzumesung wird schon heute Cannabis gegenüber „harten Drogen“ privilegiert. Als anerkanntes therapeutisches Mittel dürfte dies einen erneuten (kleinen) Ausschlag geben, insbesondere wenn nachvollziehbar darauf verwiesen werden kann, dass es nicht nur zu Konsumzwecken verbraucht wird, sondern auch zur Schmerzlinderung.
Es mag nur ein kleiner Schritt sein, die Auswirkungen dieses Gesetzes werden in den nächsten Jahren, bei weiterer Schaffung legaler Räume für Cannabis, aber nicht zu unterschätzen sein.
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