Feststellungen zu den Stoffen, die unter das NpSG fallen

Der (BGH) hat in seinem Beschluss vom 30. April 2024 (6 StR 606/23) das Urteil des Landgerichts Stralsund teilweise aufgehoben. Der Angeklagte war unter anderem wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit neuen psychoaktiven Stoffen (NPS) verurteilt worden. Diese Entscheidung beleuchtet insbesondere die Anwendung des Neue-psychoaktive-Stoffe-Gesetzes () und die Anforderungen an die Feststellungen zu den Stoffen, die unter dieses Gesetz fallen.

Sachverhalt

Das Landgericht Stralsund hatte den Angeklagten wegen einer Vielzahl von Straftaten verurteilt, darunter auch wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit neuen psychoaktiven Stoffen in Tateinheit mit der Abgabe dieser Stoffe an Minderjährige. Im Zeitraum Juni bis Juli 2020 verkaufte der Angeklagte in mindestens 40 Fällen jeweils ein Gramm einer Kräutermischung mit dem Wirkstoff ADB-Butinaca an eine 17-jährige Person.

Rechtliche Analyse der Anwendung des NpSG

  1. Feststellungen zu den Stoffen nach dem NpSG:
    Nach § 1 Abs. 1 und § 2 Nr. 1 NpSG in Verbindung mit der im Tatzeitraum maßgeblichen Anlage „Stoffgruppen“ zum NpSG unterfallen chemische Verbindungen dem Anwendungsbereich des Gesetzes nur, wenn sie einem modularen Aufbau mit einer spezifischen Kernstruktur und definierten Brücken- und Seitenketten entsprechen. Das Landgericht Stralsund hatte jedoch keine ausreichenden Feststellungen getroffen, um zu prüfen, ob der Wirkstoff ADB-Butinaca diesen Anforderungen entspricht.
  2. Rechtliche Wertung des Landgerichts:
    Das Landgericht hatte angenommen, dass ADB-Butinaca als Indol-Derivat der Ziffer 2 der Anlage „Stoffgruppen“ zum NpSG unterfalle und damit dem NpSG unterliegt. Diese Wertung wurde jedoch vom BGH beanstandet, da die erforderlichen Feststellungen zur chemischen Struktur des Wirkstoffs fehlten. Ohne diese Feststellungen konnte nicht geprüft werden, ob ADB-Butinaca tatsächlich unter die Definitionen des NpSG fällt.
  3. Bedeutung der Feststellungen für die Anwendung des NpSG:
    Die genaue chemische Struktur und die Übereinstimmung mit den in der Anlage „Stoffgruppen“ des NpSG beschriebenen Kriterien sind entscheidend, um festzustellen, ob ein Wirkstoff dem NpSG unterliegt. Der BGH hob hervor, dass es unerlässlich ist, detaillierte und präzise Feststellungen zu den chemischen Eigenschaften des Stoffes zu treffen, um eine rechtlich korrekte Anwendung des NpSG zu gewährleisten.

Konsequenzen der Entscheidung

  1. Aufhebung des Schuldspruchs:
    Aufgrund der fehlenden Feststellungen zur chemischen Struktur des Wirkstoffs ADB-Butinaca konnte der Schuldspruch wegen gewerbsmäßigen Handeltreibens mit neuen psychoaktiven Stoffen in Tateinheit mit der Abgabe dieser Stoffe an Minderjährige keinen Bestand haben. Der BGH hob diese Teile des Urteils auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück.
  2. Strafausspruch und Maßregelausspruch:
    Der Strafausspruch und die Anordnung der Maßregeln wurden ebenfalls aufgehoben, da durch den Wegfall mehrerer Strafen die Grundlage für die Gesamtstrafe entfiel. Das neue Tatgericht muss nun eine neue Gesamtstrafe bilden und dabei die aktuellen gesetzlichen Bestimmungen berücksichtigen.

Fazit

Die Entscheidung des BGH im Fall 6 StR 606/23 unterstreicht die Bedeutung präziser und detaillierter Feststellungen zur chemischen Struktur von Stoffen, die unter das NpSG fallen sollen. Gerichte müssen sicherstellen, dass alle gesetzlichen Kriterien erfüllt sind, um eine rechtlich korrekte Anwendung des NpSG zu gewährleisten. Diese Entscheidung bietet wichtige Klarstellungen zur Anwendung des NpSG und hebt die Notwendigkeit sorgfältiger Prüfung und Dokumentation in solchen Fällen hervor.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften. Dabei bin ich fortgebildet in Krisenkommunikation und Compliance.

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