Mittäterschaft setzt mit dem Bundesgerichtshof immer zumindest einen gemeinsamen Tatentschluss voraus, der auch durchaus sukzessive entstehen kann und nicht einmal ausdrücklich besprochen sein muss – ein faktisches Zusammenwirken reicht durchaus aus. Die Annahme einer Mittäterschaft ist auch von hoher Relevanz, da bei lediglich Gehilfenschaft – also etwa einer Beihilfe – eine Strafmilderung vorzunehmen ist.
Dazu auch von mir: Die dogmatische Darstellung der Mittäterschaft und Annahme von Mittäterschaft bei teilweiser Verwirklichung von Tatbestandsmerkmalen sowie der Beitrag zur Beihilfe
Mittäterschaft
Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB ist, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Der Bundesgerichtshof drückt dies so aus:
Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst und auch keine Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt.
Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Die Frage, ob sich bei mehreren Tatbeteiligten das Handeln eines von ihnen als Mittäterschaft darstellt, ist vom Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände des Einzelfalls zu prüfen.
Dabei sind die maßgeblichen Kriterien der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betroffenen abhängen müssen (s. BGH, Beschlüsse vom 6. August 2019 – 3 StR 189/19, BGHR StGB § 25 Abs. 2 Mittäter 41 Rn. 4 f.; vom 12. August 2021, 3 StR 441/20, NJW 2021, 2896 Rn. 50).
BGH, 3 StR 255/21
Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; vielmehr kann ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt, genügen. Stets muss sich die objektiv aus einem wesentlichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen.
Ob Mittäterschaft oder Beihilfe anzunehmen ist, hat das Tatgericht aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen; maßgebliche Kriterien sind dabei der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft, sodass Durchführung und Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Tatbeteiligten abhängen.
Konsequenzen einer Mittäterschaft
Handlungen von Gehilfen, mit denen ein anderer Tatbeteiligter nach den Umständen des Falles rechnen muss, sind ihm auch dann zuzurechnen, wenn er sie sich nicht besonders vorgestellt hat. Ebenso ist er für jede von ihm gebilligte Art der Tatausführung verantwortlich, wenn ihm die Handlungsweise des Tatgenossen gleichgültig ist.
Gemeinsamer Tatentschluss bei Mittäterschaft
Bei der Mittäterschaft im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB gilt, dass diese einen gemeinsamen Tatentschluss voraussetzt, auf dessen Grundlage jeder Mittäter einen objektiven Tatbeitrag leisten muss. Bei der Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche Tatbestandsmerkmale verwirklicht, ist Mittäter, wer seinen eigenen Tatbeitrag so in die Tat einfügt, dass dieser als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen Tatanteils erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am Kerngeschehen selbst; ausreichen kann auch ein die Tatbestandsverwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs- oder Unterstützungshandlung beschränkt. Jedoch muss sich die betreffende Mitwirkung nicht nur als bloße Förderung fremden Tuns, sondern als Teil der Tätigkeit aller darstellen (BGH, 3 StR 266/17).
Stets muss sich diese Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich Beteiligenden als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob ein Beteiligter ein so enges Verhältnis zur Tat hat, hat der Tatrichter aufgrund einer wertenden Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen. Wesentliche Anhaltspunkte können dabei der Grad des eigenen Interesses am Taterfolg, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille zur Tatherrschaft sein, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (BGH, 2 StR 220/17 und 2 StR 463/19).
Vorsicht: Die bloße Kenntnis und Billigung einer Tat kann die fehlende Tatherrschaft nicht kompensieren (siehe nur BGH, StB 14/17 und 3 StR 266/17)
Vorsicht ist beim Thema Mittäterschaft geboten: Während der schlichte Gehilfe zwar auch mitbestraft wird, aber erheblich gemildert, erhält der Mittäter die volle Strafe. Dabei kann eine Mittäterschaft sogar noch vorliegen, wenn man nach Abschluss des Hauptgeschehens immer noch hinzutritt und der eigene Tatbeitrag – etwa bei der Beutesicherung – als „sukzessive Mittäterschaft“ gewertet wird. Hier hängen erhebliche Strafen in der Luft, die es abzuwehren gibt.
Jens Ferner
StrafverteidigerSukzessive Mittäterschaft
Bei einem mehraktigen Geschehen kann auch derjenige Täter sein, der nicht alle Tathandlungen selbst ausführt. Es genügt, wenn er auf der Grundlage eines gemeinsamen Willens einen die Tatbestandsverwirklichung fördernden Beitrag leistet. Auch tatbezogene Qualifikationsmerkmale, die arbeitsteilig verwirklicht werden können, sind nach dem gemeinsamen Tatplan jedem Mittäter zuzurechnen.
Eine so genannte sukzessive Mittäterschaft, die sich auch auf die Verwirklichung von qualifizierenden Merkmalen beziehen kann, liegt vor, wenn in Kenntnis und mit Billigung des bisher Geschehenen – auch wenn dies von dem ursprünglichen gemeinsamen Tatplan abweicht – in eine bereits begonnene Ausführungshandlung als Mittäter eingetreten wird. Das Einverständnis bezieht sich dann auf die Gesamttat, mit der Folge, dass diese strafrechtlich zugerechnet wird. Nur für das, was vollständig abgeschlossen vorliegt, vermag das Einverständnis die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht zu begründen, selbst wenn die hinzutretende Person dessen Folgen kennt, billigt und ausnutzt (siehe dazu BGH, 2 StR 594/18).
Ein die Mittäterschaft begründender Eintritt kann vor der Vollendung der Tat erfolgen, etwa indem eine auf die Vollendung der geplanten Tat abzielende Handlung in Kenntnis des bisher Geschehenen vorgenommen oder fortgesetzt wird. Sie ist aber auch noch nach der strafrechtlichen Tatvollendung möglich, solange der zunächst allein Handelnde die Tat noch nicht beendet hat. Deshalb kann die Zurechnung einer vom ursprünglichen Tatplan nicht umfassten Erfüllung eines Qualifikationsmerkmals auch dann noch erfolgen, wenn der qualifizierende Umstand nach der Tatvollendung noch vorliegt und von dem Hinzutretenden in dessen Kenntnis und unter Ausnutzung des Erschwerungsgrundes noch auf die Sicherung des Taterfolges gerichtete Handlungen vorgenommen werden (BGH, 4 StR 14/20).
Der Bundesgerichtshof fasst den Tatplan bei der Mittäterschaft so zusammen:
Der gemeinsame Tatplan muss nicht ausdrücklich geschlossen sein, vielmehr genügt eine konkludente Übereinkunft; diese kann auch – in Erweiterung des ursprünglichen Tatplans – im Rahmen arbeitsteiliger Tatausführung getroffen werden (BGH, Urteile vom 1. Dezember 2011 – 5 StR 360/11, NStZ-RR 2012, 77, 78; vom 15. Januar 1991 – 5 StR 492/90, BGHSt 37, 289, 292; vom 9. März 1994 – 3 StR 711/93, NStZ 1994, 394; Beschluss vom 18. Mai 1995 – 5 StR 139/95, BGHSt 41, 149, 151). Bezugspunkt des Tatentschlusses bzw. des Tatplans ist gemäß § 25 Abs. 2 StGB jedoch stets die Straftat. Ein mittäterschaftlich begangenes Tötungsdelikt setzt daher voraus, dass der gemeinsame Tatentschluss auf die Tötung eines Menschen durch arbeitsteiliges Zusammenwirken gerichtet ist. Für die Annahme eines mittäterschaftlich begangenen Tötungsdelikts reicht es deshalb nicht aus, dass sich die Täter lediglich zu einem gemeinsamen Unternehmen entschließen, durch das ein Mensch zu Tode kommt.
BGH, 4 StR 399/17
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