Subventionsbetrug: Wann liegt Gestaltungsmissbrauch vor?

Subventionserhebliche Tatsache im Sinne des § 264 Abs. 8 Nr. 2 StGB aF ist das Nichtvorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs als Ausschlusstatbestand für eine Subventionsgewährung (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 – 1 StR 339/16, aaO, Rn. 80 und 88). Ein Gestaltungsmissbrauch ist nach § 4 Absatz 1 Satz 3 SubvG insbesondere dann anzunehmen, wenn die formalen Voraussetzungen für eine Subvention oder einen Subventionsvorteil in einer dem Subventionszweck widersprechenden Weise künstlich geschaffen werden. Für Subventionen nach dem Recht der Europäischen Union regelt Art. 4 Abs. 3 der Verordnung (EG, Euratom) Nr. 2988/95 diese Folgen für Umgehungshandlungen in gleicher Weise (BGH, 6 StR 237/21).

Die Annahme eines Gestaltungsmissbrauchs setzt – wie bei dem insoweit vergleichbaren § 42 AO – voraus, dass die gewählte Gestaltungsform keinen eigenständigen Sinngehalt hat und allein zu dem Zweck erfolgt, die Subventionsgewährung zu erreichen (vgl. BGH, Beschluss vom 9. November 2009 – 5 StR 136/09, Rn. 6). Ein solcher Fall kommt hier in Betracht, wenn die Gründung zweier Betreibergesellschaften und die damit einhergehende Aufspaltung in zwei Projekte ausschließlich zu dem Zweck erfolgte, die Notifizierungsvoraussetzungen des Art. 108 Abs. 3 AEUV i.V.m. Nr. 2. 1 des zum Zeitpunkt der Antragstellung geltenden Multisektoralen Regionalbeihilferahmens für große Investitionsvorhaben von 1998 (ABl. EG 1998 Nr. C 107 S. 7; im Folgenden: MSR 1998) und nach Art. 26 der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999 zu umgehen und die höchstmögliche Förderung zu erhalten (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 – 1 StR 339/16, aaO, Rn. 81, 96).

Voraussetzung für die Beurteilung mehrerer Vorhaben als ein einziges Investitionsvorhaben ist nach Ziff. 7.2 des MSR 1998 sowie nach Art. 26 der Verordnung (EG) Nr. 1260/1999, dass diese „eine Gesamtheit von wirtschaftlich nicht zu trennenden Arbeiten bilden, die eine genaue technische Funktion erfüllen und klar ausgewiesene Ziele verfolgen“. Nach Ziffer 4.3 der Leitlinien für staatliche Beihilfen mit regionaler Zielsetzung 2007-2013 (ABl. EU 2006 Nr. C 54 S. 13) gilt ein Vorhaben als Einzelinvestition, wenn die Erstinvestition innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren von einem oder mehreren Unternehmen getätigt wird und sich auf ein festes Wirtschaftsgut bezieht, das eine wirtschaftlich unteilbare Einheit bildet. Die wirtschaftliche Unteilbarkeit ist anhand der technischen, funktionalen und strategischen Zusammenhänge sowie der unmittelbaren räumlichen Nähe zu beurteilen, wobei die Eigentumsverhältnisse sowie der Umstand, ob das Vorhaben von einem oder mehreren Unternehmen durchgeführt wird, unerheblich sind (vgl. BGH, Urteil vom 25. Oktober 2017 – 1 StR 339/16, aaO, Rn. 100).

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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