Hang und Unterbringung: Kernvoraussetzung einer Unterbringung nach §64 StGB ist das Vorliegen eines Hanges, doch wann liegt ein solcher Hang im Sinne des §64 StGB vor?Hier gilt, dass für die Annahme eines Hanges lediglich eine eingewurzelte, auf psychische Disposition zurückgehende oder durch Übung erworbene Neigung ausreichend ist, immer wieder Rauschmittel zu konsumieren. Den Grad einer physischen Abhängigkeit muss diese Neigung mit dem Bundesgerichtshof noch nicht erreicht haben (so ausdrücklich BGH, 5 StR 29/20 und 5 StR 427/18).
Übermäßiger Genuss von Rauschmitteln
Ein übermäßiger Genuss von Rauschmitteln ist mit dem Bundesgerichtshof dann gegeben, wenn der Täter aufgrund seiner psychischen Abhängigkeit sozial gefährdet oder gefährlich erscheint (BGH, 1 StR 415/15 und 2 StR 329/04).
Eine soziale Gefährdung oder soziale Gefährlichkeit kommt dabei nicht nur dann in Betracht, wenn der Täter Rauschmittel in einem solchen Umfang zu sich nimmt, dass seine Gesundheit, Arbeits- und Leistungsfähigkeit dadurch erheblich beeinträchtigt werden, sondern insbesondere auch bei Beschaffungskriminalität (BGH, 1 StR 348/17). Ebenso wenig steht die Tatsache, dass der Täter kurzzeitig in der Lage war, seinen Rauschmittelkonsum zu verringern oder sogar einzustellen, dem Vorliegen eines Hanges entgegen (BGH, 3 StR 386/13 und 1 StR 639/19).
Symptomatischer Zusammenhang zwischen Hang und Tat
Symptomatischer Zusammenhang zwischen Hang und Tat bei §64 StGB: Ein symptomatischer Zusammenhang im Sinne des § 64 StGB liegt vor, wenn der Hang alleine oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat und dies bei unverändertem Verhalten auch für die Zukunft zu erwarten ist.
Die Anordnung einer Unterbringung nach §64 StGB benötigt also einen Zusammenhang zwischen Hang und Tat – der aber muss nur mitursächlich sein, eine auch nur überwiegende Kausalität ist nicht notwendig:
Für die Bejahung eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen Hang und Tat im Sinne des § 64 StGB ist es ausreichend, dass der Hang – gegebenenfalls neben anderen Umständen – mit dazu beigetragen hat, dass der Täter die Tat begangen hat. Ein solcher Zusammenhang ist typischerweise gegeben, wenn die Straftat unmittelbar oder mittelbar über den Erlös aus der Verwertung der Beute auch der Beschaffung von Drogen für den Eigenkonsum dient (vgl. BGH, Beschlüsse vom 3. März 2016 – 4 StR 586/15 Rn. 3, NStZ-RR 2016, 173 mwN und vom 25. November 2015 – 1 StR 379/15 Rn. 8, NStZ-RR 2016, 113).
BGH, 1 StR 132/18
Schon der Umstand, dass der Angeklagte mit einer Handelsmenge zugleich die Eigenbedarfsmenge erworben hat, legt einen solchen Zusammenhang für den BGH also nahe. Dem steht auch nicht entgegen, wenn er mit dem gehandelten Marihuana auch seinen Lebensunterhalt finanziert (so BGH, 1 StR 639/19).
Abschliessend gilt, dass ein symptomatischer Zusammenhang zwischen Hang und Tat vorliegt, wenn der Hang allein oder zusammen mit anderen Umständen dazu beigetragen hat, dass der Täter eine erhebliche rechtswidrige Tat begangen hat – mithin die konkrete Tat in dem Hang ihre Wurzel findet. Die hangbedingte Gefährlichkeit muss sich in der konkreten Tat äußern, wobei es nicht erforderlich ist, dass der Hang die alleinige Ursache für die Anlasstaten ist (zusammenfassend BGH, BGH, 1 StR 639/19).
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