Cannabisgesetz (CannG)

Mit dem (CannG) soll die Legalisierung von betrieben werden. Der Gesetzentwurf ist inzwischen beschlossen und ich gehe im folgenden darauf ein.

Dabei zeigt sich aus meiner Sicht, dass das Werk ein Systembruch ist, mit gravierenden Auswirkungen – in dem die von mir vielfach kritisierte mangelnde Beherrschung der deutschen Sprache durch den Gesetzgeber ihr Übriges tut. Praktiker haben viel Arbeit vor sich.

Update: Am 21.02.24 wurde der Bericht des Gesundheitsausschusses veröffentlicht, der zu Änderungen führt, die hier noch aufgenommen werden. Jedenfalls soll nun zum 01.04.24 die Legalisierung in Kraft treten. Dieser Beitrag wird fortlaufend aktualisiert, aktuell dreht es sich im Kern hier noch um die Fassung der Bundesregierung – es fehlen also Details zum endgültigen Entwurf!

Cannabisgesetz: Struktur

Das Cannabisgesetz ist ein so genanntes Artikelgesetz, mit dem unter verschiedenen Artikeln mehrere Gesetzes geschaffen bzw. geändert werden. Kern des Projekts ist das Konsumcannabisgesetz (KCanG), mit dem die Legalisierung vorangetrieben wird.

Cannabisgesetz: Systematischer Kontext

Ich vermute, um das Mammutprojekt Cannabislegalisierung greifbarer zu machen, geht man den Weg, mit dem Cannabisgesetz ein eigenes Gesetz zu schaffen, das tatsächlich den Themenkomplex Cannabis vollständig erfassen soll. In einer logischen Konsequenz wird dann die Position „Cannabis“ aus der Anlage I des vollständig gestrichen (ebenso Cannabisharz und der ergänzende Abschnitt Tetrahydrocannabinole). Es verbleibt bei Cannabis-Bezug also gar kein Anwendungsbereich des BtMG mehr, zentrale Norm ist alleine das Cannabisgesetz.

Um das irgendwie sauber zu lösen, wurden dann Teile des BtMG in den Abschnitt „Strafvorschriften“ faktisch wortgleich übernommen, so wird aus dem bekannten §35 BtMG (Therapie statt Strafe) nun der §48 CannG. Dieses Vorgehen mag sinnvoll und einfach erscheinen, der „Fremdkörper“ CannG macht damit aber nicht unbedingt mehr Freude beim Lesen.

Sprachliche Verirrungen

Ich möchte kurz ein paar Beispiele im Cannabisgesetz aufgreifen, um zu verdeutlichen, welche enormen Risiken hier bestehen. Worauf sich viele freuen ist §8 Abs.1 Cannabisgesetz:

Personen ab 18 Jahren ist in ihrer Wohnung oder im Bereich ihres befriedeten Besitztums die nicht-gewerbliche Erzeugung von insgesamt bis zu drei weiblichen blühenden Pflanzen pro Kalenderjahr zum Zwecke des Eigenkonsums von Cannabis (privater Eigenanbau) erlaubt.

Liest sich einfach, der Strafrechtler, der elementare Grundlagen deutscher Sprache beherrscht, greift sich aber an den Kopf: Was ist, wenn jemand drei weibliche Pflanzen anbaut, während der Aufzucht geht eine Pflanze ein und er ersetzt diese: 3 oder 4 Pflanzen? Und auch wenn man sich an der wunderlichen Formulierung „blühende Pflanze“ aufhängt, wo schon unklar ist, ob die Fähigkeit zu blühen gemeint ist (Beispiel: Wie ist mit frühem Pilzbefall umzugehen, ein Klassiker der Aufzucht von unerfahrenen Pechvögeln) oder der tatsächliche erreichte Zustand des Blühens?

Da in meiner Praxis nicht selten genau hinsehende und gerne denunzierende Nachbarn Anstoß von sind, sind das auch keineswegs theoretische Fragestellungen.

Legalisierung von Cannabis - Rechtsanwalt Ferner

Die Debatte über die Legalisierung von Cannabis ist komplex und unterscheidet sich von Land zu Land. Es gibt jedoch mehrere Argumente, die für die Legalisierung von Cannabis sprechen:

  1. Kriminalitätsbekämpfung: Durch die Legalisierung könnte der Schwarzmarkt für Cannabis reduziert oder eliminiert werden, was wiederum die Kriminalität im Zusammenhang mit dem illegalen Drogenhandel reduzieren könnte.
  2. Staatliche Kontrolle: Bei einem legalisierten Verkauf könnte der Staat die Qualität und Sicherheit des Produkts überwachen und sicherstellen, dass es nicht mit gefährlichen Substanzen gestreckt wird.
  3. Steuereinnahmen: Ein regulierter Markt für Cannabis könnte beträchtliche Steuereinnahmen generieren, die für öffentliche Dienstleistungen oder Bildungsprogramme verwendet werden könnten.
  4. Medizinische Verwendung: Cannabis hat nachgewiesene medizinische Vorteile bei bestimmten Krankheiten, darunter chronische Schmerzen, Multiple Sklerose und Epilepsie. Eine Legalisierung würde den Zugang für Patienten erleichtern.
  5. Ressourceneinsparung:** Die Strafverfolgung von Cannabisdelikten bindet erhebliche Ressourcen bei Polizei und Justiz. Eine Legalisierung könnte diese Ressourcen freisetzen, so dass sie für schwerwiegendere Delikte eingesetzt werden könnten.
  6. Entkriminalisierung der Konsumenten: Viele Menschen werden wegen des Besitzes kleiner Mengen Cannabis kriminalisiert. Eine Legalisierung könnte verhindern, dass ansonsten gesetzestreue Bürger kriminalisiert werden.
  7. Aufklärung und Prävention: Mit den Einnahmen aus der Legalisierung könnten Aufklärungs- und Präventionsprogramme finanziert werden, um den Cannabiskonsum insbesondere bei Jugendlichen zu reduzieren.
  8. Forschung: Mit legalisiertem Cannabis könnte mehr Forschung über seine Wirkung und seinen möglichen medizinischen Nutzen betrieben werden.
  9. Menschenrechte: In einigen Ländern führt die Kriminalisierung von Cannabis zu schweren Menschenrechtsverletzungen, einschließlich langer Haftstrafen und sogar Todesurteilen für schwere Drogendelikte.
  10. Regulierung des Konsums: Die Legalisierung könnte die Einführung von Altersbeschränkungen und anderen Regelungen ermöglichen, um sicherzustellen, dass Cannabis sicher und verantwortungsvoll konsumiert wird.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Legalisierung von Cannabis sowohl Befürworter als auch Gegner hat, wobei die oben genannten Punkte die Argumente der Befürworter darstellen. Jedes Land, das eine Legalisierung erwägt, muss die möglichen Vor- und Nachteile sorgfältig abwägen und dabei kulturelle, soziale und gesundheitliche Aspekte berücksichtigen.


Um mal woanders hinzusehen: Geregelt werden im Cannabisgesetz u.a. auch Nutzhanf und Cannabidiol (CBD). Also mehr oder weniger. Wenn man mal in die zwei Paragrafen zum Nutzhanf hineinsieht, dessen Anbau schlicht anzeigepflichtig sein soll, findet man in §37 Abs.1 S.2 CannG:

Bei Verstößen gegen dieses Gesetz kann der Anbau von Nutzhanf untersagt werden.

Das ist eine lustige Formulierung, wirft sie doch die Frage auf, ob der Anbau von Nutzhanf untersagt werden kann, wenn der Landwirt unerlaubt zu viel Cannabis zum Eigenkonsum in seiner Wohnung hat. Und wo wir dabei sind, bei dieser allgemeinen Formulierung, die auf keinerlei Rolle Bezug nimmt: Wie ist es denn bei Verstößen „gegen dieses Gesetz“ nicht durch Landwirt oder Betriebsinhaber, wohl aber durch (leitende) Mitarbeiter? Und da bin ich noch nicht dabei, dass in §37 Abs.2 steht, dass im Übrigen die Vorschriften des Integrierten Verwaltungs- und Kontrollsystems über den Anbau von Hanf entsprechend gelten und nun unklar ist, ob ausschließlich die (wenigen) Vorschriften des Cannabisgesetzes gemeint sind oder doch auch die Querverweise in §37 Abs.2 CannG.

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Cannabidiol

Ein erhebliches Interesse dürften viele hinsichtlich der Entwicklung bei CBD haben, wobei länger klar ist, dass der Markt auch hier aufgeräumt und legalisiert wird. Dabei kann ich vorweg stellen, dass ich bis heute den Zirkus, den Gesetzgeber und Rechtsprechung hier veranstalten, nicht verstehe: Aus meiner Sicht liegt in einem vernünftigen (und zudem ungefährlichen) CBD-Markt das seit Jahren sicherlich größte verspielte Potenzial zur Entspannung des Cannabis-Marktes. Stattdessen so zu tun, als würde man CBD in den Ofen legen und brauchbare Mengen THC erhalten grenzt für mich weiterhin ans Lächerliche. Vor allem, wenn man die pharmakologischen Gutachten kennt, mit denen ohnehin keine Verstoffwechselung dieser auf dem Papier theoretisch möglichen Volumenmassen im Raum steht.

Der Gesetzgeber möchte im Cannabisgesetz nun den Begriff „CBD-Produkte“ wie folgt definieren:

Produkte, die den synthetisch oder aus Pflanzen gewonnenen Wirkstoff CBD als Extrakt oder Tinktur enthalten und zur Anwendung am Körper, zur oralen Einnahme oder zur Inhalation bestimmt sind, kein Arzneimittel sind und deren Gehalt an THC 0,3 Prozent nicht übersteigt.

§2 Nr.5 Cannabisgesetz

Sodann existiert ein einzelner Paragraf im gesamten CannG zu der Thematik:

Cannabidiolprodukte

(1) Bei gewerblicher Abgabe von CBD-Produkten ist der CBD-Gehalt des Produkts auf der Umverpackung anzugeben. Erfolgt die Abgabe des Produkts nach Satz 1 ohne Umverpackung, ist der CBD-Gehalt in einer beigefügten Produktinformation anzugeben.

(2) Die Vorschriften des Lebensmittel-, Futtermittel- und Kosmetikrechts bleiben von Absatz 1 unberührt.

§38 CannG

Es ist schon unglücklich, dass nicht klargestellt wird, dass der Verkauf in Form gewerblicher Abgabe erlaubt ist. Natürlich ergibt sich das unmittelbar aus der Formulierung, auch wenn diese genau genommen nur eine Kennzeichnungspflicht reguliert. Ein Verstoß hiergegen ist dann auch nur eine OWI.

Grundsätzlich jedenfalls steht damit wohl der freie Verkauf von CBD-Produkten im Raum, wobei die Hinweis- und Kennzeichnungsvorgaben der Gesetze aus dem Lebensmittelrecht inkl. einzuhalten sind. Die sind mitunter höher als vielen Verkäufern heute bewusst ist; für mich schade ist, dass der Gesetzgeber sich der bisher bestehenden Novel-Food-Problematik auch in der Begründung zum Cannabisgesetz gar nicht annimmt und den Markt damit alleine lässt.

Insbesondere da der Verkauf nicht ausdrücklich erlaubt wird, stellt sich für mich durchaus die Frage, inwieweit dies nun laienhaft als „gesetzliche Zulassung“ auswirkt und etwas an der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung ändern wird. Ich weiß nicht, ob die an der Entwurfsfassung beteiligten Personen dieses Problem schlicht nicht kennen oder halt ignoriert haben.

Cannabisgesetz (CannG): Rechtsanwalt Ferner, Fachanwalt für Strafrecht, zu, Cannabisgesetz (CannG)

Das Cannabisgesetz (CannG) kommt bei mir nur bedingt gut an – dabei bin ich liberal aufgestellt, habe aber keine Lust auf Lösungen, die meinen Mandanten und mir am Ende nur noch mehr Ärger bereiten und die Gesellschaft frustrieren.

Cannabis-Social-Clubs (Anbauvereinigungen)

Hier den Rahmen würde es sprengen, auf die rechtlichen Vorgaben der Anbauvereinigungen im Cannabisgesetz (CannG) einzugehen, zumal ich davon überzeugt bin, dass die sich noch ändern werden. Beachten Sie zu den Anbauvereinigungen unseren Beitrag hier.

Eines sei gesagt: Der Gesetzgeber scheint die Vorstellung von gemütlichen Kifferrunden zu haben, die sich als freundschaftliche Vereine zusammenschließen und spaßig für sich Hanf anbauen. Bei der Gesetzesfassung schlägt die typische deutsche Beamtenmentalität durch: Man darf keinen Gewinn machen, nur für die eigenen Leute anbauen, bloß soll keiner was verdienen.

Dann blickt man als Praktiker in die Auflagen im Cannabisgesetz: Sicherheitsmaßnahmen in praktischer und baulicher Art, eine für den Jugendschutz sowie für Sucht- und Präventionsfragen beauftragte Person mit nachgewiesenen Fähigkeiten muss vorhanden sein, zur Überprüfung der Qualität sind bei erzeugtem Cannabis und Vermehrungsmaterial regelmäßig Stichproben durchzuführen und dazu kommen die Dokumentationspflichten und natürlich noch Kontrollpflichten hinsichtlich der eigenen Mitglieder.

Was da konstruiert wird, ist ein Umfeld eines mittelständischen Betriebes, aber organisiert durch einen nicht gewinnorientierten Verein. Sämtliche Sach- und Personalkosten für diese Tätigkeiten sind also anhand von erhobenen Mitgliedsbeiträgen zu decken (so auch die Gesetzesbegründung). Ich glaube, die Motivation ist hoch genug, dass zahlreiche Vereine das noch hinbekommen, aber: Die Kosten gerade für Person und Fortbildung der beauftragten Person (solche Kosten blenden Beamte ja gerne aus) werden Mitgliedsbeiträge und Kaufpreise weit von dem entfernen, was man heute illegal auf der Straße bezahlt.

Ich sehe schon jetzt das erhebliche Risiko, dass man – in guter Tradition in diesem Land – Kriminalität am sozialen Status klarmacht: Wer das notwendige Kleingeld hat, ist im legalen Cannabisgesetz in einer Kiffervereinigung unterwegs und muss sich keine Sorgen machen. Diejenigen, die das Geld nicht haben, bleiben im Illegalen und kaufen weiter auf der Straße, wo es zugleich günstiger ist. Diese Problematik sieht man im Gesetzentwurf wohl gar nicht.

Cannabis 2024 und Anbauvereinigungen („Cannabis-Social-Clubs“)

Rund um Cannabidiol und legale Hanfprodukte ergeben sich zahlreiche Fragen, die in einer Schnittmenge aus BTM-Strafrecht und Wettbewerbsrecht liegen. BtMG-Rechtsanwalt Jens Ferner war früher viele Jahre im UWG, speziell Kosmetikrecht und Lebensmittelrecht tätig.

Heute berät er zum Thema Vertrieb von Produkten für Anbauvereinigungen bzw. Cannabis-Social-Clubs sowie Tätigkeit von Unternehmen bei Fragen rund um den legalen Vertrieb samt Bewerbung von Cannabis, Cannabidiol und legale Hanfprodukte. Unsere Beiträge zum Cannabisgesetz 2024 finden Sie hier.

Strafvorschriften

Man hat sich neue Strafvorschriften gebastelt, mit den klangvollen Titeln:

  • Grundtatbestand (§41 CannG)
  • Besonders schwerer Fall (§42 CannG)
  • Qualifikationstatbestand (§43 CannG)

Vermutlich ist die verkümmerte Social Media Sprache auch beim Gesetzgeber angekommen, jedenfalls – mit beispielhaftem Blick auf die Titel der §29ff. BtMG – ist schon die Frage angebracht, warum man sich hier im Cannabisgesetz nicht sprachlich mehr Mühe gibt.

In der wurden die Strafrahmen zum einen sinnvoll abgesenkt, selbst im „Qualifikationstatbestand“ mit der höchsten Strafandrohung gibt es 1 Jahr Mindestfreiheitsstrafe. Dabei ist es dann doch überraschend, dass auch das bewaffnete Handeltreiben (bisher: 5 Jahre Mindestfreiheitsstrafe) hier eingestuft wird, offenkundig hat man sich in seiner rosa Berliner-Kifferblase so verrannt, dass man gleich so tut, als gäbe es gar keine mehr. Ausführungen in der Gesetzesbegründung dazu findet man dann auch gar nicht mehr.

Andererseits stuft man alles herab, weil man in §41 CannG festhält:

Eine Handlung ist nicht nach Absatz 1 Nummer 1 bis 15 strafbar, wenn sie eine Ordnungswidrigkeit nach § 45 Absatz 1 darstellt.

Das ist die Umkehrung des Grundsatzes aus §21 OWiG und wird die Strafverfolger begeistern. So ganz klar ist mir aber nicht, was in den Köpfen der betroffenen Personen vorging. In der Begründung liest man dazu:

Sofern eine Handlung bereits einen spezielleren Tatbestand einer Ordnungswidrigkeit nach § 45 Absatz 1 darstellt, soll sie erst als eine strafbare Handlung klassifiziert werden, wenn sie in mehr als drei Fällen verwirklicht wurde (§ 41 Absatz 1 Nummer 16).

Diese Art der Anwendung von Strafrecht ist ein weiterer Systembruch, der gerade bei Bagatelldelikten (wie Schwarzfahren) einen gewissen Charme haben könnte. Doch auch hier scheitert man wieder an gutem Deutsch (oder strafrechtlichen Kenntnissen, ich kann es nicht einschätzen): Wenn man von „Fällen“ spricht, sind nun Fälle im konkurrenzrechtlichen Sinn gemeint, dass man zeitlich zusammenhängend drei Taten beging? Also soll derjenige privilegiert sein, der konsequent (nur) alle paar Monate ein Mal erwischt wird? Ich vermute mal nicht, aber klar ist es auch nicht und wird zu berechtigten Diskussionen bei der Anwendung des Cannabisgesetzes führen.

Cannabis im Strassenverkehr

Und was ist mit dem Autofahren? Dafür will man diese Vorschrift im StVG erfinden:

§ 24b Teilnahme am Straßenverkehr unter der Wirkung von Cannabis

Die Zulässigkeit des Führens von Kraftfahrzeugen auf öffentlichen Straßen unter der Wirkung des in der Anlage zu § 24a genannten berauschenden Mittels Cannabis orientiert sich ausschließlich an den Erfordernissen der Straßenverkehrssicherheit.

Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr wird die Auswirkungen der kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu nicht-medizinischen Zwecken auf die geltenden Grenzwerte im Straßenverkehr auf wissenschaftlicher Grundlage evaluieren.

Um es kurz zu machen: Ich verstehe nicht, was da steht. Damit Sie meine Tätigkeit einordnen können: Es ist mein Job, ständig über den bisher hier zu berücksichtigenden §24a StGB zu diskutieren und ich habe mich oft und umfangreich über den Bestand von einer Fahrerlaubnis bei Fahren unter Cannabis-Einfluss gestritten.

Trotzdem verstehe ich es nicht, was man hier von mir will, also wie man das deuten soll in der praktischen Umsetzung. Die Gesetzesbegründung verliert sich dazu auch nicht, erläutert nur die bisherige Handhabung des §24a. Ich vermute, man möchte am Ende einfach feste Grenzwerte definieren und fertig.

Freies Kiffen für alle?

Kurz: Nein. Es wird ausgehend von diesem Gesetzentwurf zum Cannabisgesetz erhebliche Diskussionen geben, weil offensichtlich Feedback von Praktikern nicht eingeholt wurde. Um das zu verdeutlichen, lassen Sie uns in §41 CannG blicken:

Mit bis zu drei Jahren oder wird bestraft, wer

1. unerlaubt mehr als 25 Gramm Cannabis besitzt,

2. unerlaubt mehr als drei weibliche Pflanzen anbaut,

3. unerlaubt im Bereich der Wohnung oder des befriedeten Besitztums eine Jahresernte von mehr als drei Cannabispflanzen besitzt (…)

Sie müssen kein Jurist sein, um sich zu fragen: Wie funktioniert das? Haben die da ernsthaft in der Wohnung ohne Mengenbegrenzung „Jahresernte von mehr als drei Cannabispflanzen“ geschrieben, bei der jeder Staatsanwalt doch sofort aufschreit „das sind doch maximal 15 Gramm“ – was weniger wäre als 25 Gramm aus Ziffer 1.

Denn es ist gar nicht klar, ob gemeint ist, dass im Falle eines tatsächlich vorgenommenen Anbaus eine wirklich geerntete Menge aus drei eigenen Pflanzen gemeint ist – oder das, was man im Durchschnitt beim Anbau von drei Pflanzen erwarten dürfte (auch wenn man gar nicht selber anbaut). Und warum steht oben noch was von blühenden weiblichen Pflanzen und nun nur noch weibliche Pflanzen, abgesehen von der Frage, wie man diese zählt (gemeint ist wohl zeitgleich?).

Im Fazit darf man mit dem Cannabisgesetz auf der Straße immer 25 Gramm bei sich haben, sollte diese aber auf dem Weg nach Hause verrauchen, damit man nicht zu Hause „mehr als eine Jahresernte von mehr als drei Cannabispflanzen besitzt“ (wie viel auch immer das sein soll). Und bitte: Beim Verrauchen auf dem Weg nach Hause eine Funkuhr dabei haben, in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr ist das Rauchen von Cannabis verboten (§6 Abs.3 CannG).

Auch sonst: als Praktiker fragt man sich, wo man lebt, wenn man so ein Gesetz stolz veröffentlicht: Ein erheblicher Anteil unter 18-Jähriger konsumiert in diesem Land. Die lässt man inzwischen vollkommen alleine, indem man den Kinder- und Jugendschutz vorschiebt. Dass ein schlichtes Verbot nicht funktioniert, zeigt die gelebte Wirklichkeit der vergangenen Jahrzehnte.

Eine Lösung wird indessen aber gerade hier nicht präsentiert, wohl aber ist die Abgabe an Minderjährige weiterhin ein Verbrechen. Wer also zu Hause anbaut und in der eigenen Familie nicht ordentlich alles sichert, hat eine Abgabe an Minderjährige auf dem Tisch liegen, mit einem Jahr Mindestfreiheitsstrafe; dabei wissen wir Strafverteidiger, dass es durchaus Eltern gibt, die lieber in kontrolliertem Umfang sauberes Gras für ihre 17-jährigen Kinder besorgen, als diese es auf der Straße unkontrolliert kaufen zu lassen – auch dieser Tatsache widmet man sich nicht.

Stattdessen sollen die jugendlichen Kinder jedoch ihren Eltern beim Hanfanbau zusehen, aber illegal weiter auf der Straße kaufen. Es ist lächerlich, wie hier der Familienverbund ignoriert, sozialer Zündstoff vergrößert wird – und die Suchtproblematik vollkommen ignoriert wird. Und verstehen Sie mich nicht falsch: Ich sehe täglich die Auswirkungen unkontrollierten Cannabis-Konsums und bin sicherlich kein Freund davon, dass man in der Familie gemütlich Gras verteilt. Aber: Genau dort, wo die Schutzbedürftigen sitzen, einfach weiter wie bisher zu machen ist eben auch kein Ansatz.

Fazit

Selbst hier, wo ich es nur kurz zum Cannabisgesetz herunterschreiben wollte, ist es viel mehr geworden als gedacht. Strafrechtlicher werden umdenken müssen, vor uns liegen mit diesem Gesetzentwurf harte Jahre – und ich bin mir sicher, dass diejenigen, die glauben, es kommen glückselige Jahren (man möchte das Gesetz 5 Jahre evaluieren) werden überrascht aufwachen.

Ich meine es ernst, wenn ich den Aspekt sozialer Benachteiligung in den Fokus stelle: Die gut verdienenden Teile der Bevölkerung werden sich in die Legalität bewegen können; alle anderen bleiben im illegalen Bereich. So kann das „Kiffer-Gesetz“ am Ende das Gegenteil von dem bewirken, was es sollte: mehr Kriminalisierung, Verschärfung der durch seit Jahrzehnten nicht existenten Drogenpolitik hausgemachten Probleme und Schaffung von sozialem Sprengstoff. Insbesondere wenn man bedenkt, dass der Gesetzgeber in seiner Begründung allen Ernstes meint, die Suchtprävention sei über die gesetzlichen Krankenversicherungen zu finanzieren – während nach meinem Eindruck die meisten Gutverdiener hier profitieren und privat versichert sein werden.

Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)
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Von Rechtsanwalt Jens Ferner (Fachanwalt für IT- & Strafrecht)

Ich bin Fachanwalt für Strafrecht + Fachanwalt für IT-Recht und widme mich beruflich ganz der Tätigkeit als Strafverteidiger und dem IT-Recht. Vor meinem Leben als Anwalt war ich Softwareentwickler. Ich bin Autor sowohl in einem renommierten StPO-Kommentar als auch in Fachzeitschriften.

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