Patentrecht: Keine rückwirkende Erteilung ausschließlicher Patentlizenz mit Wirkung gegenüber Dritten

Der (X ZR 103/19) sieht keine Möglichkeit, eine ausschließliche Patentlizenz mit Wirkung gegenüber Dritten unter bestimmten Umständen auch rückwirkend zu erteilen.

Eine solche Vereinbarung ist außerhalb der gesetzlich geregelten Tatbestände jedenfalls insoweit nicht möglich, als sie zur Folge hat, dass zugunsten eines Vertragspartners nachträglich Ansprüche gegen Dritte wegen bereits begangener Verletzungshandlungen entstehen.

Die Argumentation des BGH ist einfach: Ob und wem gegenüber ein Dritter wegen einer Patentverletzung haftet, muss bereits im Zeitpunkt der Verletzungshandlung feststehen. Dies schließe zwar nicht aus, dass der zu ersetzende Schaden erst im Laufe der Zeit in vollem Umfang entsteht oder dass der Verletzte seine Ersatzansprüche an einen Dritten abtritt. Eine grundsätzlich unzulässige Rückwirkung läge aber vor, wenn durch eine vertragliche Vereinbarung nachträglich zusätzliche Ansprüche zugunsten anderer Personen begründet würden. Dies gilt insbesondere für Vereinbarungen, durch die der Kreis der Ersatzberechtigten und damit der Umfang des zu ersetzenden Schadens nachträglich erweitert wird.

Da die rückwirkende Erteilung einer ausschließlichen solche Rechtsfolgen auslösen kann, ist hier Vorsicht geboten. Denn dem Inhaber einer ausschließlichen Lizenz stehen im Verletzungsfall eigene Ansprüche auf Unterlassung, Schadensersatz, Rückruf etc. zu. Die rückwirkende Erteilung einer solchen Lizenz hätte daher zur Folge, dass der Verletzer zum Ersatz von Schäden verpflichtet wäre, die ohne die Erteilung der Lizenz schon ihrer Natur nach nicht eingetreten wären. Eine Ausnahme kommt mit dem BGH nur insoweit in Betracht, als das Gesetz an bestimmte Tatbestände eine Rückwirkung knüpft:

Solche Wirkungen sehen im deutschen Recht insbesondere die Regelungen in § 177 Abs. 1 und § 184 Abs. 1 sowie § 185 Abs. 1 BGB vor.

Die darin vorgesehene Rückwirkung der Genehmigung eines ohne Vollmacht erfolgten Vertragsschlusses bzw. einer Verfügung eines Nichtberechtigten kann bei der vertraglichen Einräumung von Nutzungsrechten an einem Patent zwar ebenfalls dazu führen, dass zugunsten des Berechtigten aus einer bereits abgeschlossenen Verletzungshandlung nachträglich Ansprüche gegenüber Dritten entstehen. In diesen Konstellationen ist die potentielle Haftung aber schon angelegt, weil die Rückwirkung an Vorgänge anknüpft, die schon vor der Verletzungshandlung stattgefunden haben.

§ 177 Abs. 1 BGB und § 184 Abs. 1 BGB finden auch bei Verträgen über die Übertragung absoluter Rechte Anwendung (KG, Beschluss vom 30. Mai 2013 – 1 W 86/13, NJOZ 2013, 1928, 1929 zur Auflassung; Grüneberg/Ellenberger, BGB, 81. Aufl. 2022, § 184 Rn. 2; Staudinger/Schilken, BGB, Neubearb. 2019, Stand: 23. September 2021, § 177 Rn. 2; BeckOGK/Ulrici, Stand: 1. August 2021, § 177 BGB Rn. 53).

Für die Einräumung einer ausschließlichen Lizenz an einem Patent kann nichts anderes gelten. Hierbei ist unerheblich, ob die Einräumung einer solchen Lizenz als Verfügung zu qualifizieren ist. Ausschlaggebend ist, dass der ausschließliche Lizenznehmer eine vom Patentinhaber abgeleitete eigenständige Rechtsposition gegenüber Dritten erhält.

Bundesgerichtshof, X ZR 103/19
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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