Unzuverlässigkeit eines Mietwagenunternehmers der Uber nutzt

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf, 6 L 199/21, hat sich zur Unzuverlässigkeit eines Mietwagenunternehmers, der Beförderungsaufträge unter Inanspruchnahme des Fahrvermittlers „Uber“ übernimmt, geäußert – und diese bejaht! Wegen Verstößen gegen die Rückkehrpflicht und fehlender Bestellung eines Vertreters am Betriebssitz.

Widerruf der Erlaubnis für Mietwagenverkehr

Ein Widerruf der Genehmigung für den Gelegenheitsverkehr mit Mietwagen ist möglich, siehe § 25 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 PBefG. Hiernach hat die Genehmigungsbehörde die Genehmigung zu widerrufen, wenn nicht mehr alle Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 PBefG vorliegen.

Maßgeblich für die grundsätzlich an dem Gesamtverhalten und der Persönlichkeit des Betroffenen auszurichtende Zuverlässigkeitsprognose ist, ob dieser willens und in der Lage ist, sein Gewerbe ordnungsgemäß auszuüben und insbesondere die Fahrgäste und die Allgemeinheit vor Schäden und Gefahren zu bewahren. Dabei ist wegen der ihm anvertrauten Schutzgüter grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen.

Unzuverlässigkeit

Nach § 25 Abs. 1 Satz 2 PBefG ist die erforderliche Zuverlässigkeit des Unternehmers insbesondere nicht mehr gegeben, wenn

  • in seinem Verkehrsunternehmen trotz schriftlicher Mahnung die der Verkehrssicherheit dienenden Vorschriften nicht befolgt werden oder
  • den Verpflichtungen zuwidergehandelt wird, die dem Unternehmer nach diesem Gesetz oder nach den auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsvorschriften obliegen.

§ 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG bestimmt, dass die Genehmigung nur erteilt werden darf, wenn keine Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Antragstellers als Unternehmer oder der für die Führung der Geschäfte bestellten Personen dartun. Die Unzuverlässigkeit ist dabei ein persönlicher charakterlicher Mangel, aus dem die mangelnde Vertrauenswürdigkeit des Betreffenden hervorgeht.

Der Unternehmer und die zur Führung der Geschäfte bestellten Personen gelten nach § 1 Abs. 1 PBZugV als zuverlässig im Sinne des § 13 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 PBefG, wenn keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass bei der Führung des Unternehmens die für den Straßenpersonenverkehr geltenden Vorschriften missachtet oder die Allgemeinheit bei dem Betrieb des Unternehmens geschädigt oder gefährdet werden.

Schwere Verstöße

Anhaltspunkte für die Unzuverlässigkeit bestehen gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 PBZugV beispielhaft („insbesondere“) bei rechtskräftigen Verurteilungen wegen schwerer Verstöße gegen strafrechtliche Vorschriften (Nr. 1) sowie bei sonstigen schweren Verstößen gegen die dort im Einzelnen näher bezeichneten Rechtsvorschriften (Nr. 2). Hierzu zählen unter anderem gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 a) PBZugV schwere Verstöße gegen Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes oder der auf diesem Gesetz beruhenden Rechtsverordnungen.

Bei dem Begriff des „schweren Verstoßes“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, welcher der vollständigen verwaltungsgerichtlichen Kontrolle unterliegt. Die Schwere des Verstoßes muss nicht aus einem schweren Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften folgen. Sie kann sich auch aus einer Vielzahl kleinerer Gesetzesverletzungen ergeben, die – jeweils für sich genommen – noch keine ausreichende Grundlage für die Annahme einer Unzuverlässigkeit bieten würden, in ihrer Häufigkeit bei der an der Gesamtpersönlichkeit des Antragstellers auszurichtenden Prognose aber einen schwerwiegenden Hang zur Nichtbeachtung gesetzlicher Vorschriften erkennen lassen.

Für die Feststellung eines schweren Verstoßes knüpft die Vorschrift des § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 PBZugV – anders als § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 PBZugV – an den Verstoß selbst und nicht an das Vorliegen einer rechtskräftigen Verurteilung an. Verwaltungsbehörden und -gerichte haben daher im Rahmen von § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 PBZugV das den Rechtsverstoß begründende Handeln des Unternehmers oder der zur Führung der Geschäfte bestellten Person grundsätzlich selber festzustellen und die hierfür erforderlichen Ermittlungen vorzunehmen, wenn keine rechtskräftige Verurteilung gegeben ist.

Schwerer Verstoß wegen Rückkehrpflicht

Die Rückkehrpflicht nach § 49 Abs. 4 Satz 3 PBefG ist ein Dauerbrenner im Mietwagengewerbe: Nach dieser Vorschrift hat der Mietwagen nach Ausführung des Beförderungsauftrags unverzüglich zum Betriebssitz zurückzukehren, es sei denn, er hat vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder der Wohnung oder während der Fahrt fernmündlich einen neuen Beförderungsauftrag erhalten. Diese Pflicht ist nicht zu unterschätzen:

Bei der Rückkehrpflicht handelt es sich um eine wesentliche Pflicht für den Mietwagenverkehr. Sie soll gewährleisten, dass Mietwagen nicht taxiähnlich auf öffentlichen Straßen und Plätzen bereitgestellt werden und dort Beförderungsaufträge annehmen. Die Existenz- und Funktionsfähigkeit des Taxenverkehrs als Verkehrsmittel des ÖPNV für individuelle Bedürfnisse zu einem festgelegten Tarif stellt einen besonders wichtigen Belang des Gemeinwohls dar. Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, Verstöße gegen die Rückkehrpflicht jedenfalls in einer gewissen Häufung als schwere Verstöße gegen Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes einzustufen.

Gerade weil die Einhaltung der Rückkehrpflicht im Tatsächlichen behördlich nur unzureichend überwacht werden kann, ist die Vertrauenswürdigkeit des Unternehmers, er werde seine Fahrer zuverlässig zur Beachtung der gesetzlichen Vorgaben anhalten und dies überwachen, von besonderer Bedeutung, so das Gericht. Der Unternehmer muss deshalb durch organisatorische Maßnahmen absichern, dass die Rückkehrpflicht von seinen angestellten Fahrern eingehalten wird.

Im vorliegenden Fall führte die Nutzung der Uber-App durch die Fahrer zum Widerruf der Genehmigung. Der Hinweis des Inhabers, er könne trotz umfassender organisatorische Maßnahmen ein eigenmächtiges Fehlverhalten seiner Fahrer nicht gänzlich ausschließen – die angeblich selbstständig die App nutzen, interessierte das Gericht nicht.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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