Zahlungsverzug: Sperre von Mobilfunkanschlüssen erst ab 75 Euro!

Worum ging es?
Der BGH hat sich mit typischen AGB von Mobilfunkanbietern beschäftigt und geprüft, ob diese in der konkret verwendeten Form gültig waren. In den geprüften AGB ging es um drei Regelungen:

  1. Der Kunde soll laut AGB für die Kosten aufkommen, die durch unbefugte Nutzung durch Dritte entstanden sind
  2. Bei einem Verlust der SIM-Karte steht der Kunde für die Kosten ein, die bis zur Meldung des Verlustes auftreten
  3. Im Falle des Zahlungs-Verzugs (hier ab einer Höhe von 15,50 Euro) wird der Anschluss des Kunden auf dessen Kosten gesperrt

Wie entschied der ?
Mit den Regelungen 1 und 2 hatte der BGH kein Problem, da er sieht, dass es sich typischerweise bei Mobilfunkverträgen um relativ anonyme Leistungen handelt: Der Mobilfunkanbieter nimmt von der konkreten Person des die Mobilfunkdienstleistung Abrufenden keine Kenntnis. Er kann deshalb nicht beurteilen, ob das Abrufen der Mobilfunkdienstleistung mit Billigung des Kunden erfolgt. Insofern muss man sehen, dass die unbefugte Nutzung grundsätzlich im Risikobereich des Kunden liegt, ohne Prüfmöglichkeit des Anbieters. Dem wird durch die Regelung, dass man bei Verlust der SIM-Karte ab Meldung des Verlustes für Kosten nicht aufkommt, auch noch zusätzlich Rechnung.

Anders aber ist es mit Regelung drei, hier sieht der BGH ein unverhältnismässiges Vorgehen, da die offene Summe von 15,50 Euro eine Sperrung des Mobilfunkanschlusses nicht rechtfertigt. Der BGH zieht insofern die Regelung des §45k TKG heran, der bei Festnetzanschlüssen eine offene Summe von mindestens 75 Euro vorsieht. Mit dem BGH wird daher in Zukunft eine Sperre von Telefonanschlüssen, gleich ob Festnetz oder Mobilfunk, erst dann möglich sein, wenn mindestens 75 Euro als Rechnungsbetrag offen ist und der Kunde sich mit der Zahlung im Verzug befindet.
Die Zeiten, zu denen für kleinste Beträge der Mobilfunkanschluss nicht nur gesperrt wurde, sondern zudem auch gutes Geld für die Sperrungs gezahlt werden soll, sind nun vorbei – die 75 Euro Grenze ist eine vernünftige Wahrung der Verhältnismäßigkeit. Schon früher urteilte der BGH (III ZR 199/01), dass eine „Deaktivierungsgebühr“ bei Vertragsende ebenfalls nicht rechtmäßig ist.

BGH: III ZR 157/10 und III ZR 35/10

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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