Keine Rückforderung von Lohn für Schwarzarbeit

Nach § 817 BGB ist die Rückforderung sittenwidrig oder widerrechtlich erbrachter Leistungen beiderseits ausgeschlossen, wenn beide an dem Geschäft Beteiligten die Sittenwidrigkeit oder Widerrechtlichkeit zur Zeit der Leistung kannten. Dies gilt insbesondere bei : Die Rückforderung eines Geldbetrages scheitert an § 817 Satz 2 BGB, wenn dieser im Rahmen einer Schwarzgeldabrede im Vorgriff auf künftig zu erbringende Leistungen gezahlt wurde, wie das OLG Stuttgart (12 U 190/21) betont.

Hier ging es um eine Schwarzlohnzahlung, einen fünfstelligen Betrag für eine über mehrere Jahre erbrachte Tätigkeit sowie in Vorleistung auf noch erwartete Tätigkeit: Die Tätigkeit des Beklagten für die Klägerin unterfiel aus Sicht des Gerichts § 1 Abs. 2 SchwarzArbG. So wurde über den überwiesenen Betrag weder eine Rechnung ausgestellt noch der Empfang vom Beklagten quittiert; zudem wurde der Betrag zunächst auch nicht beim Finanzamt angemeldet und versteuert, wobei offen blieb, ob ein Arbeitsverhältnis vorlag oder eine selbständige Tätigkeit erbracht wurde:

Ein Verstoß gegen § 1 Abs. 2 SchwarzArbG läge auch dann vor, wenn man vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses ausginge: Der Beklagte war weder als Minijobber angemeldet, noch bezahlte die Klägerin Sozialabgaben für ihn. Dies wussten beide Parteien und haben sich jedenfalls der Einsicht in die Gesetzeswidrigkeit ihrer Vereinbarung leichtfertig verschlossen (Sprau in Grüneberg, a.a.O., § 817 Rn. 17). Für einen vorsätzlichen Verstoß genügt schon, dass die Klägerin vor dem Landgericht angegeben hat, das Geld sei „schwarz gekommen“ (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 06. Oktober 2020 – 21 U 108/18 –, Rn. 56, juris). Damit war der Vertrag insgesamt nichtig gem. § 134 BGB und es lag kein Rechtsgrund für die Leistung der Klägerin vor.

Sodann stellt das Gericht klar, dass § 817 Satz 2 BGB für alle Bereicherungsansprüche aus Leistungskondiktion – so auch hier – gilt. Allerdings schränke die Rechtsprechung den Anwendungsbereich des § 817 Satz 2 BGB zur Vermeidung unbilliger Ergebnisse ein. Auch nach dem Grundsatz von Treu und Glauben darf Satz 2 keine Vermögensverschiebung sanktionieren, die insbesondere bei einseitigen Vorleistungen als unbillig anzusehen wäre.

Dem Leistenden soll grundsätzlich nicht das entzogen werden, was er dem anderen auch nach der Art des gesetz- oder sittenwidrigen Geschäfts nie zuwenden wollte und worauf sich deshalb die rechtliche Missbilligung gar nicht beziehen kann.

Hiervon unberührt bleibt nach Auffassung des OLG jedenfalls der Teil der Zahlung, der auf bereits erbrachte Leistungen des Beklagten entfällt, da es sich insoweit nicht um eine einseitige Vorleistung der Klägerin handelt. Aufgrund der konkreten Art der Tätigkeit im vorliegenden Fall, die alle Merkmale eines „Minijobs“ aufwies, ging das Gericht von einer monatlich geschuldeten Vergütung in Höhe von 450 EUR aus.

Für die Dauer der ausgeübten Tätigkeit von insgesamt 35 Monaten ergäbe sich ein geschuldeter Betrag von 15.750 EUR. Es konnte dahinstehen, ob im Zeitpunkt der Zahlung im Juni 2017 tatsächlich ein deutlich geringerer Teil „abgearbeitet“ war, während die Klägerin im Übrigen auch insoweit in Vorleistung getreten war. Denn auch für Vorleistungen war nach Auffassung des OLG im vorliegenden Fall eine Rückforderung nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen:

Vorliegend handelt es sich um eine einseitige Vorleistung der Klägerin in beträchtlicher Höhe, die allerdings unter Verstoß gegen das SchwarzArbG erfolgt ist. Nach neuer Rechtsprechung hat weder der vorleistende Unternehmer einen bereicherungsrechtlichen Anspruch auf Wertersatz für seine geleistete Arbeit noch hat der Auftraggeber einen bereicherungsrechtlichen Rückforderungsanspruch, wenn er dem Unternehmer die vereinbarte Vergütung bereits gezahlt hat (…).

Dies beruht auf dem Gedanken, dass im Rahmen der „Schwarzarbeit“ sowohl der Besteller als auch der Unternehmer bewusst gegen die Rechtsordnung verstoßen und somit keine der Parteien als schützenswert zu erachten ist (…). Der Ausschluss eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs mit der ihm zukommenden abschreckenden Wirkung ist ein geeignetes Mittel, die in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Gesetzgebers mit den Mitteln des Zivilrechts zu fördern (…).

Der (…) hat bislang lediglich einen Fall entschieden, in dem Werklohn für eine von einem Unternehmer bereits erbrachte Leistung gezahlt wurde. Vorliegend geht es hingegen um eine Vorauszahlung in beträchtlicher Höhe; eine Gegenleistung ist der Klägerin zum größten Teil nicht zugeflossen. Dies und die Tatsache, dass die Klägerin wohl aus Mitleid gegenüber dem Beklagten handelte, haben das Landgericht veranlasst, eine Ausnahme von § 817 Satz 2 BGB anzunehmen.

Aus Sicht des Senats steht der Schutzzweck dieser Norm einer solchen Ausnahme aber entgegen: Der BGH hat ausgeführt, dass entsprechend der Zielsetzung des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes nicht nur die § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwarzArbG widersprechende vertragliche Vereinbarung der Parteien gegen ein gesetzliches Verbot verstoße, sondern auch die in Ausführung dieser Vereinbarung erfolgende Leistungserbringung durch den Unternehmer (…). Dies muss dann aber auch für die aufgrund einer solchen Vereinbarung erfolgte Bezahlung durch den Auftraggeber/Arbeitgeber/Dienstherrn gelten, da ansonsten die Schutzvorschriften des Dienst- und Arbeitsrechts (…) mühelos umgangen werden könnten.

Das OLG verweist hierbei auf BGH, VII ZR 216/14 und VII ZR 241/13. Damit wird dann auch nochmals deutlich, wie gefährlich Schwarzarbeit ist, gerade bei Vorleistung: Im schlimmsten Fall bleibt der Zahler auf seinem „Schaden“ sitzen, wenn schlechte gearbeitet wurde sogar sprichwörtlich.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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