OLG Bremen: Unmittelbares Ansetzen zum Betrug und Rücktritt vom Versuch

Das Oberlandesgericht (OLG) Bremen hat in seinem Beschluss vom 19. März 2024 (Az. 1 Ws 28/24) wesentliche Klarstellungen zum Begriff des unmittelbaren Ansetzens zum und zu den Bedingungen eines strafbefreienden Rücktritts vom Versuch getroffen.

Diese Entscheidung ist besonders relevant für die strafrechtliche Bewertung von Betrugsmaschen wie derjenigen der „falschen Polizeibeamten“ oder „falschen Bankmitarbeiter“ in klassischen -Fällen.

Sachverhalt

Die Entscheidung betrifft eine Betrugsmasche, bei der Täter sich telefonisch als Polizeibeamte oder Bankmitarbeiter ausgeben, um Opfer zur Herausgabe von Geld oder Wertgegenständen zu bewegen. Die Angeklagten hatten in mehreren Fällen telefonisch Kontakt zu potenziellen Opfern aufgenommen und vorgespiegelt, es seien Auslandsüberweisungen von den Konten der Geschädigten erfolgt oder diese könnten im Besitz von sein. Ziel war es, die Opfer zur Übergabe von Geld oder anderen Vermögenswerten zu bewegen.

Rechtliche Analyse

Unmittelbares Ansetzen zum Betrug

Das OLG Bremen stellte klar, dass ein unmittelbares Ansetzen zum Betrug nicht erst dann vorliegt, wenn der Täter das Opfer zur Vornahme der angestrebten Vermögensverfügung auffordert. Vielmehr beginnt das unmittelbare Ansetzen bereits bei Täuschungshandlungen im Rahmen desselben Telefonats, die ohne wesentliche Zwischenschritte in die angestrebte Vermögensverschiebung münden sollen. Diese Entscheidung folgt der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), die festlegt, dass die Schwelle zum Versuch bereits dann überschritten ist, wenn der Täter Handlungen vornimmt, die nach seiner Vorstellung unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen.

Beispielhafte Anwendung: In den vorliegenden Fällen hatten die Angeklagten die Geschädigten dazu gebracht, Seriennummern von Geldscheinen durchzugeben, um angebliches Falschgeld zu identifizieren. Diese Täuschungshandlungen wurden als unmittelbares Ansetzen zum Betrug gewertet, da sie direkt darauf abzielten, die Opfer zur Vermögensverfügung zu bewegen.

Rücktritt vom Versuch

Das Gericht stellte ferner fest, dass ein strafbefreiender vom Versuch ausgeschlossen ist, wenn der Versuch fehlgeschlagen ist. Ein Versuch gilt als fehlgeschlagen, wenn der Täter zu der Annahme gelangt, die Tat nicht mehr ohne eine zeitliche Zäsur und ohne des unmittelbaren Handlungsfortgangs vollenden zu können. In den entschiedenen Fällen hatten die Opfer die Telefonate abgebrochen, wodurch die Täter davon ausgingen, dass eine Vollendung der Tat nicht mehr möglich sei. Somit war ein Rücktritt vom Versuch nicht mehr möglich.

Konsequenzen für Betroffene

Strafrechtliche Verfolgung

Diese Entscheidung verdeutlicht, dass bereits vorbereitende Täuschungshandlungen im Rahmen eines Betrugsversuchs strafbar sind. Unternehmen und Einzelpersonen sollten sich der rechtlichen Konsequenzen solcher Handlungen bewusst sein und Maßnahmen ergreifen, um sich vor betrügerischen Aktivitäten zu schützen.

Präventive Maßnahmen

Unternehmen sollten ihre Mitarbeiter im Umgang mit betrügerischen Anrufen schulen und klare Richtlinien für die Verifizierung von Anrufern implementieren. Eine regelmäßige Sensibilisierung für Betrugsmaschen kann helfen, potenzielle Opfer frühzeitig zu erkennen und entsprechende Schutzmaßnahmen zu ergreifen.


Gesamtschau

Die Entscheidung des OLG Bremen stärkt den Schutz vor Betrugsmaschen und stellt klar, dass bereits vorbereitende Täuschungshandlungen strafbar sein können. Für Unternehmen und Einzelpersonen ist es wichtig, sich dieser rechtlichen Rahmenbedingungen bewusst zu sein und präventive Maßnahmen zu ergreifen, um sich vor Betrug zu schützen. Ein frühzeitiges Eingreifen und die Unterstützung durch rechtliche Beratung können helfen, die Auswirkungen eines Betrugsversuchs zu minimieren und die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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