Verbot von Reverse Engineering muss klar formuliert und vereinbart sein

Im Fall des Landgerichts Köln, 33 O 39/20, ging es um die Erlangung von Geschäftsgeheimnissen durch Reverse Engineering im biologischen Bereich (es ging um die Erlangung von Antikörpern). Die Entscheidung verdeutlicht die – immer wieder unterschätzte – Bedeutung nicht nur gut formulierter Verträge, sondern auch des konkreten Vertragsschlusses. Gerade in dieser Entscheidung wird deutlich, dass Unternehmen sehr genau darauf achten sollten, dass ihre eigentlich als Geschäftsgeheimnis schützenswerten Leistungen nicht ungewollt zum Freiwild werden – es gilt endlich aufzuwachen und das Thema Geschäftsgeheimnisse nicht mehr stiefmütterlich zu behandeln!

Das Landgericht ging davon aus, dass § 3 Abs. 1 Nr. 2 GeschGehG Reverse Engineering ausdrücklich erfasst. Es konnte nicht festgestellt werden, dass der Beklagten abweichend hiervon durch entsprechende Vereinbarungen ein Reverse Engineering untersagt wurde. Die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 Nr. 2 GeschGehG sind dabei nicht allzu komplex, wesentlicher Prüfungspunkt dürfte immer sein, ob ein rechtmäßiger Besitz an den erworbenen Gegenständen/Software (hier: Antikörper) vorgelegen hat und ob Beschränkungen vorgenommen wurden (§ 3 I Nr. 2 lit. b) GeschGehG). Hier gilt, dass dem rechtmäßigen Besitzer zwar Beschränkungen im Umgang mit dem ihm überlassenen Produkt oder Gegenstand auferlegt werden können. In der Regel wird es sich dabei um vertragliche Vereinbarungen handeln, die von den Parteien ausdrücklich getroffen werden. Es wurde jedoch nur pauschal vorgetragen, dass das Reverse Engineering durch Allgemeine Geschäftsbedingungen ausgeschlossen worden sei. Das Gericht bemängelte insoweit ausdrücklich, dass nicht hinreichend substantiiert zur Einbeziehung der AGB in die Verträge vorgetragen worden sei.

Aus Sicht des Landgerichts wäre eine solche vertragliche Beschränkung aber spätestens ab Juni 2018 erforderlich gewesen, da die Umsetzungsfrist der Richtlinie (EU) 2016/943 am 09.06.2018 abgelaufen war, so dass § 17 UWG a.F. ab diesem Zeitpunkt bis zum Inkrafttreten des GeschGehG richtlinienkonform u.a. dahingehend auszulegen war, dass die Erlangung eines Geschäftsgeheimnisses durch Reverse Engineering zulässig war. Diese Auffassung ist durchaus beachtlich, hier wird sich in vielen Geschäftsbeziehungen rächen, dass der Gesetzgeber dieses Thema viel zu lange verschlafen hat (und zu viele Unternehmen dieses wichtige Thema bis heute nicht ernst genommen haben).

Geschäftsgeheimnisse?

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Das Landgericht konnte klarstellen, dass ein etwaiger Hinweis an den Erwerber mit dem Text „For Research Use Only“ nicht ausreicht, um eine wirksame vertragliche Beschränkung anzunehmen. Denn pauschale und unqualifizierte Geheimhaltungsklauseln genügen insoweit nicht. Vielmehr muss die vertragliche Vereinbarung erkennen lassen, dass sie gerade die Informationsgewinnung durch Reverse Engineering verhindern will.

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Rechtsanwalt Jens Ferner ist Spezialist für Strafverteidigung (insbesondere bei Wirtschaftskriminalität wie Geldwäsche, Betrug bis zu Cybercrime) sowie für IT-Recht (Softwarerecht und KI, IT-Vertragsrecht und Compliance) mit zahlreichen Publikationen. Als Fachanwalt für Strafrecht und IT-Recht vertrete ich Mandanten in komplexen Zivil- und Strafverfahren, insbesondere bei streitigen Fragen im Softwarerecht, bei der Abwehr von strafrechtlichen Vorwürfen oder Ansprüchen in der Managerhaftung sowie bei der Einziehung von Vermögenswerten. Mein Fokus liegt auf der Schnittstelle zwischen technischem Verständnis und juristischer Strategie, um Sie in digitalen Fällen und wirtschaftlichen Strafsachen effektiv zu verteidigen und zu beraten.

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