In einem richtungsweisenden Beschluss vom 21. Februar 2024 (1 StR 394/23) hat der Bundesgerichtshof (BGH) neue Maßstäbe für die Beweisermittlung im Kontext der Veruntreuung von Arbeitsentgelt gesetzt. Dieser Fall betont die Notwendigkeit einer detaillierten Untersuchung der finanziellen Transaktionen, insbesondere wenn es um nicht versteuerte „Schwarzlöhne“ geht.
Hintergrund des Falles
Der Angeklagte, ein Gastronom, wurde wegen Steuerhinterziehung in mehreren Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt. Er betrieb einen Imbiss, in dem er seine Brüder und Eltern beschäftigte, ohne deren Löhne ordnungsgemäß zu versteuern. Das Landgericht Hagen verurteilte ihn ursprünglich ohne eine genaue Prüfung der Höhe der gezahlten Schwarzlöhne.
Entscheidung des BGH
Der BGH hob das Urteil des Landgerichts teilweise auf, da es die Schwarzlöhne nicht angemessen berücksichtigt hatte. Diese Entscheidung beruht auf folgenden Erwägungen:
- Beweisermittlungsantrag: Der BGH stellte fest, dass sich das Landgericht auf die Beweisführung zur Höhe der Schwarzlöhne hätte konzentrieren müssen. Der Angeklagte ermöglichte es seinen Familienangehörigen, Bargeld aus der Kasse zu entnehmen, was als Arbeitsentgelt anzusehen ist. Diese Praxis hätte bei der Steuerberechnung als Betriebsausgabe berücksichtigt werden müssen.
- Notwendigkeit einer Schätzung: Da direkte Beweise für die Höhe der gezahlten Schwarzlöhne fehlten, hätte das Landgericht diese im Wege der Schätzung ermitteln müssen. Dies wäre insbesondere relevant, da Schwarzlöhne erhebliche Auswirkungen auf die Höhe der hinterzogenen Steuern haben können.
- Aufhebung der Urteilsgründe: Aufgrund dieser Überlegungen wurden die Einzelstrafen und die damit verbundenen Feststellungen aufgehoben, um eine kohärente Neubewertung der Steuerhinterziehung zu ermöglichen.
Auswirkungen der Entscheidung
Diese Entscheidung des BGH unterstreicht die Wichtigkeit einer akribischen und umfassenden Beweisermittlung in Fällen von Steuerhinterziehung. Sie zeigt auch, dass Gerichte verpflichtet sind, alle potenziellen Einnahmequellen und Ausgaben bei der Feststellung von Steuerdelikten genau zu prüfen.
Fazit
Der Beschluss des BGH dient als wichtige Erinnerung an die Notwendigkeit einer gründlichen Beweisaufnahme und sorgfältigen rechtlichen Prüfung in Steuerstrafverfahren. Er betont, dass Gerichte sich nicht nur auf die Angaben in Steuererklärungen verlassen dürfen, sondern aktiv alle relevanten finanziellen Transaktionen untersuchen müssen, um eine gerechte Strafzumessung zu gewährleisten.
- Steuerhinterziehung und Einziehung im Kontext von Cum-Ex-Geschäften - 2. Dezember 2024
- Abrechnungsbetrug und Scheingestaltungen - 2. Dezember 2024
- Verwertung der dienstlichen Erklärung der Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft - 2. Dezember 2024