Die Polizei ist von den Vorschriften der Straßenverkehrsordnung befreit, soweit dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist. Hierauf kann sich ein Polizeibeamter auch berufen, wenn er sich nicht im Dienst befindet. Es muss jedoch eine Situation vorliegen, in der er eine „Dienstaufgabe“ wahrnimmt. Deren Dringlichkeit muss unter Berücksichtigung aller Umstände das Sonderrecht im Verhältnis zu möglichen Gefahren im Straßenverkehr rechtfertigen. Die Verletzung der Verkehrsregeln darf nicht zu einer unangemessenen Beeinträchtigung wie beispielsweise der konkreten Gefährdung von Leib oder Leben anderer Verkehrsteilnehmer führen. Dem lag folgender Sachverhalt zu Grunde:
Ein Polizist war während seiner Freizeit auf der Autobahn „geblitzt“ worden, als er die vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit um 73 km/h überschritt. Er begründete die Geschwindigkeitsüberschreitung damit, dass er einen BMW-Fahrer verfolgt habe, der eine auf der linken Fahrspur fahrende Kolonne rechts überholt habe und plötzlich von der rechten auf die linke Fahrspur gewechselt sei. Hier habe er sich vor das erste Fahrzeug der Kolonne gesetzt und dann stark abgebremst, so dass es beinahe zu einem Auffahrunfall gekommen sei. Sodann habe sich der BMW-Fahrer mit rasender Geschwindigkeit entfernt. Mit der Verfolgung habe der Polizist die Identität des BMW-Fahrers ermitteln und den Vorfall zur Anzeige bringen wollen.
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm hob in seiner Entscheidung die erstinstanzliche Verurteilung des Polizisten auf. Es stellte klar, dass die Wahrnehmung von Sonderrechten auch für Polizisten möglich ist, die sich nicht im Dienst befinden. Voraussetzung ist jedoch, dass sie dienstlich tätig werden. Dabei dürfen Verkehrsregeln nur dann überschritten werden, wenn andere Verkehrsteilnehmer nicht gefährdet werden. Ob dies vorliegend der Fall war, muss nun das erstinstanzliche Gericht in einem neuen Verfahren überprüfen (OLG Hamm, Beschluss vom 19.9.2002).
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