Besser kein Handy zwischen Ohr und Schulter

Die Nutzung eines zwischen Ohr und Schulter eingeklemmten Mobiltelefons während der Fahrt kann ein Bußgeld nach sich ziehen. Dies hat jetzt das (III-1 RBs 347/20) entschieden.

Auf einem im Rahmen einer Geschwindigkeitsmessung aufgenommenen Messfoto war zu erkennen, dass die Fahrzeugführerin ein Mobiltelefon zwischen der Schulter und dem Kopf eingeklemmt hatte. Sie hatte im gerichtlichen Verfahren auch eingeräumt, dass sie dieses zum Telefonieren genutzt habe. Sie habe aber das Telefon bereits vor Fahrtantritt in der abgebildeten Haltung gehabt und war der Auffassung, dass es sich hierbei nicht um ein „Halten“ im Sinne der Verordnung handele, da dieses ein Halten in der Hand voraussetzte. Gleichwohl war sie vom Amtsgericht (AG) zu einem Bußgeld verurteilt worden, wogegen sie sich mit der Rechtsbeschwerde zur Wehr setzen wollte.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das OLG ausgeführt: Sprachlich setze das „Halten“ eines Gegenstands nicht notwendig die Benutzung der Hände voraus:

Ein „Halten“ von Gegenständen ist dem Wortsinn nach ohne weiteres auch ohne Benutzung der Hände möglich. So wird man etwa – über die hier in Rede stehende Sachgestaltung hinaus – von „Halten“ sprechen, wenn ein Gegenstand zwischen Oberarm und Torso oder aber zwischen den Oberschenkeln fixiert wird (in diese Richtung auch AG Coesfeld DAR 2018, 640; König DAR 2020, 362 [372]).

Auch der Zweck der Vorschrift steht einer entsprechenden Annahme jedenfalls nicht entgegen. Mag sie auch in erster Linie der Verhinderung solcher Verhaltensweisen dienen, die dazu führen, dass der Fahrzeugführer nicht mehr beide Hände zum Lenken des Fahrzeugs zur Verfügung hat und/oder seinen Blick vom Verkehrsgeschehen abwenden muss (OLG Karlsruhe DAR 2020, 520; OLG Hamm DAR 2019, 632; Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Heß, Straßenverkehrsrecht, 26. Auflage 2020, § 23 StVO Rz. 22a; zur Vorgängerfassung unter Bezugnahme auf die seinerzeitige Verordnungsbegründung Hermann, NStZ-RR 2011, 65 [67]), besteht dieser doch allgemeiner darin, solche nicht mit dem Führen des Fahrzeugs in Zusammenhang stehende Tätigkeiten zu verhindern, die sich abträglich auf die Notwendigkeit der Konzentration auf das Verkehrsgeschehen auswirken (OLG Hamm B. v. 03.11.2020 – 4 RBs 345/20 – bei Juris; Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 45. Auflage 2019, § 23 StVO Rz. 14, 30). Der Verordnungsgeber hat zwar der Benutzung von elektronischen Geräten mit den Händen eine erhöhte Ablenkungswirkung beigemessen; er hat aber ersichtlich auch in den Blick genommen, dass fahrfremde Tätigkeiten unabhängig hiervon eine die Verkehrssicherheit gefährdende Ablenkungswirkung entfalten (BR-Drs. 556/17 S. 12). (Lediglich) aus Gründen der Verhältnismäßigkeit und wegen der damit einhergehenden Nachweisschwierigkeiten hat er davon abgesehen, die Benutzung elektronischer Geräte insgesamt zu verbieten (a.a.O. S. 17), diese Alternative allerdings durchaus erwogen. Dieser Gesichtspunkt spricht dafür, fahrfremde Tätigkeiten als verboten anzusehen, soweit der Wortlaut der Vorschrift als äußerste Auslegungsgrenze dies – wie hier – erlaubt.

Dass es sich bei der Benutzung eines Mobiltelefons auch in der hier geschehenen Weise um eine fahrfremde Tätigkeit handelt, kann dabei keinem Zweifel unterliegen. Sie birgt auch – worauf bereits das Amtsgericht in der Sache zutreffend hingewiesen hat – ein nicht unerhebliches Gefährdungspotenzial. Dabei geht es nicht einmal in erster Linie um eine Erschwernis bei mit einer Veränderung der Körperhaltung einhergehenden Tätigkeiten wie etwa dem Schulterblick oder auch dem Blick in Spiegel. Neben dem Telefongespräch als solchem beansprucht vielmehr insbesondere auch das höchst unsichere und daher letztlich unverantwortliche Halten des Mobiltelefons zwischen Ohr und Schulter selbst die Aufmerksamkeit des Fahrers über Gebühr. Es besteht das Risiko, dass das Mobiltelefon sich aus seiner „Halterung“ löst und den Fahrer dann zu unwillkürlichen Reaktionen verleitet um zu verhindern, dass es – etwa – im Fußraum des Fahrzeugs unauffindbar wird. Schon um diesem Risiko entgegenzuwirken, wird der Fahrer einen ansonsten dem Verkehrsgeschehen zuzuwendenden Teil seiner Aufmerksamkeit seinem Mobiltelefon schenken. Dieser Umstand unterscheidet die hier in Rede stehende Nutzung des Mobiltelefons von derjenigen mittels einer Freisprecheinrichtung, bei welcher sich der Fahrer um die Stabilität der Halterung regelmäßig keine Gedanken machen muss. Dieser Unterschied trägt denn auch die Bewertung der hier in Rede stehenden Benutzung als verboten gegenüber der erlaubten Nutzung mittels einer Freisprecheinrichtung.

Bei alledem verkennt der Senat nicht, dass der Verordnungsgeber ausweislich der Verordnungsbegründung davon ausgegangen ist, dass unter „Halten“ ein „in der Hand halten“ zu verstehen ist (BR-Drs. 556/17 S. 1, 16, 25, 26). Das vermag den Rechtsanwender jedoch nur insoweit zu binden, als diese Auffassung im Wortlaut der Norm ihren Ausdruck gefunden hat. Das ist aber – wie dargelegt – nicht der Fall (so auch König, DAR 2020, 362 [372] und DAR 2019, 362 [371]). Vielmehr erfasst der Normwortlaut die hier in Rede stehende Konstellation zwanglos und ihre Bußgeldbewehrung ist auch vom Sinn und Zweck der Vorschrift gedeckt. Soweit der Senat in seiner Entscheidung vom 14. Februar 2019 (DAR 2019, 398) unter Bezugnahme auf die Verordnungsbegründung eine abweichende Auslegung vertreten hat, hält er hieran nicht mehr fest.

Das Bußgeld stehe auch mit dem Zweck der Verordnung in Einklang: In dem Einklemmen des Mobiltelefons liege ein erhebliches Gefährdungspotenzial, weil das Risiko bestehe, dass das Mobiltelefon sich aus seiner „Halterung“ lösen könne und den Fahrer dann zu unwillkürlichen Reaktionen verleite, um zu verhindern, dass es – etwa – im Fußraum des Fahrzeugs unauffindbar wird. Bereits um diesem Risiko entgegenzuwirken, werde der Fahrer einen ansonsten dem Verkehrsgeschehen zuzuwendenden Teil seiner Aufmerksamkeit seinem Mobiltelefon schenken. Dieser Umstand unterscheide eine solche Nutzung eines Mobiltelefons auch von der mittels einer Freisprecheinrichtung, bei der sich der Fahrer um die Stabilität der Halterung regelmäßig keine Gedanken machen müsse. (Quelle: Pressemitteilung des Gerichts)

Anmerkung: Soweit diskutiert wird, ob das Einklemmen eines Smartphones zwischen Kopftuch und Kopf möglicherweise zulässig sein könnte, dürfte dies mit Blick auf diese Entscheidung des OLG Köln eher zu verneinen sein!

Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)
Benutzerbild von Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)

Von Rechtsanwalt Dieter Ferner (Fachanwalt für Strafrecht)

Rechtsanwalt Dieter Ferner ist Fachanwalt für Strafrecht und Anwalt in der Anwaltskanzlei Ferner Alsdorf. Spezialgebiete von RA DF: Verkehrsstrafrecht, Kapitalstrafsachen, Drogendelikte, Sexualstrafrecht und Arbeitsstrafrecht.

Unsere Kanzlei ist spezialisiert auf starke Strafverteidigung, seriöses Wirtschaftsstrafrecht, Arbeitsrecht und IT-Recht / Technologierecht.