Vorbewährung und Unterbringung in Entziehungsanstalt im Jugendstrafrecht: Der Bundesgerichtshof (1 StR 569/19) konnte sich zur Anwendung des § 61 Abs. 1 JGG beim Zusammentreffen von Jugendstrafe und Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gemäß § 64 StGB äussern. Hier hat der BGH nun klargestellt, dass der Vorbehalt der nachträglichen Entscheidung über die Aussetzung nach § 109 Abs. 2 i.V.m. § 61 Abs. 1 JGG in entsprechender Anwendung auch für den vorliegenden besonderen Fall einer gleichzeitigen Anordnung der Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB neben der Ahndung mit einer Jugendstrafe gilt.
Insoweit hebt der BGH hervor, dass die gesetzgeberischen Ziele, die Hintergrund des §61 JGG sind, über den Wortlaut des § 61 Abs. 1 JGG hinaus bei der besonderen Fallgestaltung eines Zusammentreffens von Jugendstrafe und Unterbringung in einer Entziehungsanstalt nach § 64 StGB nur dadurch erreicht werden können, dass eine einheitliche Entscheidung über die „Vorbewährung“ für beide jugendgerichtlichen Sanktionsmöglichkeiten getroffen wird:
Dies gilt insbesondere auch wegen des durch § 5 Abs. 3 JGG vorgegebenen sachlichen Zusammenhangs zwischen Strafe und Unterbringung (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2013 – 2 StR 154/13 Rn. 4 mwN). Von einer geschlossenen Unterbringung in einer Entziehungsanstalt gehen vergleichbare Wirkungen wie beim Vollzug der Jugendstrafe aus. Eine Beschränkung einer „Vorbewährung“ nach § 61 JGG allein auf die Verhängung einer Jugendstrafe würde hier zu Wertungswidersprüchen in Bezug auf die mit der gesetzlichen Regelung verfolgte Zielsetzung führen, einen Vollzug von Jugendstrafe möglichst zu vermeiden. Die nach dem Gesetzeswortlaut bestehende Möglichkeit zur „Vorbewährung“ muss daher in dem speziellen Fall einer gleichzeitigen Verhängung von Jugendstrafe und Unterbringung entsprechend ausgedehnt werden.
BGH, 1 StR 569/19
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