Inhalt einer Unterlassungserklärung: Mit dem Erhalt einer Abmahnung ist es dann schnell Thema, was eine Unterlassungserklärung ist, warum man eine Unterlassungserklärung abgeben sollte und was genau in eine Unterlassungserklärung aufgenommen werden muss.
In diesem Beitrag erhalten Sie einen Überblick über die Wesentlichen Fragen rund um die Unterlassungserklärung. Wir helfen bei Abmahnungen im gesamten Bereich des IT-Rechts, insbesondere im Markenrecht und Urheberrecht.
Was ist eine Unterlassungserklärung – und warum ist sie nötig?
Im Fall einer Schutzrechtsverletzung – so im Urheberrecht, Markenrecht – aber auch in anderen Gebieten wie dem Persönlichkeitsrecht oder Wettbewerbsrecht besteht mit ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine Vermutung dahin gehend, dass eine solche Rechtsverletzung zukünftig erneut stattfinden wird. Dieses Vermutung wird auch „Wiederholungsgefahr“ genannt.
Eine solche Wiederholungsgefahr kann durch zwei Schritte beseitigt werden – ein gerichtliches Urteil, mit dem ein Unterlassen auferlegt wird oder durch die Abgabe einer Unterlassungserklärung, die rechtlich einen schuldrechtlichen Vertrag darstellt. Mit dem BGH muss, damit dies auch wirksam ist, bei der Unterlassungserklärung zwingend eine Vertragsstrafe versprochen werden, die so hoch ist, dass es auch ernst zu nehmen ist. In eine solche Unterlassungserklärung gehört jedenfalls zwingend:
- Ein mit einer Vertragsstrafe bewehrtes Versprechen des Unterlassens,
- für jeden Fall (schuldhaften) Zuwiderhandelns,
- hinsichtlich eines in der Unterlassungserklärung konkret benannten Verhaltens,
- ohne Bedingung, Befristung oder sonstige Einschränkung.
Wie kommt der Unterlassungsvertrag zu Stande?
Die dem Gegner zugestellte Unterlassungserklärung stellt ein Angebot auf Abschluss eines Unterlassungsvertrages dar, das der Gegner annehmen muss. Die Annahme unterliegt dabei keiner Frist und kann auch konkludent durch Einfordern der Vertragsstrafe gefordert werden. Hierbei unterliegt die Auslegung des geschlossenen Unterlassungsvertrages den allgemeinen Regeln, wobei zu berücksichtigen dann insbesondere auch ist, wie der Unterlassungsvertrag zu Stande kam.
Der am Ende zu Stande gekommene Unterlassungsvertrag läuft nicht einfach aus oder verjährt nach 30 Jahren: Die Unterlassungserklärung bindet den Schuldner lebenslang. Allerdings kann in besonderen Situationen eine Kündigung des Unterlassungsvertrages erfolgen.
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Was gehört in eine Unterlassungserklärung?
Ich habe beim Kammergericht (5 U 120/13) eine sehr brauchbare und prägnante Zusammenfassung dazu gefunden, was eigentlich in eine Unterlassungserklärung gehört. Dies liest sich beim Kammergericht wie Folgt:
Eine Unterlassungserklärung muss, um die durch eine Verletzungshandlung begründete Gefahr der Wiederholung entsprechender Wettbewerbsverstöße auszuräumen, eindeutig und hinreichend bestimmt sein und den ernstlichen Willen des Schuldners erkennen lassen, die betreffende Handlung nicht mehr zu begehen, und daher durch ein angemessenes Vertragsstrafeversprechen abgesichert sein. Sie muss außerdem den bestehenden gesetzlichen Unterlassungsanspruch nach Inhalt und Umfang voll abdecken und dementsprechend uneingeschränkt, unwiderruflich, unbedingt und grundsätzlich auch ohne die Angabe eines Endtermins erfolgen (…) Beschränkungen der Unterlassungserklärung, die lediglich einer Begrenzung des Unterlassungsanspruchs des Gläubigers nach materiellem Recht entsprechen, sind jedoch unbedenklich. Dem Wegfall der Wiederholungsgefahr steht nicht entgegen, dass der Schuldner es ablehnt, seine Unterlassungserklärung auf ein Verhalten zu erstrecken, dass ihm nicht verboten werden kann (…)
Denn die Abmahnung muss dem Schuldner nur den Weg weisen, wie er sich zu verhalten hat, damit ein Prozess vermieden wird. Dementsprechend muss die Abmahnung die Aufforderung zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung enthalten. Dagegen ist es unschädlich, wenn der Gläubiger mit der von ihm vorgeschlagenen Unterwerfungserklärung mehr fordert, als ihm zusteht; denn es ist Sache des Schuldners, aufgrund der Abmahnung die zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr erforderliche Erklärung abzugeben (…)
Das bringt es insgesamt auf den Punkt. Es gibt einige Detailfragen, etwa zum Fortsetzungszusammenhang, zur Vertragsstrafe nach Ermessen, dem Verzicht auf §348 HGB oder die auflösende Bedingung höchstrichterlicher entgegenstehender Rechtsprechung – dies sind aber Aspekte, zu denen es recht umfangreiche BGH-Rechtsprechung gibt, ohne deren Kenntnis man hier nicht agieren sollte. Erst einmal als Einstieg ist diese Zusammenfassung des Kammergerichts mit das Beste was ich seit langem gelesen habe.
Eine Unterlassungserklärung belastet massiv – es ist leider typisch für unseren Kulturkreis, dass die Menschen mehr über das Geld nachdenken, dass sie ausgeben müssen als darüber, welche Verpflichtungen sie mit einer Unterschrift eingehen. Dabei ist gerade diese Unterschrift finanziell viel bedeutender als das Geld, das man unmittelbar zahlt. Lassen Sie sich beraten.
Jens Ferner
Fachanwalt für IT-RechtUnterlassungserklärung: Vertragsstrafe darf nicht zu niedrig sein
Wie hoch muss eine Vertragsstrafe in einer Unterlassungserklärung sein, um eine Wiederholungsgefahr auszuräumen? Jedenfalls gibt es eine Grenze, ab der sie zu niedrig ist, wie das OLG Frankfurt (11 W 27/13) zu Recht festgestellt hat. Dass etwa das Versprechen einer Vertragsstrafe von 1 Euro grundsätzlich nicht vor Wiederholungen schützt liegt auf der Hand. Aber wo beginnt die Grenze? Das OLG führt hierzu aus
Die Vertragsstrafe muss so bemessen sein, dass sie geeignet ist, eine ausreichende abschreckende Wirkung zu entfalten und den Verletzer von weiteren Verletzungshandlungen abzuhalten. (…) In Geschäftsbereichen von normaler wirtschaftlicher Bedeutung kann eine Vertragsstrafe von unter 2.500 Euro allenfalls in Ausnahmefällen als ausreichend angesehen werden (vgl. OLG Oldenburg, GRUR-RR 2010, 252).
Auch wenn weitere Ausführungen dazu nicht vorhanden sind – die Bemessung ist vertretbar. Im vorliegenden Fall ging es um das Versprechen von 1000 Euro für jeden Fall der Zuwiderhandlung, was als zu niedrig angesehen wurde. Man mag bei Kleinstgewerbetreibenden und Privatpersonen eine Ausnahme machen – zumal der BGH der Auffassung ist, dass eine Vertragsstrafe dann zu hoch ist, wenn sie den Schuldner in wirtschaftliche Nöte treibt. Grundsätzlich aber erscheint die hier gezogene Grenze sinnvoll.
Das Risiko liegt damit auf der Hand: Man kann die Möglichkeit aussergerichtlicher Einigung verspielen, indem schlicht eine zu niedrige Vertragsstrafe angesetzt wird. Dabei gibt es für den Abmahner keine Pflicht, nochmals Nachbesserung zu verlangen, die Abmahnung sieht keine 2. Chance vor – entweder man räumt die Unterlassungsgefahr aus oder der Gegner klagt.
Überhöhte Vertragsstrafenklausel in Unterlassungserklärung
Vertragsstrafe in Unterlassungserklärung: Der BGH (VII ZR 308/16) konnte sich erneut zu der Wirksamkeit einer Vertragsstrafenvereinbarung äussern. Dabei stellte der BGH hervor, dass eine Vertragsstrafenvereinbarung in Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die für schuldhaft vorsätzliche Vertragsverstöße von unterschiedlichem Gewicht einen pauschalen Betrag – hier in Höhe von 2.500 € – vorsieht, unwirksam ist – dies weil sie angesichts des typischerweise geringsten Vertragsverstoßes unverhältnismäßig hoch ist und den Vertragspartner entgegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Die Entscheidung zeigt, dass eine undifferenzierte Vertragsstrafe, die pauschal für Vertragspflichtverletzungen vorgesehen ist, dem Risiko der unwirksamkeit ausgeaetzt ist.
Pauschale Vertragsstrafe in Unterlassungserklärung muss nach Art, Gewicht und Dauer des Verstosses differenzieren
Wenn man in allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Vertragsstrafe vorsieht, ist diese an Handd er üblichen rechtlichen Erwägungen zu kontrollieren. Dabei ist daran zu denken, dass der Begriff „allgemeine Geschöftsbedingung“ mit der Rechtsprechung des BGH weit auszulegen ist. Jedenfalls ist § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB zu berücksichtigen, demzufolge eine formularmäßige Vertragsbestimmung jedenfalls dann unwirksamist , wenn sie den Vertragspartner entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Das ist mit der Rechtsprechung des BGH dann der Fall, wenn „durch einseitige Vertragsgestaltung missbräuchlich eigene Interessen auf Kosten seines Vertragspartners durchzusetzen versucht wird, ohne von vornherein auch dessen Belange hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen“. Das bedeutet, dass eine Vertragsstrafe, so sie denn pauschal bemessen ist, berücksichtigen muss, dass es Vertragsverletzungen verschiedener Form geben kann. Dies möglicher Weise, in dem nur bestimmte Verstöße benannt sind (sei es konkret oder nach Kategorien) oder indem bestimmte Verstöße gleich ganz ausgeklammert sind, jedenfalls aber muss eine Differenzierung nach Art, Gewicht und Dauer des Verstosses vorhanden sein:
„Eine unangemessene, gegen Treu und Glauben verstoßende Benachteiligung des Schuldners einer Vertragsstrafe kann sich – auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr – aus der unangemessenen Höhe der Vertragsstrafe ergeben. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Sanktion außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und den Folgen für den Schuldner der Vertragsstrafe steht …).
Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Vertragsstrafe gemäß §§ 339 ff. BGB nach der Intention des Gesetzgebers eine doppelte Zielrichtung hat. Sie soll zum einen als Druckmittel den Schuldner zur ordnungsgemäßen Erbringung der versprochenen Leistung anhalten und zum anderen dem Gläubiger im Verletzungsfall die Möglichkeit einer erleichterten Schadloshaltung eröffnen (…). Bei der Bewertung der Höhe der Vertragsstrafe sind danach zum einen die Bedeutung der gesicherten Pflicht und die von einer Pflichtverletzung ausgehende Gefahr für den Gläubiger sowie der ihm drohende Schaden von maßgeblicher Bedeutung. Zum anderen sind sowohl die Form des Verschuldens auf Seiten des Schuldners als auch die Auswirkungen der Vertragsstrafe auf den Schuldner – entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts auch eine etwaige Existenzgefährdung – zu berücksichtigen; diese müssen sich in wirtschaftlich vernünftigen Grenzen halten (…). Ist ein bestimmter Betrag als pauschale Sanktion vorgesehen, ohne dass nach Art, Gewicht und Dauer der Vertragsverstöße differenziert wird, kann die Unangemessenheit schon daraus folgen; eine solche Sanktion wäre nur dann zulässig, wenn dieser Betrag auch angesichts des typischerweise geringsten Vertragsverstoßes noch angemessen wäre (…).“
Unterlassungserklärung: Beschränkung auf vorsätzliche Verstöße keine ausreichende Differenzierung
Jedenfalls ein Beschränken auf vorsätzlich begangene Verstöße reicht dabei nicht aus um eine hinreichende Differenzierung der Verstöße zur pauschalen Vertragsstrafe zu erreichen:
„Der Umstand, dass die Vertragsstrafe nur für vorsätzliche Pflichtverletzungen vereinbart ist, führt zu keiner abweichenden Beurteilung. Auch für diesen Fall bleibt der ohne Differenzierung nach dem Gewicht der einzelnen Pflichtverletzung und der hiervon ausgehenden Gefahren für das Geschäftsmodell der Klägerin sowie ohne hinreichende Berücksichtigung der Auswirkungen auf den Vertragspartner formularmäßig vereinbarte Pauschalbetrag von 2.500 € unverhältnismäßig hoch. Dies gilt umso mehr, als die Anknüpfung an den Vorsatz des Vertragspartners dadurch relativiert wird, dass dieser sich nach den Beweislastregeln des Vertragsstrafenrechts (§ 345 BGB) und des Schuldrechts (§ 280 Abs. 1 Satz 2, § 286 Abs. 4 BGB), die durch die Klausel keine Änderung erfahren haben, hinsichtlich des Vorliegens einer vorsätzlichen Pflichtverletzung zu entlasten hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2009 – XI ZR 586/07, NJW 2009, 2298 Rn. 17 m.w.N.).“
Pauschale Vertragsstrafe in Unterlassungserklärung-AGB
Es zeigt sich wieder ein mal, dass das Thema „Vertragsstrafe in AGB“ noch lange nicht „durchgekaut“ ist – die aktuellen Entscheidungen des BGH machen deutlich, dass noch Diskussionspotential besteht – auch im kaufmännischen Verkehr. Gerade bei der Verwendung von AGB ist daher – wenn man denn eine Vertragsstrafe als Kontrollmöglichkeit wünscht – auf eine entsprechende Formulierung zu achten, da ansonsten der Verlust der gesamten Vertragsstrafeklausel droht. Hinsichtlich einer Unterlassungserklärung ist meines Erachtens hieraus aber wenig zu ziehen, denn auch wenn vorformulierte Unterlassungserklärungen durchaus als AGB zu werten sein können, so geht es doch um konkret benannte Verstöße (oder sollte es zumindest gehen).
Weitere strittige Formulierungen
Unterlassungserklärung enthält kein Schuldeingeständnis
Verzicht auf Einrede des Fortsetzungszusammenhangs?
Der Verzicht auf die Einrede des Fortsetzungszusammenhangs ist nicht notwendig!
Unterlassungserklärung: Auflösende Bedingung der allgemeinverbindlichen Rechtsprechung kann Bestimmtheit entfallen lassen
Das OLG Hamburg (5 U 271/11) zeigt das Risiko bei der Abgabe von Unterlassungserklärungen. Mit dem OLG Hamburg kann es nämlich schädlich sein, wenn die Unterlassungserklärung unter der auflösenden Bedingung allgemeinverbindlicher Rechtsprechung dahingehend abgegeben wird, dass das zu unterlassende Verhalten rechtmäßig ist. Die Entscheidung wirft interessante Aspekte auf, ist aber inhaltlich nicht überzeugend und abzulehnen.
Es ging um eine Unterlassungserklärung, die mit dem bekannten Zusatz abgegeben wurde, sie sei
„unter der auflösenden Bedingung einer auf Gesetz oder höchstrichterlicher Rechtsprechung beruhenden eindeutigen Klärung des zu unterlassenden Verhaltens als rechtmäßig“
erfolgt. Dies reichte dem OLG überraschenderweise nicht. Erst einmal ist klar zu stellen, dass natürlich auflösende Bedingungen in Unterlassungserklärungen nichts zu suchen haben. Der Bundesgerichtshof hat aber klar gestellt, dass ausnahmsweise solche Bedingungen möglich sind, wenn dadurch die Ernsthaftigkeit des Unterlassens nicht in Frage gestellt wird; dies ist der Fall, wenn auf eine rechtliche Änderung abgestellt wird:
Vorbehalte in der Erklärung sind allenfalls ausnahmsweise und jedenfalls nur insoweit unschädlich, als sie mit Sinn und Zweck einer Unterwerfungserklärung vereinbar sind, also eine abschließende (außergerichtliche) Unterbindung rechtswidrigen Wettbewerbsverhaltens nicht ausschließen. In der Literatur wird als ein solcher – zulässiger – Vorbehalt eine auflösende Bedingung angesehen, wenn diese in einer Änderung der Rechtslage – oder in deren verbindlicher Klärung in entsprechendem Sinne – besteht, durch die das zu unterlassende Wettbewerbsverhalten rechtmäßig bzw. seine Zulässigkeit verbindlich geklärt wird (…) Dem kann zugestimmt werden; denn eine solche Bedingung stellt die Ernsthaftigkeit des Willens, wettbewerbswidriges Handeln zu unterlassen, nicht in Frage, weil ein Recht zum erneuten Handeln nur für den Fall vorbehalten wird, daß seine Rechtmäßigkeit zweifelsfrei und allgemein verbindlich feststeht.
Hinweis: Sie finden hier ganz bewusst keine Fundstelle. Jeder versierte Wettbewerbsrechtler kennt diese Entscheidung, Laien dagegen möchte ich nicht dabei unterstützen, selber an/in Unterlassungserklärungen rumzupfuschen – Fragen Sie den Profi.
Trotz dieser Rechtsprechung, die der BGH mehrmals bestätigt hat, sieht das OLG vorliegend keine hinreichende Bestimmtheit. Hintergrund ist, dass es um die Frage der Zulässigkeit von Marken als Adwords ging, wozu es zumindest teilweise divergierende Rechtsprechung des EUGH und BGH gibt. Dies greift das OLG auf, denn ein solcher Widerspruch sei ausreichend:
Die abgegebene Unterlassungsverpflichtungserklärung ist in Bezug auf ihre in die Zukunft gerichtete Bindungswirkung wegen der darin enthaltenen ausdrücklichen Bedingung nicht hinreichend eindeutig. Nicht immer ist zweifelsfrei zu bestimmen, ab welchem konkreten Zeitpunkt die „eindeutige Klärung“ einer bestimmten Rechtsfrage in der Rechtsprechung angenommen werden kann. Auch die Frage, auf welchen Spruchkörper der „höchstrichterlichen Rechtsprechung“ es hierbei ankommt, kann z.B. dann zu Unklarheiten Anlass geben, wenn die unionsweite Rechtsprechung des EuGH und die nationale Rechtsprechung des BGH nicht vollständig deckungsgleich sind bzw. divergieren. Deshalb bedurfte diese Unterlassungsverpflichtungserklärung noch einer Klarstellung durch die Beklagten.
Es sei an dieser Stelle dahingestellt, dass die betroffene Partei den prozessualen Fehler beging, nicht kurzerhand eine hier vielleicht bestehende Unklarheit im laufenden Prozess auszuräumen. Im Fokus soll die allgemeine Rechtsfrage bleiben.
Das OLG sagt also, dass jedenfalls dann von dem Grundsatz der Zulässigkeit der auflösenden Bedingung allgemeinverbindlicher Rechtsprechung abzuweichen ist, wenn diese nicht hinreichend bestimmt ist. Dem ist zuzustimmen. Wenn das OLG dann aber ausführt, dass bei divergierender Rechtsprechung zwischen EUGH und BGH eine solche Unklarheit anzunehmen ist, ist dies abzulehnen. Dabei sollte bereits auffallen, dass das OLG das selber mit der Lupe die Erklärungen der Parteien untersucht hat, seinerseits schon gar nicht klarstellt, ob es einen Unterschied darstellt, dass EUGH und BGH bereits bei Abgabe der Unterlassungserklärung inhaltlich voneinander abweichen oder erst später diese Abweichung auftritt; auch stellt das OLG nicht klar, ob es – was naheliegend wäre – einen Unterschied macht, ob die Divergenz erst durch eine spätere Entscheidung des EUGH auftrat oder durch eine spätere Entscheidung des BGH.
Meines Erachtens kann all dies dahin stehen, da es sich hierbei letzten Endes um eine Auslegungsfrage handelt. Dabei spricht bereits der Wortlaut der inzwischen etablierten Klausel dafür, dass auf eine endgültige allgemeinverbindliche Klärung abzustellen ist. Wenn sich BGH und EUGH aktiv widersprechen, ist gerade nicht von einer allgemeinverbindlichen Klärung auszugehen. Von dem Unterlassungsschuldner zu erwarten, dass er sich festlegt worauf abzustellen ist, würde nur unnötigen weiteren Streit verursachen – und auch das Risiko einseitig zu Lasten des Unterlassungschuldner verschieben. So würde die Einschränkung auf EUGH-Rechtsprechung eine eingetretene Klärung durch BGH-Rechtsprechung ausklammern; andererseits wäre das Abstellen auf die BGH-Rechtsprechung alleine vollkommener Unsinn, da die richtlinienkonforme Auslegung durch den EUGH vorgegeben wird und bindend ist. Eine „Klarstellung“ wie sie sich das OLG vorstellt wäre in den denkbaren Formulierungen schlichtweg Unsinn, da sich die vom BGH geforderte „allgemeinverbindliche Klärung“ aus der jeweiligen Sachlage und den rechtlichen Rahmenbedingungen von alleine ergibt.
Fazit: Es handelt sich bereits um eine Einzelfallentscheidung, ohne allgemeine Aussagekraft. Insoweit sollte man davon absehen, abgegebene Unterlassungserklärungen mit dieser Klausel voreilig zurück zu weisen (wobei daran zu erinnern ist, dass mit dem BGH die Annahme der Unterlassungserklärung zur Beseitigung der Wiederholungsgefahr nicht notwendig ist!). Sollte eine der seltenen Fälle eindeutiger Divergenz zwischen EUGH und BGH Rechtsprechung vorliegen, wird im Einzelfall zu entscheiden sein, wie vorgegangen wird. Hier sind beide Seiten aufgerufen, klug vorzugehen: Der Unterlassungsgläubiger ist gut beraten, vor gerichtlichen Schritten um Klarstellung in der Unterlassungserklärung zu ersuchen. Der Unterlassungsschuldner sollte in diesem Fall genau überlegen, wie eine Klausel dann zu formulieren ist.
Inhalt einer Unterlassungserklärung nach Verstoss gegen vorangegangene Unterlassungserklärung
Wenn jemand eine Unterlassungserklärung abgibt und hiergegen verstößt, lebt die ursprüngliche Wiederholungsgefahr wieder auf, es ist eine erneute Unterlassungserklärung abzugeben.
Doch wann liegt ein Kernverstoß bei einem gegen die konkrete Verletzungsform gerichteten Unterlassungstitel wie eine Unterlassungserklärung vor? Das OLG Frankfurt am Main (6 W 3/16) hat sich zum Unterlassungstitel – Unterlassungserklärung oder entsprechendem Urteil – geäußert und nochmals erklärt, dass ein gegen die konkrete Verletzungsform gerichteter Unterlassungstitel über die mit der verbotenen Form identischer Handlungen hinaus auch im Kern gleichartige Abwandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt, erfasst:
Ein Unterlassungstitel erfasst über die mit der verbotenen Form identischen Handlungen hinaus auch im Kern gleichartige Abwandlungen, in denen das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck kommt. Das gilt auch dann, wenn das Verbot auf eine konkrete Verletzungsform Bezug nimmt (BGH GRUR 2014, 706 Rn. 11 [BGH 03.04.2014 – I ZB 42/11] – Reichweite des Unterlassungsgebots).
Vorliegend ging es um die untersagte Nutzung eines Logos, das dann in abgewandelter Form genutzt wurde, wobei die Veränderungen so unwesentlich waren, dass die ursprüngliche Unterlassung weiterhin verletzt wurde.
Dies ist auch nichts neues: Wer mit einer Unterlassungspflicht belastet ist, muss alle kerngleichen Verstöße unterlassen, also gut überlegen ob die alternativ vorgenommene Handlung – auch wenn nicht ausdrücklich im Unterlassungstitel erwähnt – vielleicht doch von diesem erfasst sein könnte. Insbesondere kann es z.B. so sein, dass man zwar eine konkrete Webseite benannt hat, auf der man ein Verhalten unterlässt – aber am Ende alle Webseiten davon betroffen sind. Denn Grundsätzlich gilt auch hinsichtlich der Unterwerfungserklärung im Rahmen des Unterlassungserklärung die sogenannte „Kerntheorie“. Nach dieser lässt eine auf die konkrete Verletzungsform bezogene Unterwerfungserklärung die Wiederholungsgefahr auch für solche Varianten des Verhaltens entfallen, die mit der konkreten Verletzungsform kerngleich sind. Dies gilt auch dann, wenn der Gläubiger in seiner Abmahnung eine abstrakte über die konkrete Verletzungsform hinausgehende Unterwerfung gefordert hat, der Unterwerfungsschuldner sich aber auf eine konkrete Verletzungsform beschränkt:
Unerheblich ist danach, dass die Beklagte in ihrer Erklärung (…) die Unterwerfungserklärung auf die Webseite www.B.de beschränkt hat. Der Unterlassungsvertrag schließt die Wiederholungsgefahr für alle kerngleichen Verstöße auf allen Webseite aus. Damit ist die Vertragsstrafe auch für kerngleiche Verstöße auf allen Webseiten verwirkt im Sinne von § 339 Satz 2 BGB. Denn Webseiten untereinander sind auf jeden Fall kerngleich.
Landgericht Düsseldorf, 34 O 21/19
Hinweis: Wenn mit dem „neuen Hamburger Brauch“ gearbeitet wird, also keine feste Vertragsstrafe vereinbart ist, so ist im Fall erneuter Abmahnung nun einer deutlich angehobene Mindeststrafe vorzunehmen – beachten Sie dazu meinen ausführlichen Beitrag zur Abmahnung nach Verstoss gegen eine Unterlassungserklärung.
Rechtsanwalt Jens Ferner hilft, wenn Sie eine Abmahnung erhalten haben und eine Unterlassungserklärung abgeben sollen!
Organisationsverschulden bei Vertragsstrafe nach Unterlassungserklärung
Das OLG Frankfurt (6 W 48/15) teilt nochmals die bittere Wahrheit mit, dass man nach Abgabe einer Unterlassungserklärung weitreichende Prüfpflichten hat und auch bei delegierten Aufgaben (selbstverständlich) die Vertragsstrafe verwirkt wenn keine Kontrollmaßnahmen existieren:
Trifft der Schuldner nicht alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen, um Zuwiderhandlungen durch Angestellte und Beauftragte zu verhindern, trifft ihn ein eigenes Organisationsverschulden hinsichtlich Verstößen, die durch derartige Maßnahmen verhindert worden wären. (…) Der Verstoß erfolgte schuldhaft. Ohne Erfolg beruft sich die Antragsgegnerin darauf, die von ihr beauftragte Katalogherstellerin habe die Produkte entgegen ihrer Weisung (auch) in den deutschsprachigen Katalog aufgenommen. Für die Vollstreckung nach § 890 ZPO kommt es zwar allein auf das Verschulden des Schuldners an. Eine Zurechnung des Verhaltens seiner Erfüllungsgehilfen nicht statt (BGH GRUR 2014, 909 Rn. 11 – Ordnungsmittelandrohung nach Prozessvergleich). Ein eigenes Verschulden kann sich jedoch aus Mängeln bei Auswahl und Überwachung der Erfüllungsgehilfen ergeben. Der Schuldner muss alle erforderlichen und zumutbaren Maßnahmen treffen, um Zuwiderhandlungen durch Angestellte und Beauftragte zu verhindern. Im Streitfall wäre es zumutbar und erforderlich gewesen, vor Erscheinen die Druckvorlage des Katalogs erneut daraufhin zu überprüfen, ob die dem Verbot entsprechenden Artikel tatsächlich entfernt wurden.
Auch in meinem Alltag ist es immer wieder ein Problem, dass die eigenen Pflichten bei der Anzeigenschaltung vergessen werden – dabei droht hier gerade ein ganz erhebliches Risiko einer Vertragsstrafe.
Sonstige Hinweise zur Formulierung der Unterlassungserklärung
Schuldhafter Verstoss gegen Unterlassungserklärung
An erster Stelle steht da die Sache mit dem „schuldhaften Verstoss„: Kürzlich hat das OLG Hamm (I U 24/10) festgestellt, dass es ein Indiz für rechtsmissbrauch sein kann, wenn die vorformulierte Unterlassungserklärung (im Rahmen einer wettbewerbsrechtlichen Abmahnung) auch schuldlose Verstöße zur Verwirkung der Vertragsstrafe vorsieht. In dem konkreten Fall hatte der Abmahner allerdings nicht – wie man es teilweise kennt – schlicht gar keine Äußerung zur Schuldhaftigkeit vorgesehen, etwa „Vertragsstrafe wird fällig wenn VERSTOSS“. Hier hatte der Abmahner konkret geschrieben „Die Vertragsstrafe wird fällig beim, auch nicht schuldhaften, VERSTOSS“.
Wenn man das weiss, sieht man auch keinen Widerspruch zum OLG Köln (6 U 207/06), das im Jahr 2007 kein Problem damit hatte, dass in vorformulierten Unterlassungserklärungen nicht ausdrücklich eine Begrenzung auf schuldhafte Verstösse vorgenommen wurde: Solche Fälle, in denen nicht ausdrücklich nicht-schuldhafte Verstösse mit einbezogen sind, sind so zu verstehen, dass dem „gesetzlichen Leitbild“ eines schuldhaften Verstosses gefolgt werden soll. Im Rahmen der Vertragsauslegung ist dann festzustellen, dass alleine schuldhafte Verstösse gemeint sind.
Für die gängige Praxis, die Unterlassungserklärung bei Bedarf um das Wort „schuldhaft“ zu ergänzen bedeutet das wohl, dass es im schlimmsten Fall überflüssig wäre, letztlich aber auch nicht schaden kann.
Vertragsstrafe
Hinsichtlich der Vertragsstrafe sei auf ein Urteil des Landgerichts Hamburg (310 O 281/09) verwiesen: Hier geht es um die Frage, wie eine Alternative zur ausdrücklich festgestellten Vertragsstrafe aussieht. Hin und wieder wird hier – anstelle einer festen Summe X – die Formulierung in der folgenden (sinngemäßen Form) verwendet:
Es ist eine angemessene Vertragsstrafe zu zahlen, deren Höhe im Zweifel durch das zuständige (Land)Gericht festzustellen ist und deren Höhe jedoch einen Betrag von X € nicht unterschreiten sollte.
Das Landgericht Hamburg sieht bei einem solchen Zusatz keine wirksame Unterlassungserklärung abgegeben, denn: Nach §315 III BGB prüft das Gericht nur die Angemessenheit der Vertragsstrafe. Das Landgericht wörtlich dazu: „Wegen des Wortlauts des § 315 Abs. 3 BGB darf die Bestimmung der Vertragsstrafenhöhe nicht unmittelbar dem Gericht überlassen werden.“.
Mit dem Landgericht Hamburg, übrigens auch mit Hefermehl/Köhler/Bornkamm, ist also nur so zu formulieren, dass eine Prüfung, nicht aber eine Festsetzung stattfindet. Zwar lässt das Landgericht Hamburg die Hintertüre, dass es ja entsprechend ausgelegt werden könne, aber: „Auf eine solch auslegungsbedürftige Klausel musste sich die Antragstellerin jedoch ebenfalls nicht einlassen.“.
Unterlassungserklärung „ohne Anerkenntnis und Präjudiz“
Weiterhin beliebt und leider immer noch bei manchem „Abmahner“ Grund für Streit ist ein Passus mit dem jegliches „Präjudiz“ ausgeschlossen werden soll. Da eine Unterlassungserklärung nun ohnehin kein Schuldeingeständnis beinhaltet ist das nicht zwingend – schadet aber auch nicht. Gleichwohl kann man fragen ob hiermit die Verbindlichkeit eingeschränkt wird. Verbreitet sind dabei Formulierungen in der Art
- „Ohne Präjudiz für Sach- und Rechtslage, gleichwohl rechtsverbindlich“, oder auch
- „Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl rechtsverbindlich“.
Manchmal wurde nun darum gestritten, ob das ausreichend ist. Für den Fall zwei hat dies bereits das Landgericht Paderborn (6 O 61/10) bestätigt, den ersteren Fall hat das LG Kiel (14 O 33/07) abgesegnet. Ich denke, wenn man ein wenig Zeit investiert und weiter sucht, wird man ähnliche Entscheidungen finden, was auch nicht überrascht: Die Rechtsverbindlichkeit wird ausdrücklich zugesagt, damit geht der Zwang einher, sich an die zugesagte Unterlassung auch zu halten. Die Grenze wird nur dann erreicht sein, wenn ein Widerspruch zwischen der Erklärung und der rechtsverbindlichen Zusicherung besteht, was m.E. in keinem Fall vorliegen kann, wenn man ein „Präjudiz“ verneint. Problemlos kann man zusichern, etwas nicht zu tun, sich dabei aber darum streiten ob der bisherige Vorfall z.B. schuldhaft war.
Gleichartige Verstöße
Zum Schluss interessant finde ich zum Thema Wiederholungsgefahr auch weiterhin die Sache mit den „gleichartigen Verstößen“. Kurz und prägnant dazu aus einer Entscheidung des BGH (I ZR 212/93, zu finden in NJW 1996, S.723ff.), da liest man dann u.a.:
[…] nach der Rechtsprechung des Senats beschränkt sich die durch eine Verletzungshandlung begründete Wiederholungsvermutung nicht allein auf die genau identische Verletzungsform, sondern umfasst auch alle im Kern gleichartigen Verletzungsformen […]
Das ist insoweit ständige Rechtsprechung und für Juristen nichts neues (begann wohl mit BGH in NJW 1989, S.1545 und ist zuletzt bei BGH I ZR 46/07 sowie im Mai diesen Jahres, BGH I ZR 177/07 zu finden; Aufgegriffen auch von den OLG, etwa OLG Hamm, 4 U 153/06).
Ich finde es durchaus verführerisch, diese – zum Wettbewerbsrecht entwickelte – Rechtsprechung auf Filesharing-Abmahnungen zu übertragen. Typischer Fall: Verbraucher bietet einen Chart-Container in einer P2P-Börse an. Dabei wird er von drei Rechteinhabern (R1-R3) „erwischt“, wobei er von R3 als erstes angeschrieben wird. Er gibt eine Unterlassungserklärung ab. Einige Wochen oder Monate später trudeln die Abmahnungen der R2 und R1 ein. Frage: Liegt hier ein gleichartiger Verstoss vor, der mit Blick auf obige Rechtsprechung hinsichtlich der vor Abgabe der Unterlassungserklärung begangener Rechtsverletzungen gleicher Art die Wiederholunsgefahr entfallen lässt – also auch das Bedürfnis einer Unterlassungserklärung entfallen lässt?
Die Frage erscheint verlockend, funktioniert aber nicht, da es um verschiedene Schutzrechtsgüter geht.
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