In einer aktuellen Entscheidung vom 21. Dezember 2023 hat das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt (Az. 6 U 154/22) wichtige Aspekte der Haftung von Plattformbetreibern hinsichtlich der Kennzeichnung von Lebensmitteln geklärt. Dabei ging es insbesondere um die Frage, ob Plattformbetreiber wie Amazon verpflichtet sind, die korrekte Bezeichnung von Milchersatzprodukten zu überwachen und sicherzustellen.
Sachverhalt
Der Fall drehte sich um vegane Milchersatzprodukte, die auf der Plattform Amazon mit Bezeichnungen wie „Sojamilch“ oder „Reismilch“ angeboten wurden. Der Kläger, ein Wettbewerbsverband, wies darauf hin, dass solche Bezeichnungen gegen die europäischen Bezeichnungsvorschriften für Milch und Milcherzeugnisse verstoßen. Nach diesen Vorschriften darf der Begriff „Milch“ nur für Produkte verwendet werden, die aus echter Milch bestehen.
Rechtliche Analyse
Das OLG Frankfurt stellte klar, dass die Kennzeichnungsvorschriften in der Verordnung (EU) Nr. 1308/2013 eindeutig festlegen, dass der Begriff „Milch“ ausschließlich Produkten vorbehalten ist, die aus der normalen Eutersekretion ohne jeglichen Zusatz oder Entzug stammen. Vegane Produkte, die keine Milch enthalten, dürfen daher nicht als „Milch“ bezeichnet werden.
Das Gericht betonte, dass Plattformbetreiber, sobald sie auf Verstöße hingewiesen werden, verpflichtet sind, solche Verstöße nicht nur im konkreten Fall zu beseitigen, sondern auch zukünftige gleichartige Verstöße zu verhindern. Diese Pflicht erstreckt sich auch auf die Implementierung technischer Maßnahmen wie Wortfilter, um solche Verstöße effektiv zu unterbinden.
Entscheidung und Folgen
Das OLG Frankfurt entschied, dass Amazon als Plattformbetreiber seine Verkehrspflichten verletzt hat, indem es trotz Hinweises nicht ausreichend Maßnahmen ergriff, um die Verstöße gegen die Bezeichnungsvorschriften zu verhindern. Das Gericht stellte fest, dass die Gefahr der Irreführung der Verbraucher und die Verwässerung des Begriffs „Milch“ eine spürbare Beeinträchtigung der Interessen von Milcherzeugern und -händlern darstellt.
Die Entscheidung verdeutlicht, dass Plattformbetreiber bei Hinweisen auf Rechtsverstöße proaktiv handeln und geeignete technische und organisatorische Maßnahmen ergreifen müssen, um solche Verstöße zu verhindern. Dies umfasst nicht nur das Entfernen der konkreten Angebote, sondern auch präventive Maßnahmen, um zukünftige Verstöße zu verhindern.
Fazit
Die Entscheidung des OLG Frankfurt hat weitreichende Auswirkungen auf die Haftung von Plattformbetreibern. Sie betont die Verantwortung dieser Betreiber, auf Hinweise zu reagieren und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen, um Verstöße gegen Kennzeichnungsvorschriften zu verhindern. Dies stärkt den Verbraucherschutz und stellt sicher, dass die Vorschriften zur Bezeichnung von Lebensmitteln eingehalten werden. Plattformbetreiber müssen daher sicherstellen, dass sie über geeignete Systeme verfügen, um solche Anforderungen zu erfüllen und rechtliche Risiken zu minimieren.
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