Bei der Zentralstelle Cybercrime Bayern habe ich eine Pressemitteilung zur Notveräußerung von Bitcoins gefunden. Die Mitteilung ist hinsichtlich des Vorgehens interessant, daher übernehme ich sie im Folgenden.
Rechtlich ist darauf hinzuweisen, dass eine solche Notveräußerung im Sinne des §111p StPO immer in Betracht kommt, wenn beschlagnahmte Gegenstände einen erheblichen Wertverlust erleiden könnten. Ich kenne dies etwa aus BTM-Verfahren, wo zum Schmuggel genutzte KFZ auf diesem Wege noch vor der Hauptverhandlung veräußert wurden. Im vorliegenden Fall dürfte sich die Notveräußerung als gute Wahl dargestellt haben, wenn man sich vor Augen hält, wie sich der allgemeine Bitcoin-Kurs seit der Veräußerung Anfang 2018 entwickelt hat.
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Was mit dem Geld geschieht steht erst am Ende fest, etwa wenn das Gericht eine Einziehung anordnet. Der Staat kann auch mit Teilen des Betrages hinsichtlich von Kosten die Aufrechnung erklären. Da inzwischen, nach der Reform der Vermögensabschöpfung im Strafrecht, auch die Einziehung von sämtlichen finanziellen Vorteilen der Tat im Raum steht ohne dass eventuelle Kosten bei der Bemessung berücksichtigt werden, stehen hier mitunter erhebliche Vermögensverluste im Raum.
Pressemitteilung: ZCB veräußert Kryptowährungen im Wert von über 12 Millionen EUR
In dem Verfahren gegen die Betreiber der illegalen Booksharing-Plattform „Lesen und Lauschen“ (LuL.to) hat die bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg errichtete Zentralstelle Cybercrime Bayern in Zusammenarbeit mit der Landesjustizkasse Bayern verschiedene Kryptowährungen im Gesamtwert von über 12 Millionen Euro im Wege der Notveräußerung verkauft.
Die bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg bestehende Zentralstelle Cybercrime Bayern führt bereits seit Mitte 2015 umfangreiche Ermittlungen gemeinsam mit dem Landeskriminalamt Sachsen gegen die Betreiber der illegalen Booksharing-Plattform „Lesen und Lauschen“ (LuL.to). Bei LuL.to handelte es sich um ein großes Online-Portal, über das ohne Einwilligung der Urheber bzw. Lizenzberechtigten Bücher (E-Books), Hörbücher (A-Books), sowie Zeitungen und Zeitschriften (E-Paper) als mp3- oder pdf-Datei gegen Zahlung von wenigen EUR-Cent zum Download angeboten wurden. Das Angebot auf der Internetseite www.LuL.to umfasste mehr als 200.000 Titel, darunter alleine ca. 160.000 deutschsprachige E-Books und 28.000 Hörbücher. Mehr als 30.000 Kunden nahmen die illegalen Dienste des Portals in Anspruch.
Bei zwei Hauptbeschuldigten wurden im Laufe der Ermittlungen große Bestände von Kryptowährungen festgestellt, die mutmaßlich im Zusammenhang mit deren kriminellen Aktivitäten stehen. Da alle Kryptowährungen dem Risiko hoher Kursschwankungen bis hin zum Totalverlust ausgesetzt sind, wurde durch die Zentralstelle Cybercrime Bayern eine Notveräußerung angeordnet und mit deren Durchführung die Landesjustizkasse Bayern beauftragt. Die Notveräußerung hat ihre gesetzliche Grundlage in § 111p StPO. Nach dieser Vorschrift ist es möglich, bereits vor einer rechtskräftigen Verurteilung sichergestellte Vermögenswerte zu verkaufen, wenn deren Verderb oder ein erheblicher Wertverlust droht.
In einem personal- und zeitintensiven Verfahren wurden insgesamt 1.312,49 Bitcoin, 1.399,04 Bitcoin Cash, 1.312,49 Bitcoin Gold und 220,81 Ether in mehr als 1.600 Einzeltransaktionen über eine in Deutschland ansässige Handelsplattform verkauft. Der dabei erzielte Verkaufserlös liegt insgesamt bei knapp über 12 Millionen Euro. Der gesamte Verkaufsprozess dauerte vom 20.02.2018 bis zum 25.04.2018.
Inwieweit der Verkaufserlös zur Befriedigung der Ansprüche von Geschädigten heranzuziehen ist, der Staatskasse zu Gute kommt oder an die Beschuldigten auszukehren ist, wird erst nach Abschluss der Hauptverhandlung in einem Urteil festgelegt werden. Die durchgeführte Notveräußerung diente zum jetzigen Zeitpunkt allein dem Werterhalt der sichergestellten Vermögenswerte.
Die umfangreichen Ermittlungen gegen die Betreiber von LuL.to dauern unverändert an. Ein Zeitpunkt für die Anklageerhebung steht noch nicht fest. Aktuell laufen noch aufwändige Auswertungen der Kunden- und Bestelldatenbanken, um den genauen Schaden für die Rechteinhaber zu beziffern.
Seit dem 1. Januar 2015 besteht bei der Generalstaatsanwaltschaft Bamberg die Zentralstelle Cybercrime Bayern. Diese Zentralstelle ist bayernweit zuständig für die Bearbeitung herausgehobener Ermittlungsverfahren im Bereich der Cyberkriminalität. Sie ermittelt in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Spezialisten der bayerischen Polizei oder des Bundeskriminalamts und mit internationalen Partnern z.B. bei Angriffen auf bedeutende Wirtschaftszweige oder bei Verfahren aus dem Bereich der organisierten Cyberkriminalität. Auch dann, wenn bei Verfahren der Allgemeinkriminalität ein hoher Ermittlungsaufwand im Bereich der Computer- und Informationstechnik abzuarbeiten ist, werden die Staatsanwälte der Zentralstelle tätig. Die bearbeiteten Fälle sind vielfältig: Sie reichen von Hackerangriffen über Fälle des Vorkasse-Betrugs im Internet, z. B. durch professionelle sog. Fake-Shops, und Fälle von Ransomware bis hin zum Handel mit Waffen, Drogen und Kinderpornographie im Darknet.
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