Virtuelle Automatensteuer vor dem BFH: Keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit

Die Besteuerung des Online-Glücksspiels bleibt ein juristisches Streitthema. Insbesondere die seit 2021 geltende Virtuelle Automatensteuer, geregelt in §§ 36 ff. des Rennwett- und Lotteriegesetzes (RennwLottG), hat in der Branche für erhebliche Diskussionen gesorgt. Kritiker bemängeln, dass die Steuer Online-Glücksspielanbieter gegenüber Betreibern terrestrischer Spielhallen benachteilige und möglicherweise gegen Verfassungs- und Unionsrecht verstoße.

In seinem Beschluss vom 29. Januar 2025 (Az. IX B 93/24) hat der Bundesfinanzhof (BFH) nun klargestellt, dass er keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieser Steuer sieht. Er wies die Beschwerde eines in der EU ansässigen Online-Glücksspielanbieters zurück, der sich gegen die Steuerfestsetzung zur Wehr setzte.

Hintergrund des Falls

Die Antragstellerin, ein in der EU ansässiges Unternehmen, betreibt Online-Glücksspiele und bietet virtuelle Automatenspiele in Deutschland an. Sie meldete für den Monat Juli 2021 eine Virtuelle Automatensteuer an, legte jedoch gleichzeitig Einspruch gegen die Besteuerung ein. Sie argumentierte, dass die Steuer nicht nach den gesamten Spieleinsätzen, sondern nur nach dem Bruttospielertrag berechnet werden dürfe.

Parallel beantragte sie die der Vollziehung (AdV), um die Zahlung der Steuer bis zur endgültigen Klärung auszusetzen. Dieser Antrag wurde sowohl vom Finanzamt als auch in erster Instanz vom Finanzgericht abgelehnt. Daraufhin legte sie Beschwerde beim BFH ein, der diese nun ebenfalls zurückgewiesen hat.

Rechtliche Analyse

1. Keine ernstlichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit

Der BFH bestätigte die Einschätzung des Finanzgerichts, dass keine schwerwiegenden Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Virtuellen Automatensteuer bestehen. Insbesondere sei die Steuer mit dem allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 (GG) vereinbar.

Zentral war dabei die Frage, ob die höhere Steuerlast für Online-Automatenspiele im Vergleich zu terrestrischen Spielhallen eine unzulässige Ungleichbehandlung darstelle. Der BFH verneinte dies und führte aus, dass virtuelle Automatenspiele aufgrund ihrer ständigen und ortsungebundenen Verfügbarkeit ein höheres Suchtrisiko bergen. Diese Unterschiede rechtfertigten eine abweichende steuerliche Behandlung.

Auch der Eingriff in die Berufsausübungsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) sei gerechtfertigt. Die Steuer in Höhe von 5,3 % auf die Einsätze diene legitimen Gemeinwohlzielen, insbesondere der Suchtprävention und der Lenkung des Glücksspielverhaltens. Sie sei verhältnismäßig und wirtschaftlich tragbar.

2. Kein strukturelles Vollzugsdefizit

Ein weiteres Argument der Antragstellerin war, dass die Virtuelle Automatensteuer aufgrund einer mangelnden Kontrolle illegaler Anbieter zu Wettbewerbsverzerrungen führe. Der BFH wies dieses Argument zurück und stellte klar, dass die Besteuerungssystematik ausreichende Mechanismen enthalte, um eine gleichmäßige Steuererhebung sicherzustellen.

Nach § 39 RennwLottG ist der Veranstalter des Spiels Steuerschuldner, unabhängig davon, ob er in Deutschland oder im Ausland ansässig ist. Zudem bestehen umfangreiche Aufzeichnungs- und Anzeigepflichten für Anbieter, die eine effektive Steuererhebung ermöglichen. Damit sei kein strukturelles Vollzugsdefizit erkennbar.

3. Kein Verstoß gegen Unionsrecht

Die Antragstellerin berief sich zudem auf das Unionsrecht und argumentierte, dass die Besteuerung gegen das Neutralitätsprinzip im Mehrwertsteuerrecht sowie gegen das Beihilfeverbot nach Art. 107 Abs. 1 AEUV verstoße.

Der BFH sah auch hier keine ernstlichen Zweifel. Das Steuerrecht unterscheide zwischen verschiedenen Glücksspielformen, was zulässig sei. Zudem falle die Virtuelle Automatensteuer nicht unter das Mehrwertsteuerrecht, da sie keine sei, sondern eine spezifische Glücksspielabgabe.

Auch ein Verstoß gegen das Beihilfeverbot sei nicht erkennbar. Eine steuerliche Differenzierung zwischen Online- und Offline- stelle keine unzulässige Subvention dar, sondern sei durch legitime ordnungspolitische Erwägungen begründet.

Bedeutung der Entscheidung

Mit diesem Beschluss festigt der BFH die Rechtslage zur Virtuellen Automatensteuer und bestätigt die steuerliche Sonderstellung von Online-Glücksspielen. Glücksspielanbieter müssen sich darauf einstellen, dass die Besteuerung ihrer Einsätze weiterhin Bestand haben wird und dass rechtliche Angriffe auf diese Steuer wenig Erfolgsaussichten haben.

Für den Staat bedeutet die Entscheidung eine Bestätigung seines fiskalischen und ordnungspolitischen Ansatzes. Die Besteuerung von Glücksspielen wird weiterhin als Mittel der Regulierung und Suchtprävention betrachtet, und das Steuerrecht wird als Instrument zur Marktlenkung anerkannt.

Für Verbraucher könnte sich diese Entscheidung langfristig auf die Spielbedingungen auswirken. Betreiber könnten versuchen, die Steuerlast durch Anpassungen der Auszahlungsquoten oder Gebühren weiterzugeben. Ob dies das Spielverhalten beeinflusst, bleibt abzuwarten.

Fazit

Der BFH hat mit seinem Beschluss klargestellt, dass die Virtuelle Automatensteuer verfassungs- und unionsrechtlich nicht zu beanstanden ist. Glücksspielanbieter haben damit kaum noch juristische Ansatzpunkte, um sich gegen diese Steuer zu wehren.

Die Entscheidung bestätigt die Linie des Gesetzgebers, Online-Glücksspiele strenger zu regulieren und steuerlich höher zu belasten. Für die Branche bedeutet dies eine klare Rechtslage – aber auch eine deutliche steuerliche Belastung, mit der sie dauerhaft rechnen muss.

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht mit Schwerpunkt Cybersecurity & Softwarerecht. Ich bin zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht und zur EU-Staatsanwaltschaft.Als Softwareentwickler bin ich in Python zertifiziert und habe IT-Handbücher geschrieben.

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Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf Starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht und anspruchsvolles IT-Recht inkl. IT-Sicherheitsrecht - ergänzt um Arbeitsrecht mit Fokus auf Managerhaftung.
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