Wenn man einen Strafverteidiger beauftragt, spielen natürlich zu Beginn die Kosten eine erhebliche Rolle: Man möchte und muss wissen, ob man sich die Verteidigung leisten kann (und will). Allerdings haben wir den Eindruck gewonnen, dass viele gar nicht in der Lage sind, die – aus unserer Sicht – richtigen Fragen zu stellen und am Ende Äpfel und Birnen vergleichen.
Hier eine Anleitung zum Vergleichen von Strafverteidigern. Dabei eines vorab: Vergleichen Sie nicht nur die Vorschüsse, sondern vor allem, was Sie für den Vorschuss bekommen und was die Verteidigung am Ende kostet. Wenn Sie letzteres nicht wissen, laufen Sie schnell in Kostenfallen.
Hinweis: Das ist natürlich eine rein subjektive Darstellung, ausgehend von den Gedanken, die wir uns hier bei unserer Preisgestaltung gemacht haben!
Schritt 1: Anwälte kontaktieren
Die wenigsten Strafverteidiger haben Preise auf der Webseite stehen. Wir haben Monate gebraucht, um Kalkulationsmodelle auf unserer Erfahrung zu konstruieren, mit denen wir ernsthafte Preise in Form von Paketen benennen können – der individuelle Aufwand ist je nach Mandant, Deliktsform und Sachverhalt einfach zu speziell. Aus unserer Sicht unterschätzen Laien diesen Aspekt mangels Objektivität und Erfahrung, wobei dies gerade der Grund ist, warum man einen Strafverteidiger beauftragen sollte.
Sie sollten mehrere Strafverteidiger anrufen und konkret nachfragen:
- wie hoch der zu zahlende Vorschuss ist (jeder erfahrene Strafverteidiger besteht auf einem Vorschuss – ich würde es als negatives Zeichen sehen, wenn jemand keinen will);
- was konkret für den Vorschuss geleistet wird;
- womit man grundsätzlich, im Fall einer Einstellung im Ermittlungsverfahren, bei dem Ihnen vorgeworfenen Delikt, bei diesem Strafverteidiger als abschließende Kosten zu rechnen hat;
Diese drei Parameter sind zwingend, um die Kosten von Strafverteidigern zu vergleichen. Dabei sind bei Parameter 3 ausdrücklich keine abschließenden Zahlen zu erwarten, weil dies ohne Kenntnis von Mandant und Akte schlicht nicht geht. Darum sind die Antworten „ich arbeite nur auf Basis eines Zeithonorars“ und „ich berechne nur die gesetzlichen Gebühren“ zwar keine Zahlen, aber vergleichbare Faktoren und damit brauchbare Antworten!
2. Kosten vergleichen
Wenn Sie mehrere Verteidiger angerufen haben, haben Sie einen ersten Einstieg. Nun müssen Sie die Daten gegenüberstellen, wobei sich folgendes Schema aus meiner Sicht anbietet:
- Vorschuss: Für den Vorschuss sollte man eine konkrete Leistung erhalten. Das ist natürlich keine abgeschlossene Strafverteidigung! Aber zumindest eine erste Beratung auf Akteneinsicht sollte enthalten sein. Ein Vorschuss, in dem nicht einmal ein Gespräch auf Aktenbasis enthalten ist, schreit danach, dass kurz nach der ersten Zahlung schon die nächste Rechnung kommt und Sie sich dann ärgern. Motto: Lieber etwas mehr zahlen, dafür aber auch wirklich eine (erste) Leistung erhalten.
- Abschließende Kosten: Was bringt ein niedriger Vorschuss, wenn man am Ende das X-fache zahlt, um ernsthaft verteidigt zu werden? Auf gar keinen Fall dürfen Sie darauf hereinfallen, mit einem niedrigen Vorschuss gelockt zu werden, um dann nach erster Zahlung zur Cashcow zu mutieren. Es gilt die Faustformel: je kleiner das Delikt, je eher gesetzliche Gebühren. Ein Strafverteidiger, der sich bei einem simplen Vergehen nicht zumindest grundsätzlich festlegen kann auf die Frage, was insgesamt auf einen zukommt, würde mir persönlich Sorge bereiten bei den Gesamtkosten.
- Honorarmodelle vergleichen: Wenn Sie Honorarmodelle vergleichen, gilt grundsätzlich die Reihenfolge, dass am günstigsten Pflichtverteidiger-gebühren sind, dann kommen die normalen gesetzlichen Gebühren und am kostenintensivsten wird ein Zeithonorar sein.
3. Welcher Vorschuss ist angemessen?
Es gibt hier keine allgemeine Zahl und viele Laien verwechseln angemessene Kosten mit dem, was ihnen zu teuer ist. Lesen Sie einmal meinen Artikel zu den gesetzlichen Kosten:
Alleine dadurch, dass der Anwalt das Vorgespräch mit Ihnen führt, sich bestellt und die Akte anfordert entstehen bereits eine Grundgebühr und eine Verfahrensgebühr, mithin bei mittleren gesetzlichen Gebühren 460 Euro + USt. = 547,40 Euro. Das ist das, was der Gesetzgeber bereits als angemessen erachtet und diese Gebühren entstehen mit dem Gesetz. Das bedeutet, dass ein Vorschuss um die 500 Euro für die erste Tätigkeit absolut problemlos ist – bei simplen Vergehen.
Wenn man sich also bei einem Vorschuss um die 300-500 Euro bewegt, sind gerade einmal die zu erwartenden, ohnehin entstandenen gesetzlichen Gebühren beglichen.
Stichwort Ratenzahlungen: Es ist vollkommen normal, dass Sie das Geld für eine vollständige Strafverteidigung nicht vollständig zur Hand haben. Strafverteidiger bieten regelmäßig Ratenzahlungen an – aber seien Sie auch hier vorsichtig! Ein Vorschuss auf Raten ist gefährlich; im schlimmsten Fall zahlen Sie die erste Rate, können die zweite schon nicht mehr aufbringen und der Anwalt legt das Mandat nieder – ohne dass die Akte vorlag und eine Besprechung geführt werden konnte. Sie haben dann sprichwörtlich für nichts gezahlt und der Anwalt ist im Zweifelsfall im Recht. Lieber einmal den Vorschuss aufbringen, dann in Raten weiterzahlen und die erste Tätigkeit gesichert haben (darum bieten wir auch keinen Vorschuss auf Raten an, es provoziert nur Ärger).
In bestimmten Deliktsbereichen, wie im Sexual- oder Wirtschaftsstrafrecht, sind dann höhere Vorschüsse durchaus angezeigt. Denn während man im Wirtschaftsstrafrecht mit einer Aktenzahl rechnen muss, die viel mehr Zeit zum Einlesen braucht, ist im Sexualstrafrecht eine viel detailliertere Arbeit mit erheblich mehr Gesprächsaufwand und Schreibaufwand im Ermittlungsverfahren verbunden. Hier gilt, dass man selber realistisch sein muss: Wenn die eigene Freiheit auf dem Spiel steht oder die berufliche Existenz gefährdet ist, dann sollte man aufhören, den Sparfuchs raushängen zu lassen.
4. Parameter 4: Qualität und Persönlichkeit
Es geht hier alleine um die Kosten, die Sie sehr wahrscheinlich vergleichen möchten – darum konzentriert sich dieser Beitrag darauf. Wenn Sie klug sind, achten Sie aber auch ein wenig darauf, welche Qualität ihr Verteidiger bietet und ob Sie persönlich mit ihm klarkommen. Ich habe bereits einen Artikel verfasst, in dem ich erkläre, woran man gute Strafverteidiger erkennt: Sie müssen einen Draht aufbauen und ihm vertrauen können. Ohne wird es nichts mit einer guten Verteidigung. Und der günstigste Anwalt bringt ihnen nichts, wenn er vom Strafrecht keine tiefgehende Ahnung hat.
Fazit: Fragen Sie nach den Kosten!
Im Kern ist es also einfach: Sie müssen einfach ein paar Verteidiger anrufen und klar nach den Kosten fragen. Sie erhalten natürlich keine abschließenden Beträge, aber etwas zum Orientieren. Dabei müssen Sie zwingend darauf achten, nicht nur die Vorschüsse zu vergleichen, sondern auch zu vergleichen, was wahrscheinlich insgesamt auf Sie zukommt. Die Preise bei Strafverteidigern variieren so stark wie ihre Qualifikation.
Dabei sollte jeder Strafverteidiger erklären können, warum er seine Kosten so ausgestaltet – für Sie dagegen gilt: Über gesetzliche Gebühren gibt es keine Diskussion und wenn Ihnen jemand zu teuer ist, müssen Sie sich nicht aufregen, gehen Sie halt woanders hin. Aber bevor Sie darüber urteilen, dass Ihnen jemand zu teuer ist, denken Sie immer an Parameter 4: Zum Ramsch-Preis bekommen Sie keine Profis. Es ist Ihre Entscheidung, ob Ihnen Ihre Strafsache einen echten Profi wert ist – oder Sie es halt doch mit dem Anwalt um die Ecke versuchen, der glaubt alles zu können.
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