Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 5. Dezember 2024 (Az.: 6 U 4/24) eine Entscheidung getroffen, die für alle Unternehmen mit digitalen Abo-Modellen von hoher Relevanz ist.
Die Richter stellten klar, dass ein Kündigungsbutton im Online-Geschäftsverkehr sofort sichtbar und ohne vorherige Dateneingabe nutzbar sein muss. Hintergrund war eine Klage gegen eine Wirtschaftsauskunftei, die auf ihrer Website die Kündigung von Abonnements erst nach Eingabe persönlicher Daten ermöglichte. Das Gericht wertete dies als Verstoß gegen § 312k BGB und bestätigte den Unterlassungsanspruch eines Verbraucherschutzverbands.
Sachverhalt
Die Beklagte betreibt eine Internetseite, über die Verbraucher verschiedene kostenpflichtige Abonnements für Bonitätsauskünfte abschließen können. Zwar hielt das Unternehmen auf seiner Website eine Schaltfläche mit der Bezeichnung „Vertrag kündigen“ vor, doch führte diese lediglich zu einer weiteren Seite, auf der der eigentliche Kündigungsbutton erst nach Eingabe mehrerer persönlicher Daten sichtbar wurde. Zudem bot das System keine Möglichkeit, die Kündigungserklärung unmittelbar auf einem dauerhaften Datenträger zu speichern.
Ein Verbraucherschutzverband sah darin einen Verstoß gegen die gesetzliche Verpflichtung zur Bereitstellung einer jederzeit zugänglichen Kündigungsschaltfläche gemäß § 312k BGB. Er mahnte das Unternehmen ab, doch dieses weigerte sich, die Gestaltung seiner Kündigungsprozesse zu ändern. Daraufhin wurde Klage eingereicht.
Entscheidung des OLG Frankfurt
Das Oberlandesgericht Frankfurt folgte der Argumentation des Klägers und entschied, dass die Gestaltung des Kündigungsprozesses nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Insbesondere hob das Gericht hervor, dass die Kündigungsschaltfläche „ständig verfügbar sowie unmittelbar und leicht zugänglich“ sein müsse. Diese Anforderungen seien nicht erfüllt, wenn die Bestätigungsschaltfläche erst nach Eingabe persönlicher Daten erscheine.
Die Richter betonten, dass Verbraucher nicht erst in eine Eingabemaske gezwungen werden dürfen, bevor sie überhaupt erkennen können, dass eine Kündigung möglich ist. Die Gestaltung der Website könne Verbraucher abschrecken oder sie zumindest in dem Glauben lassen, dass eine Kündigung gar nicht vorgesehen sei.
Zudem stellte das Gericht klar, dass die Beklagte auch gegen § 312k Abs. 3 BGB verstoßen habe, da sie keine ausreichende Möglichkeit bot, die Kündigungserklärung auf einem dauerhaften Datenträger zu speichern. Eine Bestätigungs-E-Mail allein reiche nicht aus. Verbraucher müssten die Kündigung bereits zum Zeitpunkt der Abgabe in einer speicherbaren Form dokumentieren können.
Rechtliche Würdigung
Das Urteil des OLG Frankfurt stärkt die Rechte von Verbrauchern und unterstreicht die Intention des Gesetzgebers, Kündigungsprozesse genauso einfach zu gestalten wie Vertragsabschlüsse. Die Vorschrift des § 312k BGB ist das digitale Gegenstück zum „Bestellbutton“ und soll verhindern, dass Unternehmen ihre Kunden durch versteckte oder umständliche Prozesse an langfristige Verträge binden.
Das Gericht wies zudem das Argument der Beklagten zurück, wonach § 312k BGB wegen der Vollharmonisierung durch EU-Recht nicht anwendbar sei. Die europäischen Verbraucherschutzrichtlinien regeln zwar zahlreiche Aspekte des Vertragsrechts, lassen aber den Mitgliedstaaten Spielraum bei der Ausgestaltung von Kündigungsmodalitäten.
Die Entscheidung reiht sich in eine zunehmende Anzahl von Urteilen ein, die die Transparenz und Fairness im Online-Handel verbessern sollen. Sie macht deutlich, dass Unternehmen ihre Kündigungsprozesse kritisch überprüfen und an die gesetzlichen Vorgaben anpassen müssen, um teure Abmahnungen und Unterlassungsklagen zu vermeiden.
Fazit
Mit diesem Urteil setzt das OLG Frankfurt ein klares Zeichen für verbraucherfreundliche Vertragsbedingungen im digitalen Geschäftsverkehr. Wer Abonnements online anbietet, muss seinen Kunden eine ebenso einfache Kündigung ermöglichen – ohne versteckte Hürden oder überflüssige Eingabeanforderungen. Die Entscheidung dürfte vor allem für Plattformen mit Abo-Modellen eine weitreichende Signalwirkung haben.
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