Managerhaftung im Urheberrecht: OLG Köln zur Passivlegitimation bei YouTube-Videonutzung

Das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 28.02.2025 – 6 U 107/24) hatte über eine urheberrechtliche Streitigkeit im Zusammenhang mit der öffentlichen Zugänglichmachung eines Fernsehbeitrags – hier wohl auf der Plattform YouTube – zu entscheiden. Dabei ging es nicht nur um die Frage der Rechtsverletzung an sich, sondern insbesondere um die Passivlegitimation des in Anspruch genommenen Antragsgegners – ein Thema von hoher praktischer Relevanz, insbesondere für Geschäftsführer und mediennahe Unternehmer, die nicht selten für Handlungen „ihrer“ Unternehmen haftbar gemacht werden sollen.

Sachverhalt

Die Antragstellerin begehrte eine einstweilige Verfügung gegen den Antragsgegner wegen der öffentlichen Zugänglichmachung von Sequenzen eines Fernsehbeitrags auf der Plattform YouTube (im Urteil anonymisiert mit „W.“). Dabei handelte es sich um Ausschnitte einer Zeremonie des Pay-TV-Anbieters „R.“ im Umfang von 16 Sekunden (0:44–1:00 Min.). Diese Inhalte waren über einen YouTube-Kanal abrufbar, den die Antragstellerin dem Antragsgegner zurechnete. Sie argumentierte, entweder selbst Inhaberin der Nutzungsrechte zu sein oder jedenfalls im Wege gewillkürter Prozessstandschaft für die Rechteinhaberin zu handeln.

Das Landgericht Köln hatte den Antrag mangels ausreichender Glaubhaftmachung der Passivlegitimation des Antragsgegners zurückgewiesen. Dagegen wandte sich die Antragstellerin mit der Berufung und wiederholte dabei ihr Vorbringen, wonach der Antragsgegner den Video-Upload selbst vorgenommen habe oder jedenfalls verantwortlich sei.

Rechtliche Würdigung

1. Keine ausreichende Glaubhaftmachung der Passivlegitimation

Das OLG Köln bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und wies die Berufung zurück. Die entscheidende Frage war, ob der Antragsgegner für die konkrete Rechtsverletzung haftbar gemacht werden konnte. Diese Passivlegitimation verneinte der Senat mit bemerkenswerter Klarheit. Die Antragstellerin habe es nicht vermocht, darzulegen oder glaubhaft zu machen, dass der Antragsgegner selbst für den Upload verantwortlich sei oder als Täter, Teilnehmer oder Störer hafte.

2. Keine sekundäre Darlegungslast

Besonders deutlich wird das OLG in der Abgrenzung zu den sog. „Filesharing-Fällen“, in denen eine sekundäre Darlegungslast für Anschlussinhaber angenommen wird. Diese Konstellation sei hier nicht übertragbar. Der Antragsgegner sei kein Anschlussinhaber, sondern lediglich Gesellschafter bzw. Geschäftsführer der betroffenen Unternehmen. In einer solchen Situation könne nicht verlangt werden, „Ross und Reiter“ zu nennen. Auch eine etwaige Außendarstellung („sein Unternehmen“) begründe keine Durchgriffshaftung.

3. Keine Wirkung von Drittunterwerfungen

Eine strafbewehrte Unterlassungserklärung einer dritten Person (hier: der N.) gegenüber der Antragstellerin ändere ebenfalls nichts an der Wiederholungsgefahr gegenüber dem Antragsgegner. Eine solche „Drittunterwerfung“ beseitige keine Wiederholungsgefahr für andere mögliche Verletzer, weil keine Gesamtschuldnerschaft bestehe.

Fazit

Das OLG Köln stärkt mit seiner Entscheidung den Grundsatz der Individualverantwortung im Urheberrecht. Wer wegen einer Urheberrechtsverletzung in Anspruch genommen wird, muss hierfür individuell verantwortlich gemacht werden können. Weder gesellschaftsrechtliche Stellung noch öffentliche Darstellung reichen aus, um eine Passivlegitimation zu begründen. Die bloße Unternehmenszugehörigkeit zieht keine automatische Haftung nach sich. Die Entscheidung wirkt präzisierend und begrenzend auf die Störerhaftung – ein wichtiges Signal für rechtssichere Haftungszuschreibungen im digitalen Kontext.

Fachanwalt für Strafrecht & IT-Recht bei Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf
Rechtsanwalt Jens Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und widmet sich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht - mit Schwerpunkten in Cybercrime, Cybersecurity, Softwarerecht und Managerhaftung. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht sowie zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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Von Rechtsanwalt Jens Ferner

Rechtsanwalt Jens Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht sowie Fachanwalt für IT-Recht und widmet sich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht - mit Schwerpunkten in Cybercrime, Cybersecurity, Softwarerecht und Managerhaftung. Er ist zertifizierter Experte für Krisenkommunikation & Cybersecurity; zudem Autor sowohl in Fachzeitschriften als auch in einem renommierten StPO-Kommentar zum IT-Strafprozessrecht sowie zur EU-Staatsanwaltschaft. Als Softwareentwickler ist er in Python zertifiziert und hat IT-Handbücher geschrieben.

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