Handyverbot: In die Hand nehmen des Mobiltelefons beim Autofahren

Beim (1 RBs 284/14) ging es um die Frage, ob ein angezeigt ist, wenn der Autofahrer sein Handy in die Hand nimmt, um es – ohne selber abzuheben – an den Beifahrer weiterzugeben.

Telefonverbot im Auto

Das Gericht kam zu dem Ergebnis, dass dies gerade nicht ausreichend ist. So führt es erst einmal zur gesetzlichen Grundlage aus:

Gemäß § 23 Abs. 1a StVO ist dem Fahrzeugführer die Benutzung eines Mobiltelefons untersagt, wenn er hierfür das Gerät aufnimmt oder hält. Verboten ist danach das Telefonieren während der Fahrt einschließlich „Vor- und Nachbereitungshandlungen“ (so die Formulierung bei Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage 2013, § 23 StVO Rz. 30). Die Verordnungsbegründung verweist insoweit auf „sämtliche Bedienfunktionen wie das Anwählen, (…).“ (BR-Drs.599/00, 18). Erforderlich ist nach dem Wortlaut der Bestimmung und dem Willen des Verordnungsgebers somit stets, dass die vorgenommene Handlung einen Bezug zur Funktionalität des Geräts aufweist.

Wann liegt eine Benutzung des Handys vor

Sodann führt das Gericht Beispielfälle aus, die diesem verbot unterfallen:

  • das Aufnehmen des Mobiltelefons, Ablesen der Nummer und anschließendes Ausschalten des Geräts (SenE v. 01.09.2009 – 81 Ss OWi 82/09 -);
  • das „Wegdrücken“ eines eingehenden Anrufs (Senat DAR 2012, 220 = NZV 2012, 450 = NStZ-RR 2012, 219);
  • das Aufnehmen des Mobiltelefons, um ein eingehendes Gespräch entgegenzunehmen, auch wenn die Verbindung letztlich nicht zustande kommt (OLG Hamm BeckRS 2006 01391);
  • das Abhören eines Signaltons, um dadurch zu kontrollieren, ob das Handy ausgeschaltet ist (OLG Hamm NZV 2008, 49 = BeckRS 2008 08267; s. a. AG Lüdinghausen NZV 2014, 332 = VRS 126, 119; vgl. jüngst zusammenfassend Hufnagel NJW 2014, 3265).

Keine Benutzung beim reinen Anfassen

Bei der Auslegung von Gesetzen ist daran zu denken, dass die Auslegung dort endet, wo der mögliche Wortsinn überschritten wird. So kann dann das reine „bewegen“ des Handy auch keine Benutzung mehr darstellen, wie das OLG zu Recht ausführt:

Vom möglichen Wortsinn des Terminus „Benutzen“ ist – was die obergerichtliche Rechtsprechung gleichfalls anerkennt – die bloße Ortsveränderung des Mobiltelefons nicht mehr gedeckt, weil eine solche Handlung keinen Bezug zur Funktionalität des Geräts aufweist. Es kann dann nicht mehr die Rede davon sein, dass es bestimmungsgemäß nutzbar gemacht wird. Daher erfüllt den Tatbestand nicht, wer das Mobiltelefon lediglich aufnimmt, um es andernorts wieder abzulegen (Senat NJW 2005, 3366 = NZV 2005, 547 = VRS 109, 287 = DAR 2005, 695; OLG Düsseldorf NZV 2007, 95; OLG Bamberg VM 2007 Nr. 62 sowie [nicht tragend] OLG Zweibrücken vom 27.01.2014 – 1 SsRs 1/14 – Juris).

Nicht aufs Display blicken

Doch Vorsicht: Es kann schnell auf Details ankommen. So etwa, wenn man zwar nur das Handy in die Hand nimmt, dabei aber schon irgendeine kommunikationsbezogene Aktivität ausführt. Denn wer etwa aufs Display sieht, der steht möglicherweise in der Vorstufe der Benutzung:

Hiervon ausgehend ließe sich im Streitfall zwar argumentieren, dass im Aufnehmen des Geräts nach Erklingen des Signaltons regelmäßig der erste Schritt zur Kommunikation zu erblicken ist und hierin ein Bezug zur Funktionalität des Mobiltelefons liegt. Indessen bereitet die Betroffene durch die Weitergabe des Mobiltelefons ohne vorheriges Ablesen des Displays keinen eigenen Kommunikationsvorgang in ihrer Eigenschaft als Fahrerin vor. Ihre Handlung hat daher hier gerade keinen Bezug zu einer von ihr in Anspruch genommenen Funktionalitäten des Mobiltelefons, sie macht sich keine der von dem Gerät angebotenen Funktionen „zu Nutze“ und bereitet dies – im Unterschied zu der der vom Amtsgericht herangezogenen Entscheidung des OLG Hamm vom 20.04.2007 (VRS 113, 317 = NZV 2007, 483; vgl. a. Senat NZV 2009, 304) zugrundeliegenden Sachgestaltung – auch nicht vor. Von den Fällen des „Wegdrückens“ eines eingehenden Anrufs oder des Ausschaltens des Geräts unterscheidet sich der hier vorliegende dadurch, dass der Betroffene dort gerade eine der Funktionsmöglichkeiten des Mobiltelefons nutzt. Entgegen der Auffassung des Amtsgerichts ist der hier zu entscheidende Fall daher in allen wesentliche Punkten demjenigen vergleichbar, in welchem der Fahrer das Mobiltelefon wegen von diesem ausgehender störender Geräusche verlegt. Der Fall ist letztlich nicht anders zu beurteilen als derjenige der Ortsveränderung eines beliebigen Gegenstands im Fahrzeug.

Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)

Rechtsanwalt Dieter Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht und Anwalt in der Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf. Spezialgebiete von RA DF: Verkehrsstrafrecht, Kapitalstrafsachen, Drogendelikte, Sexualstrafrecht und Arbeitsstrafrecht.

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