Schufa-Scoring: AG Köln entscheidet zum Umfang des Auskunftsrechts nach Art. 15 DSGVO

In einem interessanten Urteil vom 31. Mai 2023 (Az. 149 C 92/22) befasste sich das Amtsgericht Köln mit der Tragweite des Auskunftsrechts nach Art. 15 der -Grundverordnung (). Der Kern der Entscheidung betrifft die Frage, inwiefern Datenverarbeitende zur Offenlegung ihrer Methoden verpflichtet sind. Das Amtsgericht beruft sich dabei auf frühere Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. Beachten Sie dazu auch die aktuelle EUGH-Entscheidung!

Der Fall

Im vorliegenden Fall forderte der Kläger von einem Unternehmen, das Bonitätsscore-Werte berechnet, umfangreiche Auskünfte über die Berechnung dieser Werte. Der Kläger begehrte insbesondere die Offenlegung der tatsächlichen Ereignisse, die den Schwankungen seines Basisscores zugrunde lagen, sowie Informationen über die dabei herangezogenen Vergleichskriterien.

Entscheidung des AG Köln zu Art. 15 DSGVO

Das Gericht lehnte den ab, da die begehrten Informationen als des Unternehmens anzusehen sind. Dabei betonte das AG Köln folgende Aspekte:

  1. Art. 22 DSGVO Nicht Einschlägig: Das Gericht stellte fest, dass Art. 22 DSGVO (automatisierte Entscheidungsfindung) im vorliegenden Fall nicht einschlägig ist. Es fehlte an der Darlegung, dass der Basisscore des Klägers eine rechtliche Wirkung entfaltet oder ihn erheblich beeinträchtigt.
  2. Schutz von Geschäftsgeheimnissen: Die vom Kläger geforderten Auskünfte, insbesondere die Details der Scoreberechnung, wurden als Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens eingestuft. Die Offenlegung der Berechnungsmethode, einschließlich der Gewichtung einzelner Elemente und der Bildung von Vergleichsgruppen, würde in den Bereich der geschützten Geschäftsgeheimnisse eingreifen.
  3. Erfüllung des Auskunftsanspruchs: Die bereits vom Unternehmen erteilten Auskünfte wurden als ausreichend angesehen, um den Anforderungen von Art. 15 DS-GVO zu genügen. Diese umfassten eine Auflistung von Daten und Scorewerten, die zur Berechnung verwendet wurden.

Bedeutung des Urteils

Das Urteil des AG Köln ist von wesentlicher Bedeutung für die Praxis der Datenverarbeitung und das Verständnis des Auskunftsrechts nach Art. 15 DSGVO. Es verdeutlicht, dass datenverarbeitende Unternehmen zwar zur Transparenz verpflichtet sind, jedoch der Schutz von Geschäftsgeheimnissen ein legitimes Anliegen darstellt. Zudem zeigt es, dass die bloße Erwähnung von Art. 22 DSGVO nicht automatisch weitreichende Auskunftsrechte begründet:

Art. 22 DS-GVO ist bereits nicht einschlägig. Denn selbst wenn man annähme, die streitgegenständliche Tätigkeit der Beklagten, nämlich die Erstellung des Basisscores, stelle eine ausschließlich auf einer automatisieren Verarbeitung beruhende Entscheidung dar, ist weder vorgetragen noch ersichtlich, inwiefern die Erstellung des Basisscores gegenüber dem Kläger rechtliche Wirkung entfaltet oder ihn in anderer Weise erheblich beeinträchtigt.

Dieser trägt lediglich – bestritten – vor, er sei und Hauptgesellschafter einer Reihe von Unternehmensbeteiligungen. Ferner teilt er mit, es dürfe nachvollziehbar sein, dass er insgesamt auf eine durchgehend homogene und widerspruchsfreie Bewertung auch im Hinblick auf seine persönliche Bonität angewiesen sei, da Kreditentscheidungen für Unternehmen regelmäßig nicht allein auf einer Bonitätseinschätzung zu diesen selbst beruhen würden, sondern regelmäßig auch solche der wirtschaftlich handelnden Personen, wie Geschäftsführer und Anteilseigner, umfassen würden. Den Vortrag der Beklagten, die befasse sich ausschließlich mit Scorewerten, die von ihr nicht an ihre Vertragspartner beauskunftet worden seien, vielmehr seien nur Scorewerte vorgetragen, die von ihr zu Zwecken der Veranschaulichung für den Kläger berechnet worden seien, hat der Kläger lediglich mit Nichtwissen bestritten, und darüber hinaus mitgeteilt, die Beklagte wisse gar nicht, in welcher Weise er die Werte gebrauche.

Inwiefern die Werte für den Kläger konkret relevant sind, hat er aber gerade nicht vorgetragen. Vielmehr hat er lediglich in allgemeiner Form erläutert, bei Kreditentscheidungen für Unternehmen würden auch die Bonitätseinschätzungen zu Privatpersonen wie ihm eine Rolle spielen. Einen konkreten Bezug seines Basisscores zu Kreditentscheidungen, ob in Form von Kreditablehnungen oder in Form einer ihm beabsichtigten Vorlage seines persönlichen Basisscores vor einer konkreten Kreditentscheidung, trägt er aber gerade nicht vor.


Fazit

Dieses Urteil liefert wichtige Orientierungspunkte für Unternehmen im Umgang mit Auskunftsersuchen nach DSGVO und unterstreicht die Notwendigkeit, sowohl Transparenz zu wahren als auch Geschäftsgeheimnisse zu schützen. Es verdeutlicht die Grenzen des Auskunftsrechts und betont die Wichtigkeit einer sorgfältigen und spezifischen Begründung in derartigen Fällen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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