Europarechtliche Vorgaben können einer Strafbarkeit wegen Verstosses gegen eine nationale Norm entgegen stehen. Dies sollte aber nicht vorschnell angenommen werden.
Grenzüberschreitender Sachverhalt
Wenn schon kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt, so dass Unionsrecht nicht zur Anwendung kommt, stellt sich die Frage gar nicht erst, sofern nur europäische Grundrechte (wie die freie Niederlassung und die Dienstleistungsfreiheit für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates) betroffen sind. Hier ergibt sich bereits aus dem Wortlaut der Vorschriften, dass rein innerstaatliche Sachverhalte vom Schutzbereich grundsätzlich nicht erfasst werden. Der Gewährleistungsgehalt der Grundfreiheiten der Dienstleistungs- oder Niederlassungsfreiheit nach Art. 49, 56 AEUV ist vielmehr nur dann eröffnet, wenn ein grenzüberschreiten- der Sachverhalt vorliegt. In dieser Frage haben die nationalen Gerichte einen weiten Beurteilungsspielraum und rein hypothetische Berührungspunkte reichen nicht aus (BGH, 3 StR 327/19)
Vorrang europäischen Rechts
Im Übrigen darf nach dem Grundsatz des Vorrangs des Unionsrechts ein Mitgliedstaat keine strafrechtliche Sanktion für ein Verhalten verhängen, mit dem der Betroffene verwaltungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt hat, die ihrerseits gegen das Unionsrecht verstoßen. Insbesondere die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheiten stehen einer Bestrafung dann vielmehr entgegen.
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