Domainrecht: OLG Köln zu Tippfehler-Domains

Das OLG Köln hat sich zur Frage so genannter Tippfehler-Domains geäußert und hier klar gestellt, dass diverse Unterlassungsansprüche – aus Wettbewerbs- und Namensrecht – bestehen können. Aber: Es kommt darauf an, wie genau die Tippfehler-Domain genutzt wurde!

Das (6 U 187/11) hat sich mit den diversen Unterlassungsansprüchen eines Domain-Inhabers gegenüber einem Dritten beschäftigt, der eine ähnlich klingende so genannte „Tippfehler-Domain“ betrieben hat. Die Entscheidung bietet die Gelegenheit, Abwehrmöglichkeiten nochmals auf einen Blick zu sehen. Es ging hier um einen bekannten Wetterdienst – jemand hatte ähnlich klingende Domain registriert und auf Parking-Seiten umgeleitet, wo u.a. Versicherungsdienste beworben wurden.

Wettbewerbsrechtlicher
Das OLG Köln sieht einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch, wobei es auf die Frage, ob man sich an die gleichen Abnehmerkreise wendet, nicht ankommt. Denn im Fall einer „Tippfehler-Domain“ sieht das OLG einen Behinderungswettbewerb, bei diese Frage dann nicht mehr einschlägig ist:

In den Fällen des – hier in Rede stehenden – Behinderungswettbewerbs liegt ein solches Wettbewerbsverhältnis schon dann vor, wenn die „konkrete geschäftliche Handlung objektiv geeignet und darauf gerichtet sei, den Absatz des Handelnden zum Nachteil des Absatzes eines anderen Unternehmers zu fördern“ (vgl. Köhler/Bornkamm UWG, 30. Aufl. § 2 Rz. 102). Es kommt danach in diesen Fällen nicht darauf an, ob sich die Parteien an dieselben Abnehmerkreise wenden. Würde man dies auch für den Behinderungswettbewerb voraussetzen, so wären Eingriffe eines Marktteilnehmers aus einer ganz anderen Branche nicht zu erfassen, obwohl sie sich in gleichem Maße behindernd auswirken können wie solche von Mitbewerbern aus derselben Branche.

Die strittige Frage, ob wirklich eine Behinderung vorliegt, sieht das OLG wenig problematisch:

Der Beklagte hat sich nicht nur die streitbefangene Domain „X..de“, sondern sogar eine Vielzahl von „Tippfehler-Domains“ gesichert, wie sie im Einzelnen von dem Landgericht aufgeführt worden sind. Das kann nur den Sinn haben, auf diese Weise Internetnutzer, die eigentlich die ohne Tippfehler geschriebene Domain aufsuchen wollten, in der ihm vorgeworfenen Weise „umzuleiten“, weil niemand z.B. unter „X.“ etwas anderes als Informationen zum Wetter und jedenfalls nicht einen Vergleich von Versicherungsanbietern sucht.

Interessant ist, dass die häufige Argumentation, der Nutzer merke ja schnell dass er falsch sei und sucht weiter, beim OLG zu einer Falle wird:

Dem Beklagten ist einzuräumen, dass die von ihm irregeleiteten Nutzer alsbald merken werden, dass sie nicht zu dem gewünschten Ziel gelangt sind. Eine Vielzahl dieser Betroffenen wird sich aber aus Verärgerung, oder weil sie sich mit dem Grund der Fehlleitung nicht näher befassen wollen, einen anderen Wetterdienst suchen als denjenigen, den die Klägerin anbietet und den sie an sich ansteuern wollten. Auf diese Weise gehen der Klägerin zumindest Werbeeinnahmen verloren. Insbesondere kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Nutzer den Fehler nur bei sich suchen und die exakte Schreibweise in der Browserzeile kontrollieren.

Im Ergebnis wird ein wettbewerbsrechtlicher Unterlassungsanspruch in dieser Konstellation (also nicht nur Registrierung, sondern zugleich Umleitung auf eine gewerbliche Seite, was u.a. die geschäftliche Handlung begründet) bejaht.

Namensrecht

Hier macht es das OLG kurz und stellt auch einen Unterlassungsanspruch aus der Verletzung des Namensrechts fest:

Es ist nicht vorausgesetzt, dass der Verletzer den identischen Namen gebraucht, so lange die beanstandete Bezeichnung mit dem geschützten Namen – wie hier – zumindest abstrakt verwechslungsfähig ist (vgl. Palandt-Ellenberger, BGB, 71. Aufl., § 12 Rz 27). Dem Beklagten ist einzuräumen, dass Ansprüche aus § 12 i.V.m. § 823 BGB eine Abwägung der Interessen der Beteiligten erfordern, und dabei auch eine konkrete zu berücksichtigen ist. Indes fällt diese Interessenabwägung zu seinen Lasten aus. Ein schützenswertes Interesse des Beklagten daran, potenzielle Besucher der Internetseite der Klägerin auf die von ihm geführte Seite umzuleiten, besteht nicht.

Aber: Das OLG Köln stellt klar, dass man sich nicht vom OLG Hamm (6 U 106/05) abgrenzen möchte – sollte eine Umleitung auf eine leere Seite erfolgen, würde die Abwägung wohl anders ausfallen!

Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb

Hierzu hat das OLG Köln sich nicht mehr geäußert, da ein Eingriff in dieses Rahmenrecht subsidiär gegenüber dem bereits festgestellten wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wäre.

Fazit: Tippfehler-Domains mit Bedacht nutzen
Der Blick auf diese Entscheidung zeigt, dass man Tippfehler-Domains wenn, dann wohl nur nutzen sollte ohne dahinter irgendeinen Inhalt zu schalten. Also entweder indem man auf eine Leere Seite verweist (wobei sich dann schon Fragen der Impressumspflicht stellen) oder einfach gar nicht routet, also die Domain auf gar kein Angebot zeigen lässt. Ob solche Domains wirtschaftlich wirklich attraktiv sind, also sich die Erwartung des Aufkaufs durch den Seitenbetreiber erfüllen wird, erscheint aber eher fraglich.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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