Auch das Oberverwaltungsgericht NRW (15 A 2293/15) konnte sich nunmehr zum Neutralitätsgebot und Sachlichkeitsgebot eines Bürgermeisters äussern:
- Ein (Ober-)Bürgermeister hat im Rahmen der Aufgabenzuweisung gemäß Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 78 LVerfG NRW, § 2 GO NRW i.V.m. §§ 40 Abs. 2 Satz 1, 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 GO NRW eine prinzipielle Äußerungsbefugnis zu allen Themen, die die Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft betreffen. Dies schließt grundsätzlich die Befugnis ein, sich offensiv politisch zu positionieren.
- Bei amtlichen Äußerungen unterliegt ein (Ober-)Bürgermeister nur gegenüber politischen Parteien i.S.d. Art. 21 Abs. 1 Satz 1 GG einem strikten Neutralitätsgebot, nicht hingegen im Verhältnis zu politischen Meinungsgruppen, die nicht als Partei organisiert sind, sowie im Verhältnis zu politischen Meinungsäußerungen einzelner.
- Ein (Ober-)Bürgermeister hat bei allen amtlichen Äußerungen das Sachlichkeitsgebot zu beachten. Die Aufforderung eines (Ober-)Bürgermeisters, friedlich an einer rechtmäßigen Demonstration teilzunehmen, ist nicht per se unsachlich bzw. unverhältnismäßig.
- Aufrufe eines (Ober-)Bürgermeisters zu einem rechtswidrigen Handeln sowie Äußerungen, welche die Veranstalter oder Teilnehmer einer angemeldeten rechtmäßigen Versammlung verächtlich machen, verstoßen jedoch gegen das Sachlichkeitsgebot. Die Sachlichkeit der amtlichen Äußerung eines (Ober-)Bürgermeisters ist auch dann nicht mehr gegeben, wenn seine Reaktion auf eine legale, unter dem Schutz des Art. 8 Abs. 1 GG stehende Versammlung, in einer Form erfolgt, die die Freiheitsausübung der Veranstalter oder Teilnehmer substantiell erschwert, etwa in dem die Letzteren dadurch pauschal stigmatisiert werden, was ihre Teilnahmebereitschaft hemmt.
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