OLG München stärkt Verbraucherrechte im Online-Abo: Mit Urteil vom 20. März 2025 (Az. 6 U 4336/23 e) hat das Oberlandesgericht München in einem Verbandsklageverfahren deutlich gemacht, welche Anforderungen an die Gestaltung des Kündigungsbuttons im elektronischen Geschäftsverkehr zu stellen sind. Die Entscheidung betrifft einen PAY-TV-Anbieter, dessen Online-Angebot Verbrauchern den Abschluss von Abonnements ermöglichte – deren Kündigung sich allerdings als unerwartet kompliziert erwies. Das Gericht setzte damit einen wichtigen Akzent im digitalen Verbraucherschutz und bekräftigte die Intention des Gesetzgebers, dass Kündigungen ebenso einfach möglich sein müssen wie Vertragsschlüsse.
Sachverhalt und rechtlicher Kontext
Auf der Webseite des beklagten Unternehmens war ein Kündigungsbutton zwar vorhanden, jedoch nicht ohne weiteres sichtbar. Nutzer mussten zunächst auf eine Schaltfläche mit der Aufschrift „Weitere Links einblenden“ klicken, um in einem langen Verzeichnis von insgesamt 58 Links ganz am Ende – zwischen Impressum, Datenschutz und AGB – den Button „Kündigen“ zu entdecken. Diese Gestaltung hielt der Kläger, ein anerkannter Verbraucherschutzverband, für nicht vereinbar mit § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB, der eine ständige, unmittelbare und leicht zugängliche Kündigungsschaltfläche verlangt.
Das Gericht gab dem Kläger im Wesentlichen recht. Zwar verwarf es den Vorwurf, der Button sei schlecht lesbar – die Schriftgröße und Farbwahl seien aus technischer Sicht vertretbar. Doch hinsichtlich der Zugänglichkeit der Schaltfläche bestätigte das OLG München einen klaren Verstoß gegen das Gesetz. Maßgeblich sei, dass ein durchschnittlich informierter, verständiger Verbraucher den Kündigungsbutton ohne langes Suchen finden kann. Eine versteckte Platzierung hinter einer allgemein gehaltenen Schaltfläche wie „Weitere Links einblenden“, verbunden mit einer unübersichtlichen Linkfülle, sei unvereinbar mit dem Schutzzweck des § 312k BGB.
Das Gericht betonte, dass die gesetzliche Regelung gezielt auf Hürden bei der Kündigung reagiert, wie sie gerade im Online-Abo-Bereich in der Vergangenheit häufig aufgetreten seien. Der Gesetzgeber habe mit der Einführung des Kündigungsbuttons ausdrücklich das Ziel verfolgt, asymmetrische Zugänge zu Vertragsschluss und Vertragsbeendigung zu beseitigen. Eine Benutzerführung, die gezielt auf Intransparenz setzt, konterkariere dieses Ziel und stelle eine unlautere Geschäftspraktik dar. Es sei nicht erforderlich, dass Button und Abschlussfunktion gestalterisch identisch seien, aber die Kündigung müsse ebenso intuitiv erreichbar sein wie der Vertragsschluss.
Das Urteil hat zudem auch prozessuale Bedeutung: Die Abmahnung durch den Verbraucherverband war teilweise erfolgreich, was die Beklagte zur Erstattung der anteiligen Abmahnkosten verpflichtete. Die Möglichkeit der Revision wurde nicht eröffnet, da das Gericht keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache erkannte. Es handelte sich um die Anwendung gesicherter rechtlicher Maßstäbe auf eine typische Fallkonstellation.
Ergebnis
Die Entscheidung des OLG München ist ein deutlicher Fingerzeig an alle Betreiber digitaler Abonnementmodelle: Wer Verbrauchern Verträge online anbietet, muss ebenso transparente und zugängliche Kündigungsmöglichkeiten schaffen. Es genügt nicht, gesetzliche Anforderungen formal zu erfüllen – die tatsächliche Nutzerführung muss sich am Maßstab der unmittelbaren Erkennbarkeit und einfachen Handhabung messen lassen. Das Urteil stärkt die Rechte der Verbraucher im digitalen Raum und konkretisiert die Reichweite des § 312k BGB im praktischen Alltag des E-Commerce. Die zentrale Aussage lautet: Versteckspiel mit dem Kündigungsbutton ist unzulässig – und rechtlich riskant.
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