Anlagebetrug: Call-Center stillgelegt

Der mit dem Verkauf von Kryptowährungen ist ein Millionengeschäft – und viele kennen inzwischen die Anrufe, bei denen ein Fremder am Telefon ist und versucht, einem entweder schmackhaft zu machen, seine Zahlungsdaten herauszugeben – oder versucht einem beharrlich einzureden, man hätte sich längst registriert und müsse nun noch ein paar Daten bestätigen.

Eurojust berichtet nun, dass man in einem „beispiellosen“ Vorgehen einen massiven Schlag führen konnte: Es soll um Hunderttausende von Anlegern gehen, die durch den Betrug geschädigt wurden, wobei der entstandene Schaden auf 50 Millionen Euro pro Quartal geschätzt wird. Man fing wohl im Jahr 2016 an, seit 2018 wurde ermittelt:

Auf Ersuchen der spanischen, deutschen und finnischen Behörden haben Eurojust und Europol eine Aktion gegen einen massiven Anlagebetrug unter Verwendung von Kryptowährungen unterstützt. Die Zahl der Opfer dieses großen Online-Betrugs wird auf mehrere hunderttausend geschätzt. Bei Einsätzen am 8. und 9. November in Albanien, Bulgarien, Georgien, Nordmazedonien und der Ukraine wurden 15 Callcenter durchsucht und 5 Verdächtige verhaftet.

Die Verdächtigen gehören mutmaßlich zu einer organisierten Verbrechergruppe (OCG), die an einem Anlagebetrug mit Kryptowährungen beteiligt sein soll. Das kriminelle Netzwerk nutzte Dutzende von Callcentern in mehreren Ländern und Hunderte von Online-Plattformen, um den Betrug zu begehen.

Die Verdächtigen gaben sich als Makler aus, die den Anlegern helfen sollten, mit kleinen Investitionen große Geldbeträge zu verdienen. In Wirklichkeit täuschte die OCG die Opfer, indem sie sich ihr Vertrauen sowohl online als auch über professionell eingerichtete Callcenter oder andere Formen des so genannten Social Engineering erschlichen. Auf diese Weise wurden die Opfer ermutigt, über von der kriminellen Organisation kontrollierte Webplattformen zu investieren, was dazu führte, dass sie große Geldsummen verloren.

Das Vorgehen ist in der Tat beispiellos, aber nicht der erste Fahndungserfolg – ich weiß aus anderen meiner Verfahren, wie (selbst-)sicher sich die Betreiber bzw. Anrufer in den Call-Centern fühlen und auch am Telefon aufführen. Tatsächlich aber ist man keineswegs abgesichert, nur weil man sich hinter Grenzen „versteckt“; das vorliegende Verfahren zeigt auf, wie massiv man sich heute koordinieren kann; ich selber habe schon erlebt, dass selbst in der Türkei Call-Center letztlich hochgenommen wurde – zuletzt wurde ein Call-Center in Indien unter Vermittlung von still gelegt.

Scam und Betrug mit Call-Centern: Strafverteidiger Ferner zu Ermittlungen

Man muss ein ziemlicher Idiot sein, um in der heutigen Zeit zu glauben, dass man dauerhaft mit Call-Centern betrügen kann, ohne ermittelt zu werden – nur weil man sich hinter einer Grenze zu verstecken versucht. Im schlimmsten Fall sitzt man dann über Monate in und kann nur hoffen, das gesundheitlich in brauchbarem Zustand durchzustehen.

Wie kritisch das moderne Strafprozessrecht ist, zeigen dabei aktuelle Beispiele – es droht eben nicht nur die Haft und ein Verfahren, sondern durch zunehmend weltweit (und mindestens europaweit) harmonisierte Regeln der sind sämtliche vorhandenen Werte weg. Ein aktuelles Beispiel bei Interpol zeigt, wo das hingehen kann – man hat kürzlich fast 130 Millionen Euro festgesetzt im Zuge von Ermittlungen gegen „Cyber-Financial-Crime“.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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