Wenn jemand – unbemerkt bzw. ungewollt – Screenrecords oder Screenshots erstellt, auf denen ein Jugendlicher (oder ein Kind) sexuell posiert, handelt es sich dann um ein Sichverschaffen des Besitzes an einer jugendpornografischen Schrift oder um ein Herstellen selbiger? Der Bundesgerichtshof (4 StR 377/19) konnte sich nun derart postieren, dass er zu der Annahme neigt, dass in der Anfertigung von Screenrecords nicht lediglich ein „Sichverschaffen des Besitzes an einer jugendpornografischen Schrift“ (§ 184c Abs. 3 1. Alternative StGB) vorliegt; vielmehr ist ein Herstellen im Sinne des § 184c Abs. 1 Nr. 3 StGB anzunehmen. Dies mit der Begründung, dass der Täter die übertragenen Bilder in einer Weise in einem Datenspeicher fixiert hat, dass ihm dadurch deren (wiederholte) visuelle Reproduktion und Wahrnehmung ohne weiteres möglich wird.
Die Einstufung ist wichtig, da §184c StGB im Absatz 4 eine Privilegierung derjenigen Taten vorsieht, die sich auf Handlungen von Personen in Bezug auf solche jugendpornographischen Schriften beziehen, die ausschließlich zum persönlichen Gebrauch mit Einwilligung der dargestellten Personen hergestellt wurden. Zur Erinnerung: Das Sich-Verschaffen kinder-pornographischer Schriften (§ 184b Abs. 3 StGB) ist als Unternehmensdelikt ausgestaltet. Das heißt, dass zur Erfüllung des Tatbestandes allein der Versuch vorausgesetzt ist (§ 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB), sich in den Besitz einer kinderpornografischen Schrift zu bringen (BGH, 3 StR 548/16). Dies konnte schon mit früherer Rechtsprechung auch durch eigenhändiges Anfertigen entsprechender Fotoaufnahmen geschehen (BGH, 3 StR 567/97).
Die Privilegierung kann in Fällen wie dem vorliegenden aber nicht greifen, da es regelmässig an einer Einwilligung der dargestellten Person fehlen wird (sonst muss man nicht den Bildschirm abfilmen).
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