Besonders schwerer räuberischer Diebstahl

Wann liegt bei einem räuberischen ein Verwenden im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 2 StGB vor: Dies liegt bei jedem zweckgerichteten Gebrauch eines objektiv gefährlichen Tatmittels. Das Verwenden bezieht sich dabei auf den Einsatz des Nötigungsmittels zur Verwirklichung des Raubtatbestands.

Ein Verwenden liegt also vor, wenn der Täter eine oder ein gerade als Mittel entweder der Ausübung von Gewalt gegen eine Person oder der Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben gebraucht, um die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache zu ermöglichen oder – im Fall des § 252 StGB – seinen Besitz an einer solchen zu erhalten.

Grundsätzliches zur Waffe beim Raub

Die Vorschrift erfasst grundsätzlich alle bewusst gebrauchsbereit mitgeführten Gegenstände, die geeignet sind, den Widerstand des Tatopfers durch Gewalt oder Drohung zu überwinden, also auch sog. Anscheinswaffen, d.h. objektiv ungefährliche Gegenstände, deren Verletzungseignung nur vorgetäuscht wird (vgl. BT-Drucks. 13/9064, S. 18).

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sind allerdings solche Gegenstände vom Anwendungsbereich des § 250 Abs. 1 Nr. 1 b StGB im Wege einer einschränkenden Auslegung auszunehmen, die für einen objektiven Betrachter schon nach ihrem äußeren Erscheinungsbild erkennbar ungefährlich und deshalb nicht geeignet sind, mit ihnen – etwa durch Schlagen, Stoßen, Stechen oder in ähnlicher Weise – auf den Körper eines anderen in erheblicher Weise einzuwirken (dazu BGH, 4 StR 61/23).

Drohung bei räuberischem Diebstahl

Im Fall der Drohung muss das Tatopfer das Nötigungsmittel und die Androhung seines Einsatzes denn dann auch wahrnehmen: Hierunter ist nämlich das ausdrückliche oder schlüssige In-Aussicht-Stellen eines künftigen Übels zu verstehen, auf das der Drohende Einfluss hat oder zu haben vorgibt. Eine Drohung erfordert daher mit dem BGH, dass der Bedrohte Kenntnis von ihr erlangt und dadurch in eine Zwangslage gerät.

Nimmt das Tatopfer die Drohung des Täters mit dem gefährlichen Werkzeug dagegen nicht wahr, so wird es nicht in die von § 250 Abs. 2 Nr. 1 Alternative 2 StGB vorausgesetzte qualifizierte Zwangslage versetzt, und es fehlt an einem vollendeten Verwenden des Drohmittels (siehe nur BGH, 2 StR 200/17, 3 StR 102/08, 3 StR 556/09, 3 StR 316/11 oder 3 StR 157/16).

Die Frage ist im Ergebnis dann regelmäßig, wann eigentlich ein Verwenden vorliegt, etwa wenn die Waffe oder gefährliche Gegenstand gerade nicht unmittelbar wahrnehmbar waren.


Mittelbare Wahrnehmung ist ausreichend

Der Annahme vollendeten Verwendens steht es nicht entgegen, wenn Waffe oder gefährliches Werkzeug nicht direkt erkannt werden konnten. Jegliche Wahrnehmung durch das Opfer – wie eine akustische – kann ausreichend sein,. denn das optische Vorzeigen ist nur eine von mehreren Möglichkeiten des Täters, das Opfer auf sein gefährliches Werkzeug aufmerksam zu machen und es damit zu bedrohen. Auf welche Weise oder durch welchen Körpersinn er seinem Gegenüber die Bewaffnung vermittelt, ist für die Herbeiführung der qualifizierten Zwangslage im Sinne des § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB für den BGH ausdrücklich nicht entscheidend.

Keine Beschränkung auf optische Wahrnehmung

Der Wortlaut der Norm sieht bereits keine Einschränkung auf Fälle, in denen das Opfer das Tatwerkzeug visuell wahrnimmt, vor. „Verwenden“ bedeutet nichts anderes als „sich bedienen/sich zu Nutze machen“; es bezeichnet eine Mittel-Zweck-Relation, aber keine konkrete Art und Weise der Benutzung. Daher entschied der BGH bereits:

  • Dass das verdeckte Tragen eines gefährlichen Gegenstands für ein Verwenden ausreicht, wenn der so Bedrohte die durch das Tatmittel bedingte Ausbeulung unter dem Hemd des Täters registriert und ihn zu Recht für bewaffnet hält, obgleich der gefährliche Gegenstand selbst für ihn nicht sichtbar ist (BGH, 1 StR 270/98 + 3 StR 102/08).
  • Ebenso genügt der rein taktile Kontakt, beispielsweise der in den Rücken des Opfers gedrückte Schraubendreher, für ein Verwenden, wenn der Beraubte das Tatwerkzeug spürt und die ausgesprochene oder konkludente Drohung mit dem Einsatz desselben realisiert (BGH, 3 StR 556/09). In diesem Fall ist es sogar unschädlich, wenn das Opfer den verwendeten Gegenstand nicht identifizieren kann, solange es ihn zu Recht für gefährlich hält (BGH, 2 StR 200/17).

Akustische Wahrnehmung reicht aus

Für die akustische Wahrnehmung des gefährlichen Werkzeugs durch das Tatopfer gilt für den BGH nichts anderes. Unmittelbar mit den genannten vergleichbar sind aus seiner Sicht insoweit Fallkonstellationen, in denen der Täter mit der Waffe oder dem gefährlichen Werkzeug selbst ein (Warn-)Geräusch produziert:

Der Warnschuss, das Durchladen einer Pistole oder eine knallende Peitsche vermitteln dem Opfer die vom Tatwerkzeug ausgehende Gefahr auch dann, wenn ihm der Blick auf die Waffe oder den Gegenstand verwehrt ist, sei es aufgrund der Lichtverhältnisse, der räumlichen Gegebenheiten oder einer Sehbehinderung.

Will der Täter in einer solchen Situation hingegen ein Werkzeug wie ein einsetzen, kann er verbal auf seine Bewaffnung aufmerksam machen, um die raubspezifische besondere Zwangslage beim Opfer zu bewirken. Gelingt ihm dies und der Bedrohte nimmt – wie hier – zutreffend an, dass der Täter tatsächlich über den gefährlichen Gegenstand verfügt und hiervon eine gegenwärtige Gefahr für Leib und Leben ausgeht, verwendet der Täter seine Bewaffnung als Drohmittel. Die finale Verknüpfung zwischen der mittels gefährlichen Werkzeugs und der Beuteerlangung oder -sicherung liegt dann in gleichem Maße vor wie bei einem für das Opfer sichtbar eingesetzten Tatmittel.

BGH, 3 StR 5/20
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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