Beschlagnahme von Datenträgern und Daten einer Rechtsanwaltskanzlei

Das hat einen Beschluss zum sensiblen Thema von Datenträgern und Daten in einer Rechtsanwaltskanzlei veröffentlicht, der nochmals aufzeigt, wie riskant die Tätigkeit von Rechtsanwälten – auch für andere Mandanten – sein kann.

Grundsätzlich gilt dabei, dass für die Beschlagnahme von Datenträgern und Daten einer Rechtsanwaltskanzlei mit dem besonders strenge Voraussetzungen heran zu ziehen sind, da durch diesen umfassenden Zugriff das für das jeweilige Mandantenverhältnis vorausgesetzte und rechtliche geschützte Vertrauensverhältnis zwischen Mandaten und den für die tätigen Berufsträgern schwerwiegend beeinträchtigt wird:

Die Vorschriften des §§ 94 ff. StPO ermöglichen den Ermittlungsbehörden den Eingriff in diese Rechte, allerdings steht dieser unter der strengen Begrenzung des Ermittlungszwecks. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit bedeutet dies, dass eine Erforderlichkeit der Beschlagnahme des gesamten Datenbestandes einer Rechtsanwaltskanzlei dann nicht erforderlich ist, wenn die Sicherung beweiserheblicher Daten auf eine andere, die Betroffenen weniger belastende Weise ebenso gut erreicht werden kann (BVerfG NJW 2005, 1917, 1920, 1921). In Betracht kommt hier etwa das Erstellen einer Teilkopie betreffend die verfahrensrelevanten Daten und das Löschen bzw. die Herausgabe verfahrensirrelevanter Daten. Auch die Nutzung von vorgegebenen Datenstrukturen (Nutzungsbeschränkung etc.) und die Zuordnung durch die Eingabe von Suchbegriffen oder Suchprogrammen sind denkbar.

Da eine sorgfältige Sichtung und Trennung der Daten am Durchsuchungsort nicht immer möglich ist, steht als mildere Maßnahme zudem die Durchsicht der Daten gem. § 110 StPO im Raum. Soweit aus den Gründen der besorgten Datenverschleierung eine Beschlagnahme des gesamten Datenbestandes für erforderlich erachtet wird, bedarf es hierfür einer dezidierten, einzelfallbezogene Begründung, der dem Übermaßverbot Rechnung trägt. Der jeweilige Eingriff muss in einem angemessenen Verhältnis zu der Schwere der Straftat und der Stärke des Tatverdachts stehen. Hierbei sind auch die Bedeutung des potenziellen Beweismittels für das Strafverfahren sowie der Grad der verfahrenserheblichen Daten bezogenen Auffindeverdachts zu bewerten.

Amtsgericht Aachen, 620 Gs 766/19 (zitiert nach NRWE.de)
Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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