Reisemangel, was tun: Pauschalurlauber sind nicht schlecht gestellt, wenn auf einer Reise etwas schiefläuft. Das Gesetz gewährt ihnen insbesondere in den §§ 651a bis 651m Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) eine ganze Reihe von Rechten und Ansprüchen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Reisende diese fristgerecht geltend macht. Im Folgenden erhalten Sie eine Übersicht, wobei Sie bitte auch die zugehörigen Artikel zum Reiserecht beachten:
- Reisepreisminderung: Die aktuelle Frankfurter Tabelle zur Reisepreisminderung
- Ansprüche als Flugpassagier gegenüber der Fluglinie
- Informationen zur Reiserücktrittsversicherung
Geltendmachung von Rechten aus einem Reisevertrag
Wenn Sie einen Reisemangel geltend machen möchten sollten Sie einige Punkte beachten:
- Melden Sie den Reisemangel sofort der Reiseleitung vor Ort und bestehen Sie auf einer schriftlichen Bestätigung (dazu §651o BGB)
- Dokumentieren Sie Reisemängel, machen Sie Fotos und Notizen als Gedächtnisstütze, insbesondere ein Lärmprotokoll bei Lärm
- Wenn man vor Ort keine Abhilfe leisten konnte, prüfen Sie an Hand der bei uns verfügbaren Frankfurter Tabelle in welcher Höhe eine Minderung realistisch wäre und fordern Sie den Reiseanbieter zur Zahlung auf. Sie können auch einen Rechtsanwalt beauftragen, aber nur, wenn dies wirtschaftlich ist – sonst droht, dass Sie auf den Kosten sitzen bleiben.
Gesetzliche Grundlage des Reiserechts
Der Reisevertrag findet sich in den §§651aff BGB. Hier fand eine umfassende Reform statt: Mit dem 11.12.2015 wurde die „Richtlinie (EU) 2015/2302 über Pauschalreisen und verbundene Reiseleistungen“ im Amtsblatt der EU verkündet, welche durch die Mitgliedstaaten in nationales Recht umzusetzen war. Seit dem 1.7.2018 gilt dieses umfassend reformierte Recht in der Form, dass es auf Buchungen ab dem 1. Juli 2018 anzuwenden ist. Unter anderem gelten seitdem einige weitere Rechte des Reisenden:
- Recht des Reisenden zur Übertragung des Pauschalreisevertrags auf einen Ersatzreisenden;
- Einseitige Änderungen von Vertragsbedingungen sind nur möglich, wenn diese unerheblich sind, der Veranstalter sich dieses Recht vorbehalten hat und den Reisenden klar, verständlich und deutlich von dieser Möglichkeit in Kenntnis setzt;
- Ein Reisender hat ein verschuldensunabhängiges Recht auf eine (angemessene) Preisminderung für den Zeitraum, in dem eine Vertragswidrigkeit vorlag samt Anspruch auf Schadensersatz hinsichtlich hierauf beruhender Einbußen;
Fristen bei Geltendmachung von Ansprüchen aus Reisevertrag
Will der Reisende Ansprüche aus dem Reisevertrag geltend machen, muss er die folgenden Fristen beachten. Dabei ist Voraussetzung für Ansprüche aus einem Reisevertrag, dass eine Pauschalreise mit mindestens zwei Leistungen gebucht worden ist (§651a BGB). Abzugrenzen ist dies insbesondere von dem schlichten Anmieten einer Immobilie, etwa einer Ferienwohnung, wo lediglich mietvertragliche Ansprüche wie Minderung im Raum stehen.
Jederzeitiges Stornorecht
Der Reisende kann jederzeit vor Beginn der Reise formlos und ohne Begründung vom Vertrag zurücktreten. Nach dem Rücktritt muss er den Reisepreis nicht mehr zahlen, jedoch in der Regel eine Storno-Entschädigung. Dies kann bis zur Höhe des Reisepreises gehen.
Nach Reiseantritt kann sich der Reisende nur noch durch eine Kündigung vom Reisevertrag lösen,
- bei erheblichen Reisemängeln oder,
- wenn die Reise aufgrund nicht vorhersehbarer höherer Gewalt erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt wird.
Mängelrüge vor Ort
Ist eine Reise mangelhaft, kann der Reisende eine Minderung des Reisepreises verlangen. Dies gilt aber nur, wenn er den Mangel angezeigt oder ohne eigenes Verschulden nicht angezeigt hat.
Beachten Sie: Der Reisende muss im Katalog oder in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) oder der Reisebestätigung darüber informiert werden, dass er Mängel anzuzeigen hat. Andernfalls ist eine Mängelanzeige entbehrlich bzw. deren Fehlen entschuldigt.
Für die Mängelanzeige gibt es keine feste Frist. Die Anzeige muss aber bald nach Auftreten des Mangels erfolgen und zwar gegenüber dem Reiseveranstalter bzw. dessen örtlicher Reiseleitung.
Keine Ausschlussfrist für Geltendmachung
Will der Reisende Gewährleistungsansprüche auf Minderung oder Rückzahlung des Reisepreises geltend machen oder Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit, muss er bei Buchungen seit dem 1. Juli 2018 keine besondere Frist mehr einhalten! Wenn Sie etwas von einer 1-Monatigen-Ausschlussfrist lesen oder gelesen haben bezieht sich dies auf das alte Reiserecht.
Für Buchungen vor dem 1. Juli 2018 und nach früherem Recht war eine Frist von einem Monat einzuhalten. Es handelte sich um eine Ausschlussfrist, mit deren Ablauf die Rechte des Reisenden endete. Zur alten Rechtslage insoweit der Vollständigkeit halber:
Die Monatsfrist begann ab dem vertraglich vorgesehenen Ende der Reise. Dieser Zeitpunkt ergibt sich in der Regel aus der Reisebestätigung. Auch wenn die konkrete Reise verkürzt oder verlängert wird, gilt für die Fristberechnung der Tag der Beendigung der Reise, wie in der Reisebestätigung festgehalten ist. Ob die Frist eingehalten wurde, wurde vor Gericht automatisch geprüft.
Wichtig: Der Reiseveranstalter ist verpflichtet, den Reisenden in seinen AGB auf diese wichtige Frist hinzuweisen und genau anzugeben, gegenüber welcher Stelle die Ansprüche angemeldet werden müssen. Dies wird in der Regel die Hauptverwaltung des Veranstalters sein.
Auch wer vor Ort der Reiseleitung alle fraglichen Mängel gemeldet hatte, musste dies nach Beendigung der Reise noch einmal wiederholen. Er musste in seinem Schreiben an den Reiseveranstalter deutlich zum Ausdruck bringen, dass Zahlungsansprüche geltend gemacht wurde. Es reichte nicht aus, sich diesbezüglich erst nach dem Ende der Reise an sein Reisebüro zu wenden.
Vertragliche Verjährungsfrist
Die Ansprüche aus dem Reisevertrag verjähren innerhalb von zwei Jahren. Diese Frist kann durch die Reise-AGB des Veranstalters auf ein Jahr verkürzt werden, soweit dies mit § 651j S. 1 BGB zu vereinbaren ist.
Die Verjährungsfrist wird gehemmt durch Verhandlungen über die Ansprüche des Reisenden mit dem Veranstalter, bis dieser eindeutig erklärt, nicht weiter verhandeln zu wollen. Die Verjährungsfrist beginnt mit dem vertraglichen Ende der Reise, wie es in der Reisebestätigung festgehalten ist.
Verjährungsfrist für Ansprüche aus unerlaubter Handlung
Wird der Reisende während der Reise verletzt oder kommt es aufgrund der Verletzung von Verkehrssicherungspflichten zu einem Unfall, können neben den reisevertraglichen Ansprüchen auch gesetzliche Schadenersatzansprüche wegen unerlaubter Handlung bestehen.
Solche Schadenersatzansprüche unterliegen der dreijährigen Regelverjährung. Ansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis spätestens in 30 Jahren, beginnend mit dem den Schaden auslösenden Ereignis.
Fristen bei der Luftbeförderung
Bei der Luftbeförderung gelten völkerrechtliche Sondervorschriften. Nach dem Montrealer Übereinkommen gilt eine Ausschlussfrist von zwei Jahren, wenn der Reisende den Veranstalter als vertraglichen Luftfrachtführer wegen Schadenersatz in Anspruch nimmt. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem das Luftfahrzeug am Bestimmungsort angekommen ist, oder an dem es hätte ankommen sollen oder an dem die Beförderung abgebrochen worden ist. Die Berechnung der Frist richtet sich nach dem Recht des angerufenen Gerichts.
Eine kurze Frist gilt für die Anmeldung von Gepäckschäden. Diese sind binnen sieben Tagen beim Luftfrachtführer anzumelden, bei Verspätung des Gepäcks binnen 21 Tagen. Die Meldung von Gepäckschäden sollte durch das entsprechende Formular dokumentiert werden.
Fristen bei Schiffsreisen
Ansprüche des Reisenden auf Schadenersatz wegen Tod, Körperverletzung oder Verlust/Beschädigung von Gepäck verjähren bei Pauschalschiffsreisen binnen zwei Jahren. Bei Kreuzfahrten in internationalen Gewässern sind Gepäckschäden bis spätestens 15 Tage nach Aushändigung des Gepäcks anzumelden. Sie sollten formularmäßig dokumentiert werden.
Ansprüche gegen den Reisemittler
Auch Ansprüche gegen das Reisebüro als Reisemittler sind denkbar. Ansprüche des Reisenden aus „Schlechterfüllung“ des Vermittlungsvertrags mit dem Reisebüro verjähren in drei Jahren ab Abnahme der Vermittlungsleistung.
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