Europäisches Chip-Gesetz („Chip Act“)

Chip-Act der EU: Die EU möchte den Halbleitermarkt pro-europäisch ausgestalten: Mit dem europäischen Chip-Gesetz möchte die EU die Halbleiterknappheit angehen und Europas technologische Führungsrolle stärken.

So mobilisiert die EU laut EU-Kommission 43 Mrd. EUR an öffentlichen und privaten Investitionen und beinhaltet Maßnahmen, damit EU-Kommission und Mitgliedstaaten besser auf künftige Unterbrechungen der Lieferketten einstellen, sie antizipieren und rasch gegensteuern können.

Europäisches Chip-Gesetz ("Chip Act") - Rechtsanwalt Ferner
Quelle: EU-Kommission
Investitionen zur Flankierung des Chip-Gesetzes laut EU-Kommission

Das Chip-Gesetz selbst soll zusätzliche öffentliche und private Investitionen in Höhe von mehr als 15 Mrd. EUR bewirken.

Diese Investitionen werden Folgendes ergänzen:

  • bestehende Programme und Maßnahmen der Forschung und Innovation auf dem Gebiet der Halbleitertechnik wie Horizont Europa und das Programm Digitales Europa
  • angekündigte Unterstützung durch die Mitgliedstaaten

Politikgesteuerte Investitionen im Umfang von insgesamt über 43 Mrd. EUR flankieren das Chip-Gesetz bis 2030. Langfristige private Investitionen in ähnlicher Höhe kommen hinzu. Mit dem Chip-Gesetz wird Folgendes vorgeschlagen: 

  • Investitionen in Technologien der nächsten Generation
  • Bereitstellung eines europaweiten Zugangs zu Entwurfswerkzeugen und Pilotanlagen für die Prototypentwicklung, Prüfung und Erprobung modernster Chips
  • Zertifizierungsverfahren für energieeffiziente und vertrauenswürdige Chips, um die Qualität und Sicherheit für kritische Anwendungen zu gewährleisten
  • ein investitionsfreundlicherer Rahmen für die Errichtung von Fertigungsanlagen in Europa
  • Unterstützung innovativer Start-ups, Scale-ups und KMU beim Zugang zur Beteiligungsfinanzierung
  • Förderung von Kompetenzen, Talenten und Innovationen in der Mikroelektronik
  • Instrumente für die Früherkennung von Halbleiterengpässen und -krisen sowie entsprechendes Gegensteuern, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten
  • Aufbau internationaler Halbleiter-Partnerschaften mit gleichgesinnten Ländern
Chip-Act der EU: Die EU möchte den Halbleitermarkt pro-europäisch ausgestalten: Mit dem europäischen Chip-Gesetz möchte die EU die Halbleiterknappheit angehen und Europas technologische Führungsrolle stärken.

Chip-Act und die Bedeutung der Halbleiterindustrie für die EU

Halbleiter, die oft als „Herzstück der modernen Elektronik“ bezeichnet werden, sind für eine Vielzahl von Technologien von entscheidender Bedeutung, von Smartphones und Computern bis hin zu fortschrittlichen medizinischen Geräten und Elektrofahrzeugen. Für die Europäische Union (EU) ist es von strategischer Bedeutung, sich im Halbleiterbereich wirtschaftlich zu engagieren:

  1. Wirtschaftliche Unabhängigkeit: Die globale Halbleiterindustrie wird derzeit von einigen wenigen Hauptakteuren in Asien und den USA dominiert. Eine stärkere Beteiligung der EU in diesem Sektor würde die Abhängigkeit von externen Lieferketten verringern und die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit in Zeiten von Handelsspannungen oder globalen Krisen stärken.
  2. Innovation und Wettbewerbsfähigkeit: Halbleiter sind die treibende Kraft hinter vielen technologischen Innovationen. Eine starke Halbleiterindustrie in der EU würde die Innovationsfähigkeit in anderen Hochtechnologiebereichen, von der künstlichen Intelligenz bis zur Raumfahrt, fördern.
  3. Schaffung von Arbeitsplätzen: Ein florierender Halbleitersektor würde hochqualifizierte Arbeitsplätze in Forschung, Entwicklung und Produktion schaffen und damit zur wirtschaftlichen Vitalität der EU beitragen.
  4. Nachhaltige Entwicklung: Mit der zunehmenden Konzentration auf grüne Technologien und dem Übergang zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft steigt die Nachfrage nach energieeffizienten Halbleitern. Die EU könnte eine führende Rolle bei der Entwicklung von Halbleitertechnologien spielen, die die Umweltanforderungen erfüllen.
  5. Sicherheit und Souveränität: In einer Zeit, in der Technologie zunehmend mit nationaler Sicherheit verknüpft wird, wäre eine starke Halbleiterindustrie in der EU ein Schritt in Richtung digitale Souveränität. Dies würde sicherstellen, dass kritische Technologien für Verteidigung, Kommunikation und Infrastruktur in der EU entwickelt und produziert werden.
  6. Globale Handelsdynamik: Als einer der größten Wirtschaftsblöcke der Welt könnte die EU durch eine stärkere Beteiligung am Halbleitermarkt ihre Position in globalen Handelsgesprächen und -standards stärken.

    Angesichts der zentralen Rolle, die Halbleiter in der modernen Welt spielen, ist es für die EU nicht nur wünschenswert, sondern notwendig, in diesem Bereich wirtschaftlich aktiv zu werden. Ein Engagement im Halbleitersektor würde nicht nur die wirtschaftliche Stärke und Unabhängigkeit der EU sichern, sondern auch ihre Rolle als globaler Akteur im Technologiesektor stärken.

    Die andere Seite des Chip-Act: Subventionen und ihre Auswirkungen

    Wenn die Europäische Union (EU) beschließt, Halbleiterhersteller massiv zu subventionieren und mit hohen Summen versucht, ausländische Chiphersteller in der EU anzusiedeln, stellen sich verschiedene rechtliche Fragen und Herausforderungen:

    1. EU-Beihilferecht: Das EU-Beihilferecht regelt die Gewährung staatlicher Beihilfen an Unternehmen. Subventionen können als wettbewerbsverzerrende staatliche Beihilfen angesehen werden, wenn sie den Handel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen und den Wettbewerb verfälschen. Solche Beihilfen müssen von der EU-Kommission genehmigt werden und können mit Bedingungen und Auflagen verbunden sein.
    2. WTO-Regeln: Auf globaler Ebene könnten solche Subventionen gegen die Regeln der Welthandelsorganisation (WTO) verstoßen, insbesondere gegen das Übereinkommen über Subventionen und Ausgleichsmaßnahmen. Andere Länder könnten Gegenmaßnahmen ergreifen oder Beschwerden bei der WTO einreichen.
    3. Bilaterale Investitionsabkommen: Die EU oder ihre Mitgliedstaaten haben mit vielen Ländern bilaterale Investitionsabkommen geschlossen. Diese Verträge können Bestimmungen enthalten, die die Bedingungen für Investitionen und den Schutz ausländischer Investoren regeln.
    4. Wettbewerbsrecht: Wenn ein Unternehmen oder eine Gruppe von Unternehmen durch Subventionen eine marktbeherrschende Stellung erlangt, kann dies wettbewerbsrechtliche Bedenken aufwerfen. Das EU-Wettbewerbsrecht verbietet den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung.
    5. Öffentliches Auftragswesen: Wenn die EU oder ihre Mitgliedstaaten direkte Verträge mit Halbleiterherstellern abschließen, müssen sie die EU-Vorschriften für das öffentliche Auftragswesen einhalten, die Transparenz und Nichtdiskriminierung gewährleisten sollen.
    6. Umwelt- und Sozialstandards: Die Ansiedlung von Halbleiterherstellern könnte Fragen zu Umweltauswirkungen, Arbeitsrechten und Sozialstandards aufwerfen. Es müssten Umweltverträglichkeitsprüfungen durchgeführt und EU-Standards eingehalten werden.
    7. und Cybersicherheit: Die Halbleiterindustrie ist eng mit Technologien verbunden, die Daten verarbeiten und speichern. Es können sich Fragen des Datenschutzes und der Cybersicherheit ergeben, insbesondere im Hinblick auf die EU-Datenschutz-Grundverordnung ().
    8. Reziprozität: Wenn die EU ausländische Halbleiterhersteller anlockt, könnten andere Länder ähnliche Maßnahmen für ihre strategischen Sektoren ergreifen. Dies könnte Fragen der Reziprozität und des gleichberechtigten Zugangs zu ausländischen Märkten aufwerfen.

      Zusammenfassend lässt sich sagen, dass ein massives Engagement der EU im Halbleitersektor zwar strategische Vorteile bieten könnte, aber auch eine Reihe rechtlicher Fragen und Herausforderungen aufwerfen würde. Diese müssen sorgfältig geprüft und bewältigt werden, um sowohl die Interessen der EU als auch ihre internationalen Verpflichtungen zu wahren.

      Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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      Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

      Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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