Abgrenzungs- und Informationsfunktion des Bußgeldbescheides nach illegaler Arbeitnehmerüberlassung: Ein Bußgeldbescheid, der eine illegale Arbeitnehmerüberlassung ahnden möchte, darf nicht zu Abstrakt formuliert sein, sondern muss die vorgeworfenen Taten in Form der Arbeitnehmer-Einsätze konkret bezeichnen.
Anforderungen an einen Bussgeldbescheid
Ein Bußgeldbescheid muss entsprechend § 66 Abs. 1 Nr. 3 OWiG „die Bezeichnung der Tat, die dem Betroffenen zur Last gelegt wird“ sowie „Zeit und Ort ihrer Begehung“ enthalten. Er hat im Falle der Einspruchseinlegung wie die Anklageschrift (§ 200 Abs. 1 Satz 1 StPO) und der Strafbefehl (§ 409 Abs. 1 Satz 1 StPO), denen er nachgebildet ist, die Aufgabe, den Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens in persönlicher, sachlicher und rechtlicher Hinsicht von anderen denkbaren Tatvorwürfen abzugrenzen und damit auch den Umfang der Rechtskraft zu bestimmen.
Diese Aufgabe erfüllt der Bußgeldbescheid in sachlicher Hinsicht, wenn nach seinem Inhalt kein Zweifel über die Identität der Tat entstehen kann, wenn also zweifelsfrei feststeht, welcher Lebensvorgang erfasst und geahndet werden soll. Der Sachverhalt ist unter Anführung der Tatsachen, welche die einzelnen Tatbestandsmerkmale erfüllen, als geschichtlicher Lebensvorgang so konkret zu schildern, dass nicht unklar bleiben kann, über welchen Sachverhalt das Gericht urteilen und gegen welchen Vorwurf sich der Betroffene verteidigen soll.
Kein Dauerdelikt bei Arbeitnehmerüberlassung
Ein Entleiher verwirklicht den Tatbestand des AÜG, wenn er einen ihm unerlaubt überlassenen Leiharbeitnehmer „tätig werden lässt“. Anknüpfungspunkt der Sanktion ist spiegelbildlich zum jeweiligen Akt des Überlassens durch den Verleiher die Beschäftigung des Leiharbeitnehmers durch den Entleiher. Auch bei einer längeren Zusammenarbeit mit einem Verleiher handelt es sich hierbei nicht um ein Dauerdelikt (so ausdrücklich OLG Düsseldorf, IV-2 Ss (OWi) 170/04 – (OWi) 15/06 III, unter Bezugnahme auf frühere Rechtsprechung). Vielmehr ist für die Beurteilung der Annahme von Tatmehrheit und Tateinheit auf den Entschluss des Entleihers abzustellen, der dem Einsatz der Leiharbeitnehmer jeweils zugrunde liegt.
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Bezeichnung der Taten bei Arbeitnehmerüberlassung im Bussgeldbescheid
Nicht selten scheitern mir bekannte Bussgeldbescheide an der klaren Benennung der Taten. Dabei ist es aber nicht (zwingend) erforderlich, die Namen der Leiharbeitnehmer und die Zeiträume, in denen sie beim Entleiher tätig waren, zu nennen, um die Verstöße gegen das AÜG konkret zu umschreiben. Denn eine solche Konkretisierung ist in der Regel auch nicht möglich, wenn die Arbeitnehmerüberlassung bei der Rechnungslegung durch Pauschalvergütungen oder Einheitspreise verschleiert wird.
Es reicht zur Erfüllung der Abgrenzungs- und Informationsfunktion des Bußgeldbescheides aus, ist aber auch erforderlich, wenn die Einzelakte nach Einsatzzeit, Einsatzort, Projekt und berechneter Vergütung konkretisiert werden. In dieser Weise müssen die mitunter zahlreichen Einzelakte dargestellt werden, um den Anforderungen des § 66 Abs. 1 Nr. 3 OWiG Rechnung zu tragen (so ausdrücklich OLG Düsseldorf, IV-2 Ss (OWi) 170/04 – (OWi) 15/06 III).
Tatsächlich stellt sich dies häufig schwierig dar, weswegen Behörden mitunter versuchen, aus zahlreichen Taten ein Dauerdelikt zu konstruieren um dann lediglich pauschal Zeiträume und Summen zu benennen. Das reicht nicht – und man sollte dem Gericht hier die entsprechende Arbeit machen.
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