Eine sehr wichtige Entscheidung – wenn auch inhaltlich nicht so neu – hat der Bundesgerichtshof bei der Strafzumessung im BTM-Strafrecht getroffen. Es geht um die Frage, ob im Rahmen der Qualifikationen der §29ff. BtMG im Falle eines minder schweren Falls das Grunddelikt mit seiner Mindeststrafe eine Sperrwirkung entfalten kann – was der Fall ist. Allerdings sind reine Strafzumessungsregeln wie die besonders schweren Fälle des §29 BtMG nicht als solche Sperre zu verstehen.
Dazu auch bei uns: Minder schwerer Fall und gesetzlicher vertypter Milderungsgrund
Aus der Entscheidung des BGH:
§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG enthält eine Qualifikation zu § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG, der wiederum eine Qualifikation gegenüber dem Grundtatbestand des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln im Sinne des § 29 Abs. 1 BtMG darstellt. Der Grundtatbestand des § 29 Abs. 1 BtMG einschließlich der in § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG enthaltenen Strafzumessungsregel tritt hinter die in §§ 29a, 30a BtMG enthaltenen Verbrechenstatbestände im Wege der Geset- zeskonkurrenz zurück (…).
Nimmt das Tatgericht einen minder schweren Fall des bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln gemäß § 30a Abs. 3 BtMG an, so hat es in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob der im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängte Straftatbestand des § 29a Abs. 1 BtMG eine Sperrwirkung hinsicht- lich seiner Mindeststrafe entfaltet, oder ob auch insoweit ein minder schwerer Fall anzunehmen wäre (…).
Bejaht das Tatgericht (auch) einen minder schweren Fall im Sinne des § 29a Abs. 2 BtMG, so entfällt die Sperrwirkung des im Wege der Gesetzeskonkurrenz verdrängten Straftatbestands mit der Folge, dass es bei dem gesetzlichen Strafrahmen des minder schweren Falles im Sinne des § 30a Abs. 3 sein Bewenden hat. Entgegen der Auffassung des Landgerichts ist dem Grundtatbestand des § 29 BtMG einschließlich des darin für besonders schwere Fälle eröffneten Sonderstrafrahmens des § 29 Abs. 3 BtMG keine Sperrwirkung in diesem Sinne beizumessen (…). Der Grundtatbestand des § 29 Abs. 1 BtMG enthält keine erhöhte Mindeststrafe, die Sperrwirkung entfalten könnte. Dies gilt trotz des für besonders schwere Fälle eröffneten Strafrahmens des § 29 Abs. 3 BtMG, da es sich insoweit um eine Strafzumessungsregel handelt, deren Anwendung einen richterlichen Wertungsakt voraussetzt.
Zur Vermeidung wertungswidriger Ergebnisse (…) bedarf es der Annahme einer Sperrwirkung nicht (…). Vielmehr kann die Erfüllung des Regelbeispiels der Gewerbsmäßigkeit im Sinne des § 29 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BtMG im Rahmen der Strafzumessung innerhalb des Qualifikationstatbestands angemessen berücksichtigt werden (…).
BGH, 4 StR 474/19
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