Bei einer Einziehung durch Dritte nach § 73b StGB muss sich der Einziehungsbeteiligte im Rahmen der Wiedereinsetzung nach dem allgemeinen Grundsatz des § 85 Abs. 2 ZPO ein Verschulden seines anwaltlichen Vertreters zurechnen lassen, so der Bundesgerichtshof (5 StR 145/23).
Hintergrund der Frage ist, dass es den Strafgerichten regelmäßig verwehrt ist, dem Angeklagten bei der Prüfung, ob ihn ein Verschulden an der Versäumung einer Frist nach § 44 Abs. 1 Satz 1 StPO trifft, Versäumnisse seines Verteidigers zuzurechnen. Diese Privilegierung kommt dem Beschuldigten allerdings nur insoweit zugute, als er sich mit einem Rechtsmittel gegen den Schuldspruch oder den Rechtsfolgenausspruch wendet, die besonders einschneidende Auswirkungen auf Ehre, Freiheit, Familie, Beruf und damit auf sein gesamtes Leben haben können. Bei anderen Rechtsbehelfen hat er dagegen auch für das Verschulden seines Vertreters einzustehen. Dies betrifft z.B. die sofortige Beschwerde gegen die Kosten- und Auslagenentscheidung nach § 464 Abs. 3 StPO, da diese nach ihrem Wesen und ihren Wirkungen Schuldtiteln über Geldforderungen vergleichbar ist, so dass § 85 Abs. 2 ZPO jedenfalls nach seinem allgemeinen Rechtsgedanken Anwendung findet.
Erst recht, so der BGH, geht ein Verschulden des Vertreters gegenüber anderen Verfahrensbeteiligten im Strafprozess, ebenfalls gestützt auf § 85 Abs. 2 ZPO, zu Lasten des Vertretenen. Dies gilt jedenfalls für Nebenkläger, Privatkläger und Antragsteller im Klageerzwingungsverfahren.
Auch für den Fall, dass ein Einziehungsbeteiligter einer Einziehung durch Dritte nach § 73b StGB unterliegt, ist § 85 Abs. 2 ZPO seinem Gedanken nach anwendbar. Die Ausdehnung dieses allgemeinen Grundsatzes entspricht mit dem BGH den gesetzgeberischen Zielen der Rechtssicherheit und einer möglichst einheitlichen Handhabung in den Verfahrensordnungen. Für eine Ausnahme, wie sie allein für den Beschuldigten gilt, der sich gegen eine Bestrafung wendet, besteht hingegen kein Anlass. Weder die fehlende Verweisung auf § 85 Abs. 2 ZPO noch der besondere Charakter der Einziehung von Taterträgen als Verfahrensgegenstand noch die gesetzliche Ausgestaltung der prozessualen Stellung des Einziehungsbeteiligten sprechen dafür.
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