Rund um die Kosten des Sachverständigen gibt es immer wieder Streit. Das Amtsgericht Aachen (115 C 395/15) konnte sich in diesem Themenkomplex einmal zur grundsätzlichen Frage der Erstattung von Sachverständigen-Kosten nach einem Verkehrsunfall äußern, dann aber auch zur Erstattung eines Ergänzungsgutachtens. Hier führt das Amtsgericht zum einen die gefestigte Rechtsprechung des BGH an, gibt aber auch insgesamt einen guten Überblick:
Dabei darf ein Geschädigter nach der oben angesprochenen subjektbezogenen Schadensbetrachtung grundsätzlich darauf vertrauen, dass die in dem von ihm eingeholten Sachverständigengutachten kalkulierten Arbeitsschritte und das hierfür benötigten Material zur Schadensbeseitigung erforderlich sind und darf demgemäß – wie hier – einer Werkstatt den Auftrag erteilen, gemäß Gutachten zu reparieren. Das entsprechende Werkstatt- und Prognoserisiko trägt der Schädiger, falls dem Geschädigten nicht ausnahmsweise hinsichtlich der gewählten Fachwerkstatt ein Auswahlverschulden trifft (BGH, NJW, 302, 304; AG Düsseldorf, Urt. vom 21.11.2014- 37 C 11789/11). Die Werkstatt handelt nicht als Erfüllungsgehilfe des Geschädigten gemäß § 278 BGB, vielmehr vollzieht sich die Reparatur auch im Rahmen des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB in der Verantwortungssphäre des Schädigers. Insbesondere ist kein vernünftiger Grund ersichtlich, das Werkstattrisiko insoweit abweichend von der im Falle des § 249 Abs. 1 BGB geltenden Risikoverteilung zulasten des Schädigers hier dem Geschädigten aufzuerlegen. Auch bei Reparatur in Eigenregie träfe den Schädiger das Werkstattrisiko (…)
Hinsichtlich der Kosten für die Einholung eines Ergänzungsgutachtens nach einem Verkehrsunfall bringt es das Amtsgericht Aachen gut auf den Punkt, wenn es klar macht, dass bei brauchbarem In-Abrede-Stellen von Schadenpositionen durch die Versicherung ein entsprechendes Ergänzungsgutachten bereits angezeigt ist:
Ob die Kosten für die Einholung eines Ergänzungsgutachtens im Kfz-Schadensfall zu dem ersatzfähigen Schaden zählen, beurteilt sich nach den Grundsätzen zur Erstattungsfähigkeit von Sachverständigenkosten. Danach sind die Kosten für die Einholung eines Ergänzungsgutachtens ersatzfähig, soweit die Begutachtung zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches oder zur tatsächlichen Durchführung der Wiederherstellung erforderlich und zweckmäßig sind (Palandt/Grüneberg, BGB, 75 Aufl., § 249 Rn. 58 f.). Ein solcher Fall liegt hier vor. Die zusätzliche gutachterliche Stellungnahme zur Bemessung und Ermittlung der Kosten für die Position „Beilackieren“ sowie zur Deckungsgleichheit von Kalkulation und Rechnung war zur Geltendmachung des Schadensersatzanspruches erforderlich und zweckmäßig, denn die Beklagte hat außergerichtlich insbesondere die Ersatzfähigkeit der Position Beilackieren sowie die Angemessenheit der zugrunde gelegten Stundensätze abgelehnt. Insofern war eine weitere gutachtliche Stellungnahme – welcher als qualifizierter Parteivortrag zu bewerten ist – in der vorgerichtlichen Auseinandersetzung mit der Beklagten zu einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und Rechtsdurchsetzung angemessen.
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