Im vorliegenden Fall entschied der Bundesgerichtshof (BGH) über die Verurteilung des Angeklagten wegen eines besonders schweren räuberischen Diebstahls und eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (Beschluss vom 23. April 2024, 4 StR 87/24). Der Tatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b StGB) war dabei besonders interessant, da der Angeklagte während einer Verfolgungsjagd auf das Fahrzeug des Geschädigten geschossen hatte.
Sachverhalt
Am Morgen des 3. Februar 2018 entriss der Angeklagte der Ehefrau des Geschädigten gewaltsam einen Koffer mit über drei Kilogramm Goldschmuck. Auf der Flucht schoss der Angeklagte auf das ihn verfolgenden Fahrzeug des Geschädigten. Der Schuss traf die Motorhaube und prallte an die Windschutzscheibe des Fahrzeugs ab, wodurch beide Fahrzeugteile beschädigt wurden. Der Angeklagte gab keinen weiteren Schuss ab, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte.
Rechtliche Analyse
Tatbestand des gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr (§ 315b StGB)
Der BGH prüfte, ob der Angeklagte den Tatbestand des § 315b Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht hatte. Diese Norm setzt voraus, dass der Täter einen Eingriff in den Straßenverkehr vornimmt und dadurch Leib oder Leben eines anderen Menschen oder fremde Sachen von bedeutendem Wert gefährdet. In diesem Fall wurde durch den Schuss auf das Fahrzeug des Geschädigten eine konkrete Gefahr für Leib und Leben geschaffen, da das Projektil die Windschutzscheibe beschädigte und somit potenziell den Fahrer hätte verletzen können .
Unterschied zwischen frontalem und seitlichem Schuss
Ein entscheidender Punkt war der Unterschied, ob der Schuss frontal oder seitlich auf das Fahrzeug abgegeben wurde. Der BGH stellte fest, dass bei einem frontalen Schuss, der das Fahrzeug in Bewegung trifft, die Dynamik des Straßenverkehrs eine gefahrerhöhende Wirkung hat. Dies bedeutet, dass durch die Geschwindigkeit und die Bewegungsenergie des Fahrzeugs die Gefährdung potenziert wird. Im Gegensatz dazu hätte ein seitlicher Schuss möglicherweise nicht die gleiche dynamische Wirkung entfaltet und daher nicht dieselbe konkrete Gefahr erzeugt.
Der BGH führte aus, dass bei einem frontalen Treffer die kinetische Energie des Projektils durch die gegenläufige Bewegung der Fahrzeugfront verstärkt wird, was die Wahrscheinlichkeit eines schweren Schadens erhöht.
Fazit
Der Bundesgerichtshof bestätigte die Verurteilung des Angeklagten wegen gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr. Die Unterscheidung zwischen einem frontalen und seitlichen Schuss war dabei entscheidend, da nur ein frontaler Schuss die erforderliche konkrete Gefahr im Sinne des § 315b StGB erzeugte. Diese Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung der spezifischen Umstände eines Eingriffs in den Straßenverkehr und deren Auswirkungen auf die Gefährdungslage.
Für die Betroffenen und zukünftige Fälle bedeutet dies, dass bei der rechtlichen Bewertung eines gefährlichen Eingriffs in den Straßenverkehr die spezifischen Umstände des Eingriffs, wie die Richtung des Schusses und die Dynamik des Verkehrs, genau analysiert werden müssen. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf die Strafbarkeit und die Höhe der Strafe haben.
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