Strafaussetzung zur Bewährung: „Internetverbot“ oder Nutzungsverbot Sozialer Netze als Weisung zulässig

Inzwischen gibt es mehrere Entscheidungen, die sich mit der Frage der Zulässigkeit eines „Internetverbots“ als Weisung beschäftigen. Ich hatte bereits berichtet, dass etwa ein unreflektiert (oder in diesem Fall vorsätzlich ausgerichteter) Facebook-Gebrauch zum Widerruf der führen kann, wenn dadurch ein Kontaktverbot verletzt wird. Und 2010 hatte das AG Marburg (1 Ws 371/89) entschieden, dass die Weisung

jede Nutzung des Internets zu unterlassen und keine Internet-Cafes zu betreten

zulässig sein kann, während das LG Nürnbürg-Fürth dies abgelehnt hatte. Zwischenzeitlich hat sich auch das OLG Hamm zu dieser Thematik geäußert, insgesamt zeichnet sich die Linie ab, dass solche Weisungen zulässig sind – und Verbreitung finden.

Entscheidung des OLG Hamm

Das Oberlandesgericht Hamm (1 Ws 507, 508/15) hatte sich ebenfalls mit der Frage des Internetverbots als Weisung im Rahmen der Bewährung zu beschäftigen und stellte fest:

Einem wegen Verbreitung kinderpornographischer Schriften verurteilten Straftäter kann im Rahmen der Strafaussetzung zur Bewährung gestützt auf § 56 c Abs. 1 StGB ein „Internetverbot“ als Weisung erteilt werden. Diese stellt jedenfalls dann keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten, wenn hiervon eine für eine berufliche Qualifizierungsmaßnahme unerlässliche Internetnutzung ausgenommen wird.

Diese Entscheidung bedarf erst einmal keiner grundsätzlichen Kritik, §56c Abs.1 StGB gibt vielmehr vor, dass das Gericht alles in Erwägung ziehen muss, was hilfreich ist:

Das Gericht erteilt dem Verurteilten für die Dauer der Bewährungszeit Weisungen, wenn er dieser Hilfe bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen. Dabei dürfen an die Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden.

Wichtig ist der erste Teil: Die Weisung muss notwendig, also zwingend sein, um das Begehen weiterer Straftaten zu verhindern. Dabei muss der Betroffene auch in Erinnerung behalten, dass man ihm hier die Brücke in die Bewährung baut, die sonst nicht möglich wäre. Es geht also nicht um eine weitere Strafe, sondern um eine Einschränkung ohne die eine Haft im Raum stehen würde. Und in der Haft gibt es ohnehin den gewünschten Internetzugang nicht.

Verbot der Nutzung sozialer Netze unzulässig

Anders dagegen eine Entscheidung des LG Nürnberg-Fürth (17 Qs 7/15), das die Auflage

Der Angeklagten wird auf die Dauer der Bewährungszeit die Nutzung sozialer Netzwerke im Internet – wie z.B. facebook und Twitter – verboten.

als zu unbestimmt angesehen hat. SO ist schon gar nicht klar umgrenzt, was überhaupt ein „soziales Netzwerk“ ist, was die Kammer vollkommen zu Recht bemängelt hat. Jedenfalls aber ist auch noch zu kritisieren, dass „Nutzung“ gar nicht klar definiert ist: Fällt hierunter auch das „nur lesen“ oder lediglich eine aktive Teilnahme?

Durch die weite Formulierung „Nutzung“ erscheint bereits das Aufrufen solcher Seiten im Internet als von der Weisung umfasst. Allein der Aufruf solcher Seiten wird die Verurteilte jedoch nicht zu neuerlichen Straftaten verleiten. Unter den Begriff „soziale Netzwerke“ fällt eine Vielzahl von Seiten im Internet. Um die Weisung für die Verurteilte hinreichend konkret und befolgungsfähig zu machen, hätte es jedenfalls einer konkreten Benennung der betroffenen Seiten bedurft.

Im Übrigen ist die angegriffene Bewährungsweisung in ihrer Einhaltung nicht überprüfbar und auch deshalb unzulässig (vgl. OLG FFM, NStZ-RR 2003, 199 f.). Letztlich könnte die Verurteilte einen Account auf Aliaspersonalien errichten, um der Überprüfbarkeit zu entgehen. Vor allem in Anbetracht der Tatsache, dass die Verurteilte einen Sohn hat, der auch das Internet nutzt, kann selbst bei einer Überprüfung des Browserverlaufs nicht nachvollzogen werden, wer ggf. die dort ersichtlichen sozialen Netzwerke genutzt hat. Im Übrigen könnte die Verurteilte allein durch den Besuch eines Internetcafés ihre eigene Nutzung geheim gestalten.

Stellungnahme zu den Entscheidungen

Spannender sind in diesem Bereich zwei andere Aspekte des Internetverbots: Zum einen, ob das Verbot überhaupt hinreichend bestimmt ist, gerade in einer Welt, in der ohnehin der Begriff „online“-sein an Bedeutung verliert, da man faktisch ständig irgendwie mit dem Internet verbunden ist (und seien es Apps auf dem heimischen Fernseher). Zum anderen muss bei der Zumutbarkeit sauber geprüft werden, ob berufliche Ausnahmen zu machen sind. Immerhin letzteres hatte das OLG sauber geprüft und klar gestellt, der erste Aspekt aber geht mehr und mehr verloren, was man auch damit erklären mag, dass Gerichte hier vom „Internet“ und „online sein“ noch antiquierte Vorstellungen haben könnten.

Was vor einigen Jahren noch möglich war ist heute nämlich kaum mehr vorstellbar: Der vollständige Verzicht auf „das Internet“. Man dürfte kein Smartphone samt Messengern, keine Smart-TVs, keine Hausvernetzung etc. nutzen. Das OLG umschiffte die Problematik (scheinbar), indem es die Weisung wie folgt formulierte:

Dem Verurteilten wird darüber hinaus untersagt, einen Internetanschluss zu betreiben oder in sonstiger Weise vorzuhalten und zu nutzen

Doch auch das ist zu unbestimmt und hat weitreichende Konsequenzen, etwa kann kein VOIP-Teleonanschluss betrieben werden. Denn gemeint ist in Wahrheit nicht der Internetanschluss, sondern die Inanspruchnahme eines Internetzugangs. Und warum es etwa nicht erlaubt sein sollte, einen Internetzugang alleine zum Betrieb eines Smart-TVs vorzuhalten ist mir nicht zugänglich. Abgesehen davon, und nun kommt das grösste Problem: Der Erhalt und das Verbreiten von , was man hier verhindern wollte, ist heute per Post in den einschlägigen Kreisen genauso en Vogue wie vor 20 Jahren. Und auf der anderen Seite ist jede differenzierte Lösung, bei der etwa bestimmte Dienste untersagt werden, mit der Problematik konfrontiert, dass man es nicht kontrollieren kann; allerdings kann man auch nicht kontrollieren, ob Betreffende sich über das WLAN des Nachbarn im Internet umsehen. Das LG Nürnberg-Fürth ist an dieser Stelle schlicht lebensnäher.

Man merkt es schon: Für mich sind solche „Lösungen“ Augenwischerei, Sie helfen nicht, provozieren im Gegenteil Verstöße da „das Internet“ heute Alltagsbestandteil ist und verkehren die Realität: Wer sich Fotos von kleinen nackten Kindern ansehen möchte, bei dem stimmt was nicht im Kopf. Das kann man nennen wie man will, am Ende – und das zeigt die hiesige 20jährige Erfahrung mit solchen Delikten, wobei es alleine um den Konsum solcher Pronographie geht – ist mit Abstand das Erfolgreichste eine Kombination aus Strafe und präventiver Sexualberatung und Betreuung.

Interessant wird es an anderer Stelle beim Internetverbot, nämlich bei der Frage, ob wir vielleicht dahin kommen, wo das angelsächsische System schon länger ist: Zum vollständigen Internetverbot bei bestimmten Taten wie etwa klassischen „Hacker“-Aktivitäten. Dies spielt bisher seltsamer Weise kaum eine Rolle, würde aber wiederum zu grundrechtlichen Fragen führen, zumal immer mehr Medien und informative Angebote der Presse nur noch digital erhältlich sind. Auch hiermit befasst sich das OLG Hamm, wobei ich dies für mich aber zusammenfassen möchte mit einer weltfremden Argumentation die man heute mit „Mitte 50 Aufwärts“ sicherlich ohne Rot zu werden vertreten kann, die mit dem Alltag der restlichen Gesellschaft, in einer Zeit in der es dank Wikipedia keinen gedruckten Brockhaus mehr gibt, aber nichts mehr zu tun hat. Lange wird sich diese Argumentation nicht halten können.

Aus der Entscheidung des OLG Hamm zum Internetverbot

Die Weisung stellt keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Verurteilten (§ 56c Abs. 1 S. 2 StGB). Sie verstößt nicht gegen das Grundrecht der Informationsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 GG, auf das sich der Verurteilte mit seinen Hinweisen auf die Gepflogenheiten der heutigen Kommunikation, insbesondere bzgl. der Erschwernisse bei dem Inhalt von Informationen im Rahmen der Arbeits- und Wohnungssuche, offenbar berufen will. Zwar ist der Schutzbereich der Informationsfreiheit betroffen, da die Informationsfreiheit der Internetnutzer die Beschaffung und Entgegennahme von Informationen aus dem Internet als einer allgemein zugänglichen Quelle erfasst (BVerfG NJW 2012, 3423; VG Düsseldorf, Urt. v. 24.06.2014 – 27 K 7499/13 – juris). Das Internet ist technisch geeignet und dazu bestimmt, der Allgemeinheit, d. h. einem individuell nicht bestimmbaren Personenkreis, Informationen zu verschaffen (vgl. zu dieser allgemeinen Voraussetzung: BVerfG, Beschl. v. 25.04.1972 – 1 BvL 13/67 – juris = BVerfGE 33, 52).

Das Grundrecht ist aber nicht vorbehaltslos gewährleistet. Eine Weisung nach § 56c Abs. 1 StGB unterfällt dem Gesetzesvorbehalt des Art. 5 Abs. 2 1. Alt. GG; danach finden die Rechte aus Art. 5 Abs. 1 GG „ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze“. § 56c Abs. 1 StGB ist ein allgemeines Gesetz im Sinne von Art. 5 Abs. 2 1. Alt. GG. Ein allgemeines Gesetz liegt vor, wenn es sich nicht gegen eine bestimmte Meinung richtet (BVerfG, Beschl. v. 25.04.1972 – 1 BvL 13/67 – juris = BVerfGE 33, 52). Die gesetzliche Grundlage für die Erteilung von Weisungen im Rahmen der Bewährung richtet sich nicht gegen die Abgabe oder den Erhalt bestimmter Meinungen, ist also „allgemein“ (vgl. auch: OLG Frankfurt, Beschl. v. 07.09.2010 – 3 Ws 839/10 – juris).

Die Ermächtigungsgrundlage des § 56c Abs. 1 StGB ist auch nicht wegen eines Verstoßes gegen das Zitiergebot aus Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG verfassungswidrig oder jedenfalls insoweit verfassungskonform einschränkend auszulegen, dass Weisungen, die in das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG eingreifen, nicht auf sie gestützt werden können. Zwar wird in der Literatur teilweise vertreten, dass Einschränkungen von Art. 5 GG nur aufgrund der namentlich aufgezählten Weisungsmöglichkeiten des § 56c Abs. 2 StGB möglich seien, nicht aber aufgrund nicht gesetzlich geregelter Weisungen aufgrund der Generalklausel des § 56c Abs. 1 StGB (Fischer, StGB, 62. Aufl., § 56c Rdn. 2a; Heger in: Lackner/Kühl, StGB, 28. Aufl., § 56c Rdn. 2; Stree/Kinzig in: Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 56c Rdn. 8). Zur Begründung dieser Ansicht wird teilweise auf das Zitiergebot aus Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG verwiesen (Fischer, StGB, 62. Aufl., § 56c Rdn. 2a).

Dem kann der Senat nicht folgen (wie hier u.a.: von Heintschel-Heinegg in: BeckOK-StGB, Ed. 28, § 56c Rdn. 2 f.; Hubrach in: LK-StGB, 12. Aufl., § 56c Rdn. 27; Ostendorf in: NK-StGB, 4. Aufl., § 56c Rdn. 6; Krumm ZRP 2011,152, 153). Zwar wurde bei Schaffung der Vorgängerregelung des § 56c StGB, nämlich § 24b StGB i.d.F. des 1. StrRG vom 25.06.1969 (BGBl. I, 645), Art. 5 GG in Art. 101 des 1. StrRG, welcher sich zu den eingeschränkten Grundrechten verhält, nicht zitiert. Die o.g. Literaturansicht erscheint aber schon widersprüchlich, denn es stellt sich die Frage, warum das Zitiergebot des Art. 19 Abs. 1 S. 2 GG bei § 56c Abs. 2 StGB nicht in gleicher Weise, wie bei § 56c Abs. 1 StGB zum Tragen kommen sollte. Vor allem aber findet nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Zitiergebot auf allgemeine Gesetze i.S.v. Art. 5 Abs. 2 GG gar keine Anwendung (BVerfG NJW 1970, 1837; BVerfG, Beschl. v. 25.04.1972 – 1 BvL 13/67 – juris = BVerfGE 33, 52).

Zudem findet das Zitiergebot auf nachkonstitutionelle Gesetze, welche bereits geltende Grundrechtseinschränkungen aus vorkonstitutioneller Zeit unverändert
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oder nur mit geringen Abweichungen wiederholen, ebenfalls keine Anwendung (BVerfGE 5, 13; BVerfG Beschl. v. 19.02.1963 – 1 BvR 610/62 – juris; BVerfGE 129, 208, 237). Auch wenn das nachkonstitutionelle Recht eine Grundrechtseinschränkung neu festsetzt, aber dadurch keine Verschärfung gegenüber dem vorkonstitutionellen Zustand eintritt, gilt das Zitiergebot nicht (BVerfG, Beschl. v. 10.06.1963 – 1 BvR 790/58 – juris; Hubrach in: LK-StGB, 12. Aufl., § 56c Rdn. 27). Das Zitiergebot soll lediglich ausschließen, dass neue, dem bisherigen Recht fremde Möglichkeiten des Eingriffs in Grundrechte geschaffen werden, ohne dass der Gesetzgeber sich darüber Rechenschaft legt und dies ausdrücklich zu erkennen gibt (BVerfG, Beschl. vom 30.05.1973 – 2 BvL 4/73 – juris). So verhält es sich hier. Die Möglichkeit einem Verurteilten Weisungen zu erteilen („besondere Pflichten aufzuerlegen“) bestand schon nach dem Reichsstrafgesetzbuch in der zum Zeitpunkt des Inkrafttreten des Grundgesetzes geltenden Fassung, nämlich ausdrücklich für Untergebrachte nach § 42h Abs. 1 S. 2 RStGB (Hubrach a.a.O.). Zudem ergab sich bereits seinerzeit aus § 24 Abs. 1 RStGB („Die vorläufige Entlassung kann bei schlechter Führung des Entlassenen oder, wenn derselbe den ihm bei der Entlassung auferlegten Verpflichtungen zuwiderhandelt, jederzeit widerrufen werden“), dass dem Verurteilten bei einer bedingten Entlassung bestimmte Verpflichtungen (ohne, dass zwischen Auflagen und Weisungen differenziert wurde) auferlegt wurden (vgl. Mühlmann/Bommel, StGB, 1949, § 23 Anm. 4; Schwarz, StGB 13. Aufl., § 23 Anm. 3). Dies wurde dann später durch § 24 StGB a.F. weiter präzisiert durch eine grundsätzlich zwingende Auflagenerteilung im Falle der bedingten Entlassung, wobei auch hier nicht präzise zwischen Auflagen und Weisungen differenziert wurde (vgl. Jagusch in: LK-StGB, 8. Aufl., § 24 Rdn. 2).

Die aktuell geltende Regelung greift also lediglich bereits vorkonstitutionelle Eingriffsmöglichkeiten auf und schränkt diese dadurch, dass die Weisungserteilung bestimmten Voraussetzungen und Begrenzungen unterliegt, ein.

Unterfällt eine Weisung nach § 56c Abs. 1 StGB damit grundsätzlich der Schrankenregelung des Art. 5 Abs. 2 GG, so verbleibt noch die Prüfung, ob die Voraussetzungen der Weisungserteilung nach § 56c Abs. 1 StGB eingehalten wurden und insbesondere an die Lebensführung des Verurteilten keine unzumutbaren Anforderungen gestellt werden. Dazu ist festzustellen, dass der Verurteilte angesichts der von ihm begangenen Taten der Hilfe in Form der (weitgehenden) Unverfügbarkeit eines Internetzugangs bedarf, um keine Straftaten mehr zu begehen. Unzumutbar ist diese Einschränkung nicht. Der Verurteilte hat weiterhin die Möglichkeit, sich über Zeitungen, Zeitschriften, Anzeigenblätter, Radio und Fernsehen etc. Informationen jeglicher Art zu beschaffen. Ihm steht es auch frei, Dritte zu bitten, ihm z.B. Stellen- oder Wohnungsanzeigen aus dem Internet auszudrucken oder – bzgl. Stellenanzeigen – die Möglichkeiten der Jobcenter zu nutzen. Auch kann der Verurteilte Fernsehen empfangen, ohne dadurch mit übermäßigen Kosten belastet zu sein. Die Kosten für einen getrennten isolierten Telefonanschluss und einen isolierten Kabelfernsehanschluss sind möglicherweise höher als bei Gesamtpaketen, welche neben Telefon und Kabelanschluss auch die Internetnutzung beinhalten. Dadurch wird aber die Weisung nicht unzumutbar. Angesichts der o.g. weiteren Informationsmöglichkeiten kann und muss der Verurteilte – wie jeder andere auch – im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten Prioritäten setzen und hat, selbst wenn er in diesem Rahmen auf einen Kabelanschluss verzichtet, gleichwohl im wesentlichen Umfang Zugang zu Informationen.

Auch soweit die allgemeine Handlungsfreiheit des Verurteilten aus Art. 2 Abs. 1 GG durch die Weisung betroffen ist, etwa, weil er die Kommunikationsmöglichkeit per E-Mail nicht selbst zur Verfügung hat, führt dies nicht zur Ungesetzmäßigkeit der Weisung. Eine hinreichende gesetzliche Grundlage für die Einschränkung liegt mit § 56c Abs. 1 StGB vor (s.o.) Die Einschränkung ist auch nicht unverhältnismäßig. Dem Betroffenen stehen genügend andere Kommunikationsmöglichkeiten zur Verfügung (etwa per Telefon, Telefax, persönliche Vorsprache, per Brief). Er ist nicht an einer Kommunikation gehindert, sondern diese wird allenfalls leicht erschwert bzw. bei einigen Kommunikationsarten (z.B. Brief) verlangsamt. Eine solche vergleichsweise geringe Beeinträchtigung ist im Hinblick auf die Vermeidung nicht unerheblicher Straftaten aber angemessen.

Aus der Entscheidung des AG Marburg

Zur Kenntnisnahme noch der entscheidende Teil der Entscheidung des AG Marburg:

Die genannte Weisung ist auch rechtmäßig, weshalb an ihren Verstoß Sanktionen geknüpft werden können. Zunächst greift die Weisung aber in das Grundrecht des Verurteilten nach Art. 5 Abs. 1 GG, nachdem jeder das Recht hat, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten, ein.

Das Grundrecht aus Art. 5 Abs. 1 GG findet allerdings nach Art. 5 Abs. 2 seine Schranken unter anderem in der Vorschriften der allgemeinen Gesetze. Bei § 56 c StGB handelt es sich um ein solches allgemeines Gesetz, wobei hier § 56 c Abs. 1 StGB handelt es sich um ein solches allgemeines Gesetz, wobei hier § 56 c Abs. 1 StGB den Eingriff in das Grundrecht der Informationsfreiheit rechtfertigt.

Es wird allerdings im strafrechtlichen Schrifttum zum Teil die Auffassung vertreten, eine Weisung mit der in ein Grundrecht eingegriffen werden solle, welches unter Gesetzesvorbehalt stehe, sei nur dann zulässig, wenn es sich um eine Weisung handele, die im Katalog des § 56 c Abs. 2 StGB ausdrücklich genannt sei (vgl. Schall in SK-StGB, § 56c Rn. 4; Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 56 c Rn. 8; Fischer, StGB, 57. Aufl., § 56 c Rn. 2a). Der Senat folgt dieser Auffassung nicht. Vielmehr beinhaltet § 56 c StGB auch für solche Eingriffe in Grundrechte eine ausreichende Grundlage, die in § 56 c Abs. 2 und 3 StGB nicht explizit genannt werden (OLG Stuttgart, Die Justiz 1987, 234 [235]; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.08.1989, Sz. 1 Ws 371/89, zit. nach Juris; Groß in MünchKomm/StGB, § 56 c Rn. 10; LK/Hubrach, 12. Aufl., § 56 c Rn. 27 f). Die Aufzählung der nach § 56 c Abs. 2 und 3 StGB möglichen Weisungen ist keine abschließende, sondern – wie die Formulierung „namentlich“ zeigt – nur eine beispielhafte. Vor diesem Hintergrund können Eingriffe in Grundrechte, die unter dem allgemeinen Gesetzesvorbehalt stehen, jedenfalls dann über § 56 c Abs. 1 StGB gerechtfertigt sein, wenn die Generalklausel des § 56 Abs. 1 S. 2 StGB beachtet wird und sie in ihrer Intensität nicht über die durch § 56 Abs. 2 und 3 StGB gerechtfertigten Eingriffe hinausgehen (vgl. OLG Stuttgart, Die Justiz 1987, 234 [235]; Groß in MünchKomm/StGB, § 56 c Rn. 10).

Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Zwar wird dem Verurteilten der Zugang zu einem wichtigen Informationsmedium untersagt, auf der anderen Seite bleiben ihm die klassischen Informationsmedien (Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen usw.) erhalten, so dass nicht von einer unzumutbaren Einschränkung gesprochen werden kann oder aber der Kernbereich des Art. 5 Abs. 1 GG tangiert wäre. Auch geht die Eingriffsintensität nicht über solche Eingriffe hinaus, die über § 56 c StGB gerechtfertigt wären, so erlaubt etwa § 56 Abs. 2 Nr. 4 StGB den Verurteilten anzuweisen, bestimmte Gegenstände, die ihm Gelegenheit oder Anreiz zu weiteren Straftaten bieten können, nicht zu besitzen. Da der Verurteilte, der in den letzten Jahren vornehmlich durch Besitz kinderpornographischer Schriften aufgefallen ist, einen Computer für die Begehung seiner Straftaten verwendet hat, könnte ihm etwa auch aufgegeben werden, keinen Computer zu besitzen.

Vor dem Hintergrund der erheblichen Straftaten des Verurteilten und die bei ihm vorliegende sexuelle Devianz mit pädophiler Hauptströmung, die sich in einem primären Interesse an weiblichen Kindern äußert, sind hier aber auch weitreichende Bewährungsweisungen erforderlich und verhältnismäßig, um den Verurteilten anzuhalten, keine weiteren Straftaten mehr zu begehen. Mithin sind die dem Verurteilten erteilten Weisungen nicht zu beanstanden.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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