Beim Oberlandesgericht Hamm, 7 U 18/22, finden sich einige Ausführungen zum vorgetäuschten bzw. gestellten Unfall. Hier wird davon ausgegangen, dass in einem Fall, in dem von einem manipulierten Unfall ausgegangen wird, eine Einwilligung in das Unfallgeschehen vorliegt, die einen Zahlungsanspruch ausschließen würde.
Die Beweislast für eine solche Einwilligung als Rechtfertigungsgrund trägt derjenige, der sich darauf beruft (regelmäßig die gegnerische Versicherung, vgl. BGH, VI ZR 164/18 und VI ZR 206/75); auch ein Anscheinsbeweis wird nur in Ausnahmefällen in Betracht kommen. Für den Nachweis der Einwilligung gilt das Beweismaß des § 286 ZPO. Hier gilt: Der Beweis der Unfallmanipulation ist regelmäßig bzw. grundsätzlich durch den Nachweis einer ungewöhnlichen Häufung typischer Umstände zu führen, die in ihrem Zusammenwirken vernünftigerweise nur den Schluss zulassen, dass der Geschädigte in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt hat. Eine mathematisch lückenlose Gewissheit ist insoweit nicht erforderlich. Es genügt vielmehr ein nach der Überzeugung des Tatrichters für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, d.h. ein für einen vernünftigen, die Lebensverhältnisse klar überschauenden Menschen so hoher Grad von Wahrscheinlichkeit, dass er Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie mathematisch lückenlos auszuschließen:
Die feststehenden Indizien müssen in lebensnaher Zusammenschau und praktisch vernünftiger Gewichtung den Schluss auf eine Einwilligung bzw. auf ein kollusives Zusammenwirken zulassen, das die Rechtswidrigkeit der angeblichen Rechtsgutverletzung ausschließt. Dabei darf aber keine schlichte Addition einzelner Indizien erfolgen; auch kommt es nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl und / oder ihrer äußeren Erscheinungsform immer gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden müssen; entscheidend ist die Werthaltigkeit der Beweisanzeichen in der Gesamtschau, nicht die isolierte Würdigung der einzelnen Umstände. Der Beweis einer Einwilligung und damit eines fingierten Unfalls ist daher geführt, wenn sich der „Unfall“ als letztes Glied einer Kette gleichförmiger Geschehnisse darstellt, ohne dass sich die festgestellten Gemeinsamkeiten noch durch Zufall erklären ließen. Das gilt auch dann, wenn in diesem Sinne geeignete Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden könnten. Nicht ausreichend ist jedoch die nur erhebliche Wahrscheinlichkeit einer Unfallmanipulation (vgl. hierzu OLG Hamm Urt. v. 1.8.2017 – 9 U 59/16, NJW-RR 2017, 1368 = juris Rn. 20 ff.; entsprechend Senat Urt. v. 12.03.2021 – 7 U 12/20, NJW-RR 2021, 1188 = juris Rn. 7 f.; vgl. BGH Urt. v. 1.10.2019 – VI ZR 164/18, r+s 2020, 47 Rn. 8).
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