Kündigungsschutz: Zu viele Abmahnungen können schädlich sein

Entgegen einem verbreiteten Irrglauben muss ein nicht mindestens drei Mal abgemahnt werden, bevor der Arbeitgeber die Kündigung aussprechen kann. Vielmehr ist es umgekehrt: Je öfter ein Arbeitgeber abmahnt ohne dass es unmittelbare Konsequenzen hat, umso mehr schadet er seiner Position. Denn die Rechtsprechung im Arbeitsrecht hat durchaus anerkannt, dass es menschlicher Natur entspricht – und somit der Erwartungshaltung des Arbeitnehmers – dass man irgendwann Abmahnungen schlicht nicht mehr ernst nimmt.

Anschaulich verdeutlich hat dies u.a. das Landesarbeitsgericht Köln (11 Sa 919/12). Hier ging es um 7 ausgesprochene Abmahnungen im Zritraum von 4,5 Jahren bevor dann die Kündigung ausgesprochen wurde. Das Gericht dann dazu in Richtung der Arbeitgeberin:

Trotz Wiederholung der Vertragsverstöße in einem relativ kurzen Zeitraum hat sie keinerlei arbeitsrechtlichen Konsequenzen gezogen. Sie hat die Warnfunktion ihrer Abmahnungen durch inkonsequentes Verhalten selbst entwertet. Die Abmahnungen […] weisen auch keinen gesteigerten Grad der Intensität aus, sondern wiederholen stereotyp Rüge und Androhung.

Im Ergebnis zeigt sich die Zwickmühle für den Arbeitgeber: Einerseits soll er abmahnen vor einer Kündigung. Zu viele Abmahnungen dagegen sind, wenn sie nicht aufmerksam ausgestaltet sind, auch wieder schädlich. Und wenn eine zu lange vor einer Kündigung ausgesprochen wurde, ist sie auch wieder unnütz. Es gilt daher bereits bei der Absprache von Abmahnungen höchste Vorsicht walten zu lassen, wenn die Abmahnung Ihre eigentliche Funktion erfüllen soll.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für Strafrecht & Fachanwalt für IT-Recht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für Strafrecht & Fachanwalt für IT-Recht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Strafverteidigung und dem IT-Recht, speziell Softwarerecht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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